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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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schlägt –; wer kennt hier nicht die Rolle wieder, welche die schlichte deutsche Kraft, der "deutsche Michel", – man verzeihe die Erinnerung an eine für immer vergangene Zeit! – durch fünf lange Jahrhunderte oft genug gespielt hat? Denn auch der Zug schlichter Gutmütigkeit, die sich hochherzig der ungeheuren Kraft nur spät und zögernd [Fußnote: Dieser Zug Thors ist übergegangen in Dietrich von Bern, dem aber dann doch im Zorn Feueratem aus dem Munde weht, der selbst Herrn Siegfrieds hörnerne Haut schmilzt.] zur Abwehr bedient, die kleine Verstösse, zumal Schwächeren, gern nachsieht und wohlwollend, kindlich, freundlich den Geringeren hilft, fehlt nicht im gutmütigen Gott des gutmütigsten aller Völker. Auf einer seiner Fahrten spricht er in der Hütte armer Bauersleute ein, welche ihm, da sie selbst gar nichts haben, keine Speisung bieten können; da lässt er seine eignen beiden Ziegenböcke schlachten und nährt davon seine Wirte und deren Kinder.
    Endlich aber – auch die unwiderstehliche Kraft und Tapferkeit des Riesentöters ist das Bild des germanischen Wehrmannes; hat der Feind seinen Grimm geweckt, dann "fährt Asa-Thor in seine ganze Stärke"; er bläst in seinen fliegenden roten Bart, lässt den furchtbaren "Bartruf" ertönen, stürmt gradan wider den Feind und schleudert mit niemals fehlender Hand den alles zerschmetternden Hammer.
    Der Aufgabe Thors, den Ackerbau zu schützen, entsprechen die meisten an ihn geknüpften Sagen. So die, wie er zu seinem Knechte Thialfi kam. Auf einer seiner Fahrten kehrt der Gott bei einem Bauern ein, schlachtet selbst seine beiden Böcke und gebietet dabei nur streng, die Knochen, ohne sie zu versehren, auf die beiden Bockshäute zu werfen. Als aber am andern Morgen der Gott durch seinen zum Leben neu erweckenden Hammer – ein Zug, der durch viele heidnische Sagen und christliche Legenden geht – die beiden Böcke wieder belebt hat, lahmt der eine Bock am Hinterbein; Thialfi ("Arbeit"), des Bauern Sohn, hatte, um das Mark zu schlürfen, den Röhrenknochen zerschlagen. Den Zorn des Gottes zu beschwichtigen, gibt der Bauer seine beiden Kinder zur Busse hin, Thialfi und dessen Schwester Röskwa (die Rasche), welche fortab den Gott überall hin als seine Diener begleiten [Fußnote: Man hat verschiedene Deutungen versucht; so z. B. soll der Bauer gestraft werden, der zu leicht zum Marke kommen will, d. h. Raubwirtschaft betreibt. Sehr unwahrscheinlich! Vielleicht findet man aber auch folgende Vermutung bedenklich; die vorgermanischen Pfahlbauleute (Finnen?) spalteten regelmässig, des Markes wegen, aus Hunger, die Knochen; das ist des Germanen, der vom Ackerbau lebt, unwürdig; wer es noch fortsetzt, verfällt als tiefer stehender Knecht dem Gott des Ackerbaues. – Gewarnt sollte offenbar werden vor irgend einem Missbrauch; – aber vor welchem? – Dass die Wiederbelebung oder Heilung oder Zurückverwandlung durch Schuld, Eigennutz eines Dritten nicht voll gelingt, ist ein sehr häufig in germanischer und fremder Sage begegnender Zug.] .
    Ähnliche Bedeutung hat die Sage von Thors Kampf mit dem Riesen Hrungnir. Beide hatten sie zum Zweikampf ein Stelldichein gegeben an der Ländergrenze bei Griôtûnagardr. Die Riesen gesellten ihrem Vertreter einen Diener Möckurkalfi, den sie aus Lehm schufen, neun Rasten (ein Wegmass, eine Strecke, nach deren Zurücklegung man füglich rasten mag) hoch und unter den Armen drei Rasten breit; sie setzten ihm das Herz einer Stute ein, das aber nicht viel taugte, denn als Thor nahte, geriet Möckurkalfi in schimpfliche Furcht. Hrungnir dagegen hatte ein Herz von hartem Stein; Stein war auch sein Haupt, Stein sein Schild, und die Keule oder Stange, welche er auf der Schulter trug, ein Schleifstein. Thor kam begleitet von Thialfi; dieser riet Hrungnir, er möge den Schild nicht vor sich halten; denn von unten werde Thor ihn angreifen; darauf warf jener den Schild auf die Erde und setzte sich darauf. Nun begann der Kampf zwischen Thor und Hrungnir, Thialfi und Möckurkalfi. In Asen-Zorn fährt der Gott gegen den Riesen und schleudert den Hammer; Hrungnir hebt abwehrend die Schleifsteinstange, diese bricht, ein Stück fällt zur Erde und daraus sind alle Wetzsteinfelsen auf Erden entstanden. Das zweite Stück aber fuhr in Thors Haupt, so dass dieser vornüber fiel; zugleich aber hatte Miölnir des Riesen Schädel in tausend Stücke zerschmettert, dieser stürzte ebenfalls nach vorn und sein ungeheurer Fuss kam auf Thors Hals

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