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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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Burg," fragte er, "das du begehrst?"
    "Dort hängt ein dunkler Schild, gross und stark; der hält, denk’ ich, einen guten Hieb aus; den will ich mitnehmen in Etzels Land."
    "Das ist Herzog Nudungs Schild; er trug ihn, bis Wittig ihn erschlug."
    Gotelinde hörte das und weinte, weil sie ihres Bruders Nudung gedenken musste. Sie ging hin, hob den Schild von der Wand und brachte ihn Hagen. Lichte Steine zierten den Schildrand.
    Volker nahm seine Fiedel zur Hand und sang der Markgräfin ein süsses Lied zum Abschied. Zwölf Goldspangen reichte sie ihm zum Dank. Und Rüdiger ritt selber mit ihnen zu sicherem Geleit. Er küsste Gotelind beim Scheiden, so tat auch Giselher Dietlind. Sie ritten die Donau zu Tal, ins heunische Land.
4. Empfang in Etzels Burg [Fußnote: Nach der Wilkinensage.] .
    Ein Bote brachte Etzel die Nachricht, die Burgunden kämen gezogen. Vor den Toren der Stadt ritt ihnen Dietrich von Bern mit seinen Amalungen entgegen und führte sie in die Königsberg. Krimhild stand auf einem Turm und sah sie einreiten: "In Helm und Brünne, mit lichten Schilden kommen meine Brüder, – und mich grämen Siegfrieds Wunden," sprach sie leise und grüsste die Einziehenden. Die ganze Burg war von Nibelungen und Heunen angefüllt. Etzel empfing seine Schwäher freundlich und geleitete sie in den ihnen bereiteten Saal, wo lodernde Feuer brannten. Die Nibelungen zogen die Brünnen nicht aus und legten die Waffen nicht ab.
    Da kam Krimhild in den Saal geschritten; als Hagen sie sah, band er den Helm fester, und ebenso tat Volker.
    "Sei dem willkommen, Hagen, der dich gern sieht," sprach sie. "Bringst du mir zur Gabe Siegfrieds Hort?"
    "Einen starken Feind bring’ ich dir und meine Brünne lege ich nicht ab."
    "Komm hierher, Schwester," rief Gunther, "und setze dich zu uns."
    Sie ging zu Giselher, küsste ihn und setzte sich weinend zwischen ihn und Gunther.
    "Was weinst du, Schwester?" fragte Giselher.
    "Ich weine um Siegfrieds Wunde, nun und immerdar."
    "Lassen wir Siegfried und seine Wunde nun ruhn," sprach Hagen. "König Etzel ist uns ebenso lieb, wie dir ehedem Siegfried war."
    Da stand Krimhild auf und ging hinaus. König Dietrich aber trat ein und rief die Nibelungen; sie sollten ihm zum Mahl in Etzels Saal folgen. Hagen und Dietrich schlangen die Arme einer um des andern Schulter und schritten so voran. In jeder Halle und jedem Hof und auf den Burgmauern standen Frauen und Männer, und alle wollten Hagen schaun.
    "Wer ist jener Recke, den Dietrich so freundlich umschlungen hält?" fragte Etzel, als er sie kommen sah. Ein Gefolgsmann Krimhildens antwortete: "Von Tronje Hagen; wie freundlich er auch tut, er ist ein grimmer Mann." "Ja Hagen, von ihm ist mir genug bekannt! Einst war er mir vergeiselt; von Helche und mir empfing er das Schwert; er leistete mir manchen Dienst in seiner Jugend."
    Etzel thronte auf dem Hochsitz, ihm zur Rechten sass Gunther, dann folgten Giselher und Gernot, Hagen und Volker; an des Könige linker Seite waren die Sitze bereitet für Dietrich von Bern, Rüdiger und Hildebrand; und sie sassen in fröhlicher Laune bei Wein und Speisen. Friedlich verschliefen sie die Nacht; Hagen und Volker hielten Wacht an der Saaltür. Des Spielmanns Fiedel schallte durch die Stille.
    Am Morgen aber kamen Dietrich und Hildebrand zu den Nibelungen: "Freund Hagen," sprach der Berner, "hüte dich hier im Heunenland; denn Krimhild beweint jeden Tag Jung-Siegfried."
    In des Berners und seines Waffenmeisters Geleite schritt Gunther durch Burg und Stadt. Hagen und Volker folgten ihnen mit verschränkten Armen, in tiefen Helmen; wo artige Frauen standen, nahmen sie die Eisenhüte ab und liessen sich sehen. Schmal um die Mitte, breit in den Schultern war Hagen, sein Antlitz lang und aschfahl, von dunklen Locken umrahmt, aber sein Auge scharfblickend. Alles Volk wollte ihn sehen, der den starken Siegfried von Niederland, Krimhildens Gemahl, erschlagen hatte, und von dem die Sage ging, er sei ein Elbensohn.
5. Das Gastmahl im Palast [Fußnote: Von hier ab bis zum Schluss wesentlich nach der mittelhochdeutschen Fassung.] .
    "Tragt statt der Rosen Waffen in der Hand und statt der Hüte und seidnen Hemden Brünnen und Helme, statt der Mäntel breite Schilde, dass ihr wehrhaft seid, wenn jemand mit euch zürnt. Trennet euch nicht, und schnöden Gruss beantwortet mit Todeswunden; so geziemt’s uns," befahl Hagen den Burgunden.
    Inzwischen war Krimhild zu Dietrich in dessen Halle geeilt und sprach: "Fürst von Bern, ich

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