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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
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Undercover-Ermittlungen, um kriminelle Vereinigungen und geplante Verbrechen rechtzeitig aufdecken zu können.
    Selbstverständlich muss die Notwendigkeit einer entsprechenden Gesetzgebung sorgfältig abgewogen werden gegenüber der Gefahr der Beeinträchtigung unbescholtener Mitbürger und deren Privatsphäre.
    Selbstverständlich müssen einer derartigen Gesetzgebung Missbrauchsrichtlinien und Bestimmungen zugrunde liegen, die die Anwendung nur im Fall absoluter Notwendigkeit regeln. In einer Demokratie stellt die Polizei indes keine Bedrohung für unbescholtene Bürger und deren Privatsphäre dar, sondern sie versucht, deren Sicherheit zu gewährleisten und die Gemeinschaft zu schützen.
    Die isländische Gesetzgebung muss unverzüglich zur Situation und künftigen Ausrichtung der Polizei Stellung nehmen und es ihr ermöglichen, mit harten Mitteln gegen organisierte Kriminalität vorzugehen. Die Gesellschaft muss zeigen, dass sie stärker ist als die Kräfte, die die Eckpfeiler unseres Rechtssystems bedrohen.
    Abschließend sei darauf hingewiesen, dass es der Polizei hierbei nicht um größere finanzielle Mittel geht, sondern um erweiterte Befugnisse, um in einer immer komplizierter werdenden Gesellschaft ihren Pflichten gerecht werden zu können.
     
    Als Lúðvík den Text vorgelesen hatte, blickte er in die Runde. Alle schwiegen. Lúðvík hatte zwar nicht mit Applaus gerechnet, aber die völlige Stille schmerzte ihn in den Ohren.
    »Also«, sagte der Justizminister endlich. »Möchte jemand etwas anmerken? Die Landespolizeichefin vielleicht?«
    Elín ließ sich nicht lange bitten. Sie räusperte sich und sagte:
    »An und für sich muss man den meisten Punkten zustimmen. Aber aus meiner Perspektive scheint es fragwürdig, dass der Reykjavíker Polizeidirektor, der zweifelsohne für die Polizei im Hauptstadtgebiet zuständig ist, sich bemüßigt fühlt, die Initiative zu ergreifen und den Justizminister um eine Gesetzesänderung zu ersuchen, die das gesamte Land betrifft und nicht nur seinen Amtsbereich. Ich hätte vollstes Verständnis dafür, wenn der Polizeidirektor Vorschläge für mögliche Änderungen der Polizeiverordnung in Reykjavík machen würde, aber in diesem Fall hat er sich, mit Verlaub, weit über seinen Zuständigkeitsbereich hinausbewegt.«
    Elín lächelte, so als wollte sie ihre Reaktion abschwächen, aber ihr höfliches Entgegenkommen erreichte Lúðvík nicht, denn er hatte die Augen halb geschlossen und den Kopf auf seine Hand gestützt. Schlief der Mann etwa?
    »Außerdem bin ich der Meinung«, fuhr Elín fort, »dass es vielmehr Aufgabe der Polizei ist, die geltenden Gesetze durchzusetzen. Selbstverständlich kann sie auch bei der Ausarbeitung neuer Gesetze beratend zur Seite stehen – falls dies gewünscht wird.«
    »Das ist der Kern der Sache«, sagte der Justizminister und schaute die Landespolizeichefin liebenswürdig an. »Es ist zwar nicht gerade unmoralisch, wenn die Polizeiführung Gesetzesänderungen wünscht, aber die Grundregel jedweder Demokratie besagt doch, dass das gesetzgebende Organ, das Althing, seiner wichtigen Arbeit unbeeinflusst von Interessenverbänden und der Verwaltung nachgehen muss.«
    »Entschuldigt bitte«, sagte Lúðvík, ohne die Augen zu öffnen. »Aber nichts liegt mir ferner, als das hochgeschätzte Althing zu behelligen. Andererseits ist es meine Amtspflicht, meinen Vorgesetzten, den Herrn Justizminister, der sowohl dem Althing als auch dem Volk verpflichtet ist, über die Entwicklung und die sich verändernde Lage in meinem Amtsbereich zu informieren.«
    Nun öffnete Lúðvík die Augen und schaute erst den Justizminister, dann Elín an, erwiderte ihr Lächeln – von dem sie dachte, er hätte es nicht gesehen – und sprach weiter: »Der Kommentar der Landespolizeichefin, ich würde meinen Kompetenz- oder Amtsbereich überschreiten, scheint auf einem Missverständnis zu beruhen. Dazu möchte ich Folgendes sagen: Die Reykjavíker Polizei hält den größten Amtsbereich im ganzen Land, auch wenn die Landespolizeidirektion in der letzten Zeit sehr bereitwillig die meisten unserer Aufgaben übernommen hat. Die ganze Nation kennt unseren Leitsatz, wie schon in der ›Njáls saga‹ geschrieben: Durch Gesetze wird unser Land erbaut. Dies gilt für ganz Island, nicht nur für Reykjavík. Und nach diesem Leitsatz arbeiten wir, bis wir andere Vorschriften bekommen.«
    Nimmt dieses verdammte Gezänk um die Zuständigkeitsbereiche denn nie ein Ende?, dachte

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