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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
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Selbstbedienungsläden und die Ablösung der Kaufläden an der Ecke in den meisten Stadtvierteln. Es wurden sieben Filialen. Je mehr Läden er besaß, desto stärker konnte Magnús den Betrieb rationalisieren und desto bessere Konditionen bekam er bei den Großhändlern. Die Njörður-Läden waren beliebt; hier kaufte man gerne ein. Dennoch warfen sie nicht genug ab, denn die Kunden strömten immer häufiger in die Hagkaup-Läden, wo man mehr Wert auf niedrige Preise als auf guten Service legte.
    Als Magnús beschloss, etwas zu verändern, war es zu spät. Die Schulden hatten sich in astronomischer Geschwindigkeit angehäuft, und weder Banken noch Gläubiger hatten Verständnis dafür, dass er Spielraum brauchte, um den Konkurrenzkampf mit dem Riesen Hagkaup aufnehmen zu können. Die Leute wollten offenkundig lieber gute Preise als guten Service. Der Konkurs war unvermeidlich.
    Zu jener Zeit waren schon drei Kinder auf der Welt. Der Älteste war der zwölfjährige Njörður, Sigurveig war neun und Elfar sieben Jahre alt. Brynhildur kümmerte sich um Haus und Kinder. Sie lebten zusammen, waren aber nicht miteinander verheiratet; dafür hatte immer die Zeit gefehlt. Durch den Konkurs verloren sie ihr gesamtes Hab und Gut und mussten aus dem neuen Einfamilienhaus, das Magnús auf einem sündhaft teuren Grundstück in Stigahlíð gebaut hatte, ausziehen. Zwar hätten sie die Möglichkeit gehabt, in die Kellerwohnung zur Schwiegermutter zu ziehen, aber das kam für Brynhildur nicht in Frage. So mieteten sie auf ihren Namen eine Wohnung in der Snorrabraut; Brynhildur arbeitete als Tagesmutter, und die Wohnung füllte sich mit Kleinkindern. Magnús war nach dem Konkurs monatelang arbeitslos, bis er endlich seinen Stolz hinunterschluckte und stellvertretender Geschäftsleiter in einer Hagkaup-Filiale wurde – bei der Konkurrenz, die ihn in die Knie gezwungen hatte.
    Drei Jahre dauerte die Zeit der Erniedrigung. Dann bekam Magnús wieder Aufwind. Er mietete einen Laden in Seltjarnarnes, ursprünglich ein ausgedientes Kühlhaus, und importierte Waren von einer billigen Supermarktkette aus Deutschland, die er als Handelspartner hatte gewinnen können. Die Geschäftsidee war einfach – die niedrigsten Preise am Markt anzubieten – und sie schlug ein. Ein Jahr später eröffnete er einen zweiten Mínus-Laden in Akureyri. Die Zeiten waren gut, und die Leute schienen Unmengen von Geld zur Verfügung zu haben. Die Sparsamen kauften bei Mínus ein, die anderen gingen in die Hagkaup- oder Nóatún-Läden.
    Nicht nur Magnús hatte herausgefunden, dass die Allgemeinheit dort einkaufen wollte, wo es am billigsten war. Bónus, Krónan, Nettó, Europris – aber Mínus war Marktführer. Im ganzen Land entstanden immer neue Filialen. Der Import wurde billiger und der Profit wuchs. Im Jahr 2000 kaufte Magnús die Geschäftsanteile seiner deutschen Partner, wurde alleiniger Eigentümer des Mínus-Imperiums und der Investmentgesellschaft Mínus Group. Der Wohlstand im Land war inzwischen so stark angewachsen, dass die Nachfrage nach Aktienanteilen fast so groß war wie die nach Lebensmitteln. Magnús brachte seine Firma an die isländische Börse, verkaufte 40% der Firmenanteile und investierte die daraus gewonnenen Milliarden in andere Firmen, beispielsweise Icelandair. Außerdem profitierte er von der Privatisierung der Banken, deren Wert sich vervielfachte, als ihre Aktienanteile auf den Markt geschmissen wurden.
    Neben Haraldur Rúriksson, der in Russland Geld gemacht und dann die Volksbank für einen günstigen Preis gekauft hatte, war Magnús einer der beiden wohlhabendsten Männer Islands geworden. Im Volksmund wurde er nach seinem Geschäftsimperium stets Magnús Mínus genannt, was er als Ehrentitel ansah.
     
    Das Erste, was Magnús tat, als er um halb acht sein Büro in dem Neubau betrat, in dem die Mínus Group ihren Hauptsitz hatte, war, den Computer einzuschalten. Obwohl er es nicht zugeben wollte, war ihm dieses Gerät nicht ganz geheuer. Er verstand nicht so recht, wie es funktionierte, konnte aber seine E-Mails öffnen und einfache Schreibdateien anlegen. Mehr musste er letztlich nicht können. Sein Motto: Man muss nicht alles selbst können; man muss andere, die über die notwendigen Kenntnisse verfügen, für sich arbeiten lassen.
    In seinem Computer erwarteten ihn zweiunddreißig ungelesene Nachrichten. Einige auf Isländisch, andere auf Englisch. Er bekam nicht gerne E-Mails in ausländischen Sprachen. Er glaubte, sich

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