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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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keine andre als eine Königin! Heil mir! Nun schau’ ich wieder nach langem Leid meines Herzens Wonne." Er umschloss sie mit Armen und küsste sie – wer weiss wie oft – und küsste auch die heimatlose Hildburg. "Wahrlich," sprach er dann, "besser konnt’ uns die Fahrt nicht gelingen. Nun lass uns eilen, Ortwein, dass wir die Jungfrauen fortführen."
    "Das sei mir fern," antwortete Ortwein, nachdem er Kudrun umarmt hatte, "und hätt’ ich hundert Schwestern; ich liesse sie hier sterben, ehe ich also im fremden Land mein Tun hehlte. Die mir mit Sturm Genommenen will ich meinen Feinden nicht wegstehlen."
    "Ich sorge nur, wird man unser inne, so führt man die Frauen so weit davon, dass keine wieder vor unsre Augen kommt."
    Aber Ortwein entgegnete: "Sollten wir der Frauen edles Ingesind hier in der Knechtschaft zurücklassen? Dass Kudrun Ortweins Schwester ist, das soll allen ihren Dienerinnen zu gute kommen."
    Da sprangen die Degen in ihr Boot zurück. Kudrun rief Herwig nach: "Die ich einst die erste war, nun bin die Allerärmste; was lässt du mir zum Trost?"
    "Nicht elend bist du, die erste sollst du, vieledle Königin, sein. Schweige von uns; eh morgen die Sonne scheint, bei meiner Treu’, steh’ ich vor dieser Burg mit sechzigtausend Recken."
    Rasch stiessen sie ab und ruderten über die Wellenbahn. Härteres Scheiden geschah selten; so weit sie konnten, schauten ihnen die Frauen nach.
7. Kudruns List.
    "Kudrun," sprach Hildburg, "müssig ruhen deine Hände; des unsauberen Gewandes ist noch viel; gewahrt das Gerlind, straft sie uns mit Schlägen."
    "Nimmer wasch’ ich Gerlinds Kleider! Zu solchem Dienst ist mir die Lust vergangen, seit mich zwei Könige geküsst haben. All die Gewande werf’ ich ins Meer, lustig mögen sie auf den Wellen fliessen; einer Königin kann ich mich wieder vergleichen."
    Was auch Hildburg mahnte, alle Kleider Gerlinds trug Kudrun zum Meer und schwang sie, erzürnend, mit den Händen weit hinaus; – sie schwammen eine Weile, und niemand mag sie wiedergefunden haben. Da war auch der Abend gekommen. Mit sorgenvollem Herzen ging Hildburg heim, gebeugt unter der Last der Kleider und Schleier, die sie gewaschen hatte; mit leeren Händen schritt Kudrun neben ihr. Die üble Gerlind wartete ihrer schon: "Wo hast du meine Schleier?" fragte sie das Hegelingenkind, "dass du deine Hände leer und müssig hältst?"
    "Unten am Meer hab’ ich sie gelassen. Sie waren mir zu schwer. Ich frage nicht danach, ob Ihr sie je wiederseht."
    "Das kommt dir schlimm zu stehen, noch bevor ich schlafen geh’!" Sie befahl, aus Dornen Ruten zu binden; ungefüge Zucht gedachte sie der Stolzen zu. Aber die sprach voller List: "Wisset, Frau Gerlind, wenn Ihr mich mit diesen Ruten schlagt, so wird es vergolten werden, wenn mich je ein Auge an Königs Seite erschaut. Darum lass Ihr’s doch wohl lieber bleiben; denn ich will nun Hartmut minnen, und hier soll bald mein Königsstuhl stehn."
    "Dann lass’ ich meinen Zorn! Und hättest du mir tausend Schleier verloren, ich wollte sie gern verschmerzen."
    Eilig liefen von den Umstehenden einige zu Hartmut, wo der mit Ludwigs Mannen sass: "Gebt mir Botenlohn," sprach der erste, "Hildes schöne Tochter entbietet Euch ihren Dienst; Ihr sollt, wenn’s Euch beliebt, in ihre Kemenate gehen."
    "Du lügst," sprach Hartmut, – "wäre dein Wort wahr, drei Burgen, reiches Land und sechzig Goldringe wollt’ ich dir geben."
    Da rief ein zweiter: "Gib mir die Hälfte, Herr, ich hört’ es auch; die Jungfrau sagte, dass sie Euch minnen und Königin Eurer Lande sein wolle."
    Aufsprang vom Sessel Hartmut; ihm war, der Wunschgott habe ihn beraten. Mit seinen Gefolgen ging er zu Kudrun. Schön und bleich stand sie im schneedurchnässten Hemd; mit tränenfeuchten Augen begrüsste sie ihn. Er wollte sie mit den Armen umfassen.
    "Nein, Hartmut, das kann noch nicht geschehen," sprach sie. "Die Leute würden’s dir verdenken; ich steh’ hier, eine arme Wäscherin, du ein reicher König; nimmer darfst du mich da umfassen. Steh’ ich vor dir in königlichen Kleidern, die Krone auf dem Haupt, dann ist’s uns beiden geziemend."
    Sittevoll trat er zurück von ihr.
    "Edle Jungfrau, beliebt es dir, mich zu minnen, so will ich dich auch herrlich halten; über mich und meine Freunde magst du nun gebieten."
    "So ist mein erst Gebot, nach meiner harten Schmach, dass man mir ein Bad bereite, bevor ich heute schlafen gehe. Zum zweiten befehl’ ich; suche all meine armen Frauen unter Gerlinds

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