Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
wird." "Den Frieden will ich einsetzen in meines Vaters Land und meinem eignen, dass nicht jeder Landstreicher es wagt, mir hier Zweikampf zu bieten," antwortete Dietrich. Aber Hildebrand warnte ihn: "Herr, du weisst nicht genau, mit wem du redest," und einem Manne Dietrichs, der Wittig schmähte, schlug er so stark mit der Faust gegen die Ohren, dass er in Ohnmacht fiel. "Ich sehe," sprach Dietrich wieder zu Hildebrand, "du bemühst dich mit grossem Eifer für deinen Fahrtgenossen; – des wird er wenig geniessen; noch heute soll er vor Bern aufgehängt werden." "Kommt er durch Kampf in deine Gewalt, Herr, muss er sich deinem Urteil fügen, so hart es sei; – noch ist er ungebunden und mir ahnt, dass er es bleiben wird."
Dietrich rief nun nach seinen Waffen; rasch wurden ihm die gebracht. Er rüstete sich und sprang auf den Hengst Falka, der war ein Bruder Schimmings und Rispas. Mit grossem Geleite ritt er vor Bern hinaus. Dort fand er Wittig, bei ihm Hildebrand und wenige Männer. Wittig sass in all seinen Waffen auf seinem Hengst zum Kampfe bereit. Heime trat zu Dietrich mit einer Schale voll Weins: "Trink, Herr! Dein sei der Sieg heute und immer!" Dietrich nahm die Schale und trank aus. Da reichte Hildebrand auch Wittig eine Schale. "Bringe sie zuvor Dietrich," sprach Wittig, "und bitte ihn, mir zuzutrinken." Dietrich aber war so zornig, dass er die Schale nicht nehmen wollte. "Du weisst nicht, auf wen du zornig bist," warnte wieder Hildebrand, "du wirst einen Helden vor dir finden." Er kehrte zurück zu Wittig und reichte ihm den Wein: "Trink und wehre dich tapfer, und möge es dir wohl ergeh’n!" Wittig nahm die Schale, trank sie aus und reichte sie zurück. Dann streifte er seinen Goldring vom Finger und gab ihn Hildebrand: "Habe Dank für deinen Beistand." Und nun rief er Dietrich an, ob er bereit sei zum Kampf?
Sie stiessen ihre Hengst mit den Sporen, legten die Speere ein und ritten so schnell aufeinander los, wie ein hungriger Habicht auf seine Beute fliegt. Dietrichs Speer glitt von Wittichs Schild ab, aber der Wittichs barst in drei Stücke an Dietrichs Schild; unverwundet schossen sie aneinander vorüber. "Wende dein Ross," rief Wittig, "und reite kräftig auf mich los; du sollst deinen Speer nicht weniger verlieren als ich den meinigen, oder fälle mich vom Ross zur Erde." Dietrich wandte den Hengst und ritt scharf gegen Wittig, sein Speer stiess auf dessen Brust, und er gedachte ihn zu töten. Doch Wittig hieb mit dem Schwert den Speerschaft entzwei und zugleich von seinem eignen Schild den Rand ab. Unversehrt sprengten sie wieder aneinander vorüber. Nun sprangen sie von den Rossen und gingen mit den Schwertern aufeinander los. Mit wuchtigem Hieb traf Wittig Dietrichs Helm; – Hildegrim barst nicht, Wittigs Schwert aber zersprang in zwei Stücke. Unmutvoll sprach er: "Vater Wieland, des Himmels Zorn über dich, da du ein so schlechtes Schwert schmiedetest; das bringt nun Schande, dir wie mir." Dietrich packte Nagelring mit beiden Händen, Wittig das Haupt abzuschlagen. Da trat Hildebrand dazwischen und sprach zu seinem Herrn: "Gib diesem Mann Frieden! Und nimm ihn zu deinem Genossen an, einen kühneren findest du nicht; er allein nahm den zwölf Räubern die Burg ab, die du mit deinem Heere nicht bezwungen hast. Ehrenvoll ist dir sein Dienst."
"Es bleibt, wie ich gesagt," antwortete Dietrich, "noch heute soll er vor Bern aufgehängt werden." "Tue das nicht, Herr, er ist von königlichem Geschlecht, nimm ihn ehrenvoll auf unter deine Mannen." Grimmig entgegnete Dietrich: "Dein Dienst frommt weder dir noch ihm; gehe hinweg von da, wo du stehst, oder ich haue erst dich in zwei Stücke und dann ihn." Da sprach Hildebrand: "Ich sehe es wohl, du verstehst es nicht, meinen Beistand anzunehmen; so habe denn, wonach du begehrst; ich aber halte die Treue, die ich dir, Wittig, geeidet; nimm hier zurück Mimung, dein eigen Schwert. Wehre dich tapfer und helfe dir ein Gott, denn ich kann dir nicht mehr helfen." Freudig griff der Waffenlose nach dem Schwerte, küsste es und rief: "Vergib, Vater Wieland, was ich wider dich sprach." Und nun stritten sie zum andern Mal, und Wittig tat einen Hieb nach dem andern und schlug mit jedem Streich ein Stück von des Gegners Rüstung ab. Dietrich wehrte sich tapfer, vermochte aber mit nicht einem Hieb Wittig zu verletzen und konnte nichts tun, als sich schützen, und blutete schon aus fünf Wunden. Da rief er seinen Waffenmeister: "Komm hierher, Hildebrand, und scheide
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