Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
aufgeschlagen, darin sass Etzel mit Krimhild; ihre weisse Hand lag in seiner Rechten. Auf dem Felde turnierten und tjostierten die Helden; Schäfte flogen splitternd, Schilde barsten, und die raschen Rosse stampften im Wettlauf über die Heide, bis der Abend dem Kampfspiel ein Ende machte. Am andern Morgen ritten sie nach Wiene (Wien) und dort war Hochzeit, die währte siebzehn Tage. Da ward nichts gespart, und niemand litt eines Dinges Not; was aber jemand auch vertat in Gaben, das war nichts gegen des Berners Spenden. Zwei Spielleute Etzels, Werbel und Swemmelin, gewannen jeder wohl an tausend Mark.
Am achtzehnten Tage brach Etzel auf nach seiner Königsburg. Sieben Königstöchter fand Krimhild dort unter Helches Frauen, die nun ihr dienten. Herrat, des Berners Gemahl, lehrte sie des Landes Brauch.
Silber, Gold und Gestein, soviel sie mit über den Rhein gebracht hatte, verschenkte Krimhild an die Heunen. Etzels Gesippen und Lehnsmänner wurden ihr untertänig, und nie hatte Helche so gewaltig geboten, wie nun Krimhild bei den Heunen tat. Bis ans siebente Jahr lebten sie miteinander und hatten einen Sohn, der hiess Ortlieb. Alle sagten, keine Frau habe je besser und milder als Königin geherrscht. Das Lob trug sie bis ins dreizehnte Jahr. Zwölf Könige sah sie stets vor sich, und niemand trat ihrem Sinn entgegen.
Da gedachte sie des Leides, das ihr zu Worms geschehen war, und ob es Hagen je vergolten würde? "Das geschähe, könnt’ ich ihn in dies Land bringen." Und von Giselher träumte sie oft, wie sie ihn freundlich küsste; und erwacht musste sie dann gedenken, wie sie in Freundschaft von Gunther Abschied genommen und ihn zur Versöhnung geküsst hatte; – dann ward sie traurig, und Rache für Siegfrieds Ermordung begann sie zu begehren. Sie sprach zu Etzel: "Zeige mir, dass du meinen Gesippen hold bist; sende Boten über den Rhein; ich will sie hierher zu Gast laden."
"Es geschehe, wie du wünschest, ich sehe deine Freunde ebenso gern wie du. Ich sende ihnen meine Fiedelleute." Und zu den Herbeigerufenen sprach er: "Sagt Krimhilds Gesippen, dass wir sie zur Sonnenwend bei meinem Feste sehen wollen."
Heimlich redete Krimhild noch mit den Boten: "Ich mach’ euch reich, wenn ihr recht meinen Willen tut; sagt niemand, dass ich hier je trüben Mutes war; sprecht, die Heunen wähnten, ich hätte keine Freunde am Rhein, darum sollen sie der Ladung folgen. Sagt Gernot, dass ich ihm hold sei, er möge unsre besten Freunde herführen; und mahnet Giselher, zu gedenken, dass mir durch ihn nie ein Leid geschah, darum sehnt’ ich mich nach ihm. Und von Tronje Hagen, der mag den Weg weisen; er ist ihm ja seit seinen Kindertagen bekannt."
Mit würdigem Geleite zogen die Spielleute fort; in Bechelaren kehrten sie ein und nahmen Rüdigers und der Seinen Grüsse mit nach Worms. In zwölf Tagen langten sie dort an. "Etzels Fiedelleute kommen," rief Hagen, ging ihnen entgegen und fragte, wie’s im Heunenreich stehe. "Das Reich stand nie so stolz, nie waren die Heunen froher," antwortete Werbel und überbrachte König Gunther das Gastgebot. In sieben Tagen sollten sie Antwort erhalten. Die Boten begrüssten noch Frau Ute und gingen in ihre Herbergen. Gunther aber befragte seine Freunde; alle rieten zu, nur Hagen riet dawider. "Du sagst dir selber Feindschaft an," sprach er heimlich zu Gunther: "Gedenke, was wir taten!"
"Sie liess von ihrem Zorn; mit Küssen schied sie von mir, sie vergab; – etwa dir allein, Hagen, mag sie grollen.
"Folgst du der Ladung, so musst du Leben und Ehre wagen, Krimhild trägt Rache im Herzen."
"Weil du, Hagen, den Tod im Heunenreiche fürchten musst," sprach Gernot nun, "sollen wir abstehen, unsre Schwester zu besuchen?"
Und Giselher sprach: "Fühlst du dich schuldig, Hagen, so bleibe hier und behüte dich; aber lass die, welche sich getrauen, mit uns ziehn."
"Ihr könntet keinen mit euch führen," zürnte der Tronjer, "der sich’s eher getraute als ich."
"Wollt ihr Hagen nicht folgen," begann Rumolt, der Küchenmeister, "so hört auf mich, der euch stets treu diente, und lasst Etzel und Krimhild unbesucht, wo sie sind. Euer Land ist reich; geniesset des und bleibet hier."
"Ich riet euch aus Treue," schloss Hagen; "wollt ihr doch fahren; so fahrt mit Wehr! Sendet nach euren Recken. Tausend der Besten wähl’ ich selber aus, dann mag uns Krimhild nicht gefährden."
"So sei’s," sprach Gunther und so geschah’s. Dreitausend Mannen kamen. Dankwart, Hagens Bruder, kam mit achtzig
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