Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
Vom Netzwerk:
befolgte er Randvers Anweisung und klopfte. Kräftig.
    Terje legte sein Ohr an die Tür und lauschte auf Geräusche aus der Wohnung. Es war totenstill, daher klopfte er noch einmal, diesmal bedeutend energischer als beim ersten Mal. Er wartete einen Moment und legte wieder sein Ohr an die Tür.
    Von drinnen hörte er ein Geräusch. Stöhnen? Rascheln?
    Er klopfte wieder und rief:
    »Mach auf, Guðrún, ich bin’s, Terje.«
    Er erschrak, als die Tür aufging und sie vor ihm stand. Eine Hälfte ihres Gesichts war blutverschmiert, die andere leichenblass. Hinter ihr auf dem Fußboden waren Blutspritzer. Blut tropfte ihr ins Auge. Sie versuchte, es wegzuwischen, und wunderte sich, als sie sah, dass ihre Hand rot war.
    »Was ist passiert?«, fragte Terje. »Bist du in Ohnmacht gefallen?«
    »Jemand war hier, als ich reingekommen bin«, antwortete sie. »Ich hab’s gespürt. Er stand hinter mir und hat mich niedergeschlagen.«
    »Komm mit«, sagte Terje und führte sie ins Badezimmer, wo er sie auf den Klodeckel setzte. »Warte, ich hole was, um das Blut abzuwischen.«
    »Nein«, erwiderte sie, »du darfst nichts berühren. Wir müssen hier noch weitersuchen.«
    Terje reagierte nicht. Er öffnete einen Schrank im Flur. Darin lagen zwar keine Handtücher, aber er griff sich irgendein Laken.
    »Du bist außerordentlich zuvorkommend«, sagte sie. »Für ein Trampeltier.«
    »Ein Trampeltier?«, fragte er. »Wo kommst du denn her? Bei uns nennt man so was einen tollen Hecht.«
    Sie musste lächeln und spürte im selben Augenblick einen stechenden Kopfschmerz.
    »Mein Kopf tut weh«, sagte sie.
    »Wundert mich nicht«, entgegnete er und wühlte in dem Spiegelschrank im Bad. »Hier sind vier Aspirin. Nimm die, auch wenn sie bei echten Kopfschmerzen nicht viel bringen. Vielleicht haben sie ja eine psychologische Wirkung. Warte, ich hol dir ein Glas Wasser.«
    Er ging in die Küche und kam mit einem Glas Wasser und einem Tablett mit Eiswürfeln wieder, die er im Tiefkühlfach gefunden hatte.
    Sie stöhnte, als sie daran dachte, dass er überall Fingerabdrücke hinterließ.
    »Das ist gut gegen die Kopfschmerzen«, sagte er in der Annahme, sie stöhne wegen der Kopfverletzung. Dann zog er ein Taschenmesser hervor, schnitt das Laken ein, riss ein Stück heraus, wickelte es um die Eiswürfel und legte sie auf die Wunde.
    »Kannst du das so festhalten?«
    »Jetzt fällt’s mir wieder ein!«, sagte sie.
    »Wer dich niedergeschlagen hat?«
    »Nein, aber ich weiß wieder, was ich hier gesehen habe.«
    »Was denn?«
    »Ein Taschenmesser.«
    »Ich rufe den Einsatztrupp raus«, sagte Terje. »Soll ich dich in die Notaufnahme fahren oder einen Krankenwagen bestellen?«
    »Es geht schon«, sagte sie. »Ich muss nicht in die Notaufnahme. Es blutet schon gar nicht mehr.«
    Als Beweis nahm sie den Beutel mit den Eiswürfeln von der Wunde, und sofort begann die Wunde wieder zu bluten.
    »Das muss genäht werden, du brauchst gar nicht zu protestieren«, sagte Terje. »Gehen wir.«
    Im Flur sahen sie, was als Waffe verwendet worden war: ein schwarzer Spazierstock mit einem silbernen Knauf.
    »Da muss wohl der Großvater wiederauferstanden sein«, bemerkte Terje. »Es war bestimmt nicht so angenehm, diesen Silberklumpen auf den Kopf zu kriegen.«
    »Warte mal«, bat Guðrún und drehte sich im Flur einmal um sich selbst. Neben der Garderobe stand eine kleine Telefonbank mit einem Tischchen, auf dem sich eine Tonschale mit einem Überzug aus Lavastein befand.
    »Sieh mal«, sagte Guðrún und zeigte darauf.
    »Was?«, fragte Terje. »Die Schale?«
    »Ja.«
    »Du kannst froh sein, dass er dich mit dem Stock und nicht mit der Schale getroffen hat. Sonst wärst du bestimmt nicht wieder aufgestanden.«
    »Warum sagst du ›er‹?«
    »Ich habe den Eindruck, dass hier ein Kerl am Werk war«, erklärte Terje.
    »Ich hab nicht gesehen, wer es war«, sagte Guðrún. »Ich hab ins Wohnzimmer geschaut. Er kam von hinten.«
    »Er?«, fragte Terje.
    »Oder sie. Der Täter oder die Täterin. Aber sieh doch mal, die Schale ist leer.«
    »Ja, das sehe ich«, sagte Terje. »Na und?«
    »Ich könnte schwören, dass da gestern noch was dringelegen hat. Ich glaube, es war ein Taschenmesser. Es lag etwas in der Wohnung, was überhaupt nicht hergepasst hat, aber ich konnte mich erst nicht mehr daran erinnern, was es war. Es muss ein Taschenmesser gewesen sein. Ein großes Taschenmesser.«
    »Dann muss es sich ja um ein bemerkenswertes Taschenmesser handeln, wenn

Weitere Kostenlose Bücher