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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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ja gewissermassen diese selbst; deren Wiederholung, nur frei von den Flecken, welche auf die Väter die Sagendichtung allmählich gehäuft hatte; das drückt sich am naivsten – und wahrhaft liebenswürdig naiv! – aus bei der Sonne, von der es heisst: "Und das wird dich wunderbar dünken, dass die Sonne, ehe der Wolf sie würgte, eine Tochter geboren hatte, nicht minder schön als sie selber; diese Maid wird nun glänzend nach der Götter Fall die Bahn der Mutter wandeln."
    Rührend ist die Treue, mit welcher der Hammer Thors von der Einbildungskraft der Sage gerettet wird; die geliebte Nationalwaffe mag der Germane auch in dem neuen Paradiesesleben nicht missen, obwohl es keine Riesen mehr zu zerschmettern gibt; so mag der Hammer in den Händen der Erben friedlichen Weihezwecken (Brautweihe, Hausweihe u. a.) dienen.
    Ferner heisst es von Hönir, der einst als Geisel den Wanen gegeben war: "Dann kann Hönir den Loszweig kiesen", d. h. wählen, ob er zurückkehren oder bleiben will; Wanen scheinen hiernach nicht mehr zu sein, nur Asen (wenigstens werden Freyr und Freya nie mehr genannt). Man hat dies so erklären wollen; die Wanen seien Götter der Sinnlichkeit (?!) gewesen und erst nach verlorner Unschuld der Götter in Krieg, dann in Bündnis mit diesen in Berührung getreten, also in der geläuterten Welt nicht mehr am Ort; aber eine andre Eddastelle sagt von Niördr: "Am Ende der Zeiten soll er kehren zu den weisen Wanen"; bedeutet dies die Zeit nach der Surturlohe (und nicht, was sehr wohl denkbar wäre, den Zeitpunkt bei Beginn des letzten Kampfes, um bei seinen Wanen zu fechten und zu fallen), so wären hierdurch doch Wanen als fortbestehend anerkannt.
    Die Wahrheit aber ist: ein widerspruchfreies Ganzes ist kein Sagenkreis, auch nicht der der Germanen. Dazu kommt, dass gerade über den Zustand nach der Erneuerung nur sehr wenig ausgeführte Vorstellungen umgingen, und endlich, dass uns sogar diese wenigen durchaus nicht vollständig überliefert sind; denn dass vollends nur so viel, als die (von Zusätzen gereinigte) Völuspá in acht kurzen Strophen davon erzählt, überhaupt alles gewesen, was davon gesungen und gesagt ward (wobei nur Baldur, Hödur, Hönir und der neue Götterkönig erwähnt werden), ist doch wahrlich kaum anzunehmen [Fußnote: Auch die Söhne des "Tveggi-Odin", Wilis und Wes, welche beide, Zwillingsbrüder (Hönir und Loki) oder Wiederholungen Odins, früher nur bei der Schaffung der Welt vorkommen, treten hier auf als Erneuerungen ihrer Väter; sie bewohnen das weite "Windheim", d. h. das Luftreich, Völuspá, Str. 47; der dritte Bruder, Loki und seine Abkunft, sind untergegangen.] .
    Auch diese Götter können eines Götterkönigs nicht entraten. So heisst es denn, nachdem die neue Welt aufgetaucht ist: "Da kommt der Mächtige, das Recht aufrecht zu halten [Fußnote: Ausgezeichnet Müllenhoff, S. 35; "Er kommt, um wie kein andrer mit unvergleichlicher Macht und Autorität Gericht zu halten, aber nicht etwa nur einmal, sondern um als Friedensfürst und Hüter des Rechts dauernd seine Herrschaft auszuüben."] , der Starke von oben, der alles beherrscht.
    Urteile spricht er, die Streitsachen legt er bei, heilige Ordnungen setzt er, die da bleiben sollen."
    Dieser ungenannte oberste Gott ist nun aber durchaus nicht, wie man wohl meint, der (aus christlichem Einfluss herübergenommene) neue Christengott [Fußnote: Diese Annahme, welche ich stets bekämpft, hat Müllenhoff überzeugend zurückgewiesen; gewiss ist die Erneuerung an sich noch heidnischen Ursprungs. Nachdem aber der erneute Himmel einmal im heidnischen Bewusstsein feststand, wäre die Herübernahme einzelner christlicher Züge aus Schilderungen des christlichen Himmels, des "neuen Jerusalems usw." aus der Apokalypse und ähnlichen christlichen Schriften nicht ganz undenkbar; schon das dabei verwendete, entliehene Fremdwort gemma (in "Gimhle") zeigt Einwirkung oder doch Kenntnis lateinischer Literatur oder doch Sprache. In der jüngeren Edda ist wenigstens christlicher Einfluss auf Ausmalung des neuen Himmels sehr wahrscheinlich.] , sondern nur der von dem religiösen Gefühl dringend, ja unerlässlich geforderte oberste Heiden-Gott; ein Name, eine bestimmtere Zeichnung desselben fehlte gewiss der diese Sage bildenden religiösen Anschauung. Man muss doch wohl den erneuten Odin in ihm finden, dabei jedoch dem alten Odin nicht nur seine mannigfaltige Schuld, auch die Leidenschaften, Eigenschaften, ja sogar Vorzüge, d. h. die

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