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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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den Nithafelsen (Finsterfelsen), er, Nidhöggr, trägt in seinen Federn – das Feld überfliegt er – die Leichen; nun wird er [Fußnote: Dass hier "er" (hann) und nicht "sie" (hon, die Seherin) zu lesen, hat Müllenhoff wahrscheinlich gemacht; allerdings gewähren die Handschriften nur "hon", was schliesslich auch einen Sinn gäbe; die Weissagung ist zu Ende, die Seherin versinkt.] versinken."
    Die Straforte in Hel wird man als mit Hel und den Gestraften untergegangen annehmen müssen; das Heidentum kannte also ewige Höllenstrafen nicht; nur die erneuten Götter, Lichtelben, Zwerge und gute Menschen, die Seelen der auf Erden gestorbenen Guten, wie die erneuten guten Götter leben in dem neuen Himmel und in der neuen Welt. Der "Starke von oben" führt diesen Zustand nicht herbei, – er ergibt sich aus dem Weltenbrande von selbst; – er hält ihn nur aufrecht für immerdar [Fußnote: So Müllenhoff, S. 36.] .
    Von dem Leben und Walten dieser neuen Götter in dem neuen Himmel erfahren wir nun aber nichts weiter; die Muse der sagenhaften Einbildungskraft erschweiget hier.
    Und zwar ganz notwendig.
    Denn wollte sie abermals beginnen, zu erzählen, – sie müsste es in der alten Weise; und der Kreislauf, den wir eben abgeschlossen, er müsste von neuem anheben. Abermals würde die vermenschlichende und freie, nur das Schöne suchende Einbildungskraft der Sage die gegebenen, abermals viele Götter lehrenden Vorstellungen zu Gebilden aus- und umgestalten, welche abermals dem Bedürfnis der Religion nach Einheit und Heiligkeit des Göttlichen widerstreiten und zuletzt eine Wiederholung der Götterdämmerung notwendig machen würden.
    Damit hängt es zusammen, dass keine einzige Göttin im neuen Himmel genannt wird; der Gegensatz der Geschlechter, der allerlei Verwicklungen im Gefolge hatte und zu dem geläuterten Gottesbegriff wenig taugt, ist nicht mehr vorhanden. Sehr viel mehr als die mitgeteilten Züge waren von dem Bilde der neuen Welt schwerlich ausgeführt.
    So begnügt sich die Sage mit dem Ausspruche; neue Götter und Menschen leben schuldlos auf immerdar in einer neuen, verklärten Welt; und es schliesst der Bericht der Edda mit den bedeutsamen Worten: "Wenn du aber noch weiter fragen willst, so weiss ich nicht, woher dir das kommt! Denn niemals hörte ich jemand ein Weiteres von den Schicksalen der Welt berichten. Nimm also hiermit vorlieb."
    Und so sprechen auch wir zu dem Leser: "Nimm also hiermit vorlieb."
     

     

     

Zweite Abteilung:
Heldensagen
Dahn Therese
(geb. Freiin von Droste-Hülshoff)

Erstes Buch
Die Wölsungen.
I. Sigi. Rerir. Wölsung.
    In alter Zeit lebte ein mächtiger, angesehener Mann, der hiess Sigi und war Odins Sohn; ein andrer Mann hiess Skadi, der hatte einen Knecht Bredi, welcher geschickt war zu vielen Dingen und an Kunstfertigkeit sogar Edelgebornen überlegen.
    Nun ritt Sigi einmal mit Bredi in den Wald, Tiere zu jagen, und als sie abends ihre Beute zusammentrugen, war die Bredis die grössere. Darüber erzürnte Sigi; – übel gefiel ihm, dass ein Knecht ihn im Weidwerk übertreffen sollte – er erschlug Bredi und verbarg die Leiche unter einem Schneehaufen. Heimgekehrt sagte er, der Knecht sei im Walde von ihm geritten und seinen Augen entschwunden. Skadi aber sandte Leute in den Wald, Bredi zu suchen; sie fanden die Leiche und ward so der Mord bekannt; Sigi wurde friedlos und wich aus dem Lande.
    Odin führte ihn weit fort, schaffte ihm Heerschiffe und grosses Gefolge. So ausgerüstet zog Sigi auf Heerfahrten, Odin lieh ihm Sieg zu Wasser und Land; er eroberte ein weites Reich. Dann vermählte er sich einem Weib aus dem Geschlecht eines der ihm unterworfenen Fürsten und herrschte nun über Hunenland (auch Frankenland) als mächtiger König und war der grölte Kriegsmann. Er gewann einen Sohn, Rerir geheissen; der wuchs in seines Vaters Hallen auf, stark und mannhaft. Als Sigi ein alter Mann war, griffen ihn die Brüder seiner Frau treulos an, wie er mit geringem Geleit einsamen Weges ging; er fiel, mit ihm das ganze Hofgesinde.
    Rerir war nicht dabei gewesen. Seine Freunde schafften ihm ein so grosses Heer, dass er das Reich des Vaters behaupten konnte. Dann rächte er seines Vaters Mord an den treulosen Gesippen; er erschlug sie alle, nahm ihr Land und wurde noch mächtiger als Sigi. Er wählte eine Frau seiner Würde gemäss, aber sie blieben kinderlos. Da baten sie zu den Göttern, und Odin und Frigg erhörten ihre Bitte. Odin sandte eines seiner Wunschmädchen,

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