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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
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dahergesagt.«
    »Ich habe nicht an Dressman gedacht. Ich habe daran gedacht, dass du keine Uniform trägst«, sagte Elín. »Das müssen wir bei Gelegenheit ändern.«
    Aus Leder, dachte Eysteinn. Meinte sie wirklich eine Uniform? Oder vielleicht etwas ganz anderes? Laut sagte er:
    »Ich brauche keine Uniform.«
    »Wir werden sehen«, entgegnete sie.
    Wie war das, konnten manche Leute Gedanken lesen? Nein, zum Teufel.
    Er schaute ihr versuchsweise kurz in die Augen und lächelte, während er ihr gleichzeitig wieder die Hose herunterstreifte.
    Welches Parfüm sie wohl benutzte?
    Sie erwiderte sein Lächeln. Er war ein attraktiver Mann, unverheiratet und nicht liiert. Er hatte Stil.
    Ob er schwul war?
23
Überheblichkeit?
    Der Psychologe Hinrik Pálsson fertigte häufig psychiatrische Gutachten für die Polizei und das Gericht an. An diesem Morgen sprach er mit Sveinbjörn Ragnarsson, der unter Verdacht stand, seine Frau mit einem Brecheisen totgeschlagen zu haben. Sveinbjörn war schlecht gelaunt und beschwerte sich: Es sei erniedrigend, zu einem Gespräch mit einem Psychologen gezwungen zu werden. Er behauptete, seelisch kerngesund zu sein, obwohl es ihn natürlich sehr belaste, unter Mordverdacht zu stehen. Er schlafe schlecht und brauche Beruhigungsmittel. Als das Gespräch beendet war, ging Hinrik zum Büro von Randver Andrésson, dem Assistenten des Hauptkommissars, wo er auch auf Kriminalkommissarin Dagný Axelsdóttir sowie Sveinbjörns Rechtsanwalt Guðbjartur Sveinsson traf.
    »Meiner Meinung nach gibt es keine seelischen oder körperlichen Anzeichen dafür, dass die Gesundheit des Mannes gefährdet sein könnte, wenn er die üblichen Vernehmungen durchläuft«, sagte der Psychologe. »Ich werde natürlich noch intensiver mit ihm sprechen und ein psychiatrisches Gutachten in unverständlichem Medizinerlatein einreichen, aber dieser Gedächtnisverlust, von dem er spricht, ist Simulation, also größtenteils oder komplett erfunden. Er versucht einfach, sich die Dinge zu seinem Vorteil zurechtzubiegen, indem er sich selbst als Opfer darstellt. Er behauptet, sich an so gut wie gar nichts im Zusammenhang mit seiner Familie erinnern zu können, aber dann zählt er komplizierte lateinische Namen von Medikamenten auf und versucht, Beruhigungsmittel von mir zu schnorren. Er wird euch bei den Vernehmungen noch in Erstaunen versetzen.«
    »Bei einer Anklage geht es in erster Linie um die Zurechnungsfähigkeit«, sagte Guðbjartur.
    »Im Moment habe ich den Eindruck, dass er psychische Krankheit und Gedächtnisverlust simuliert«, sagte Hinrik. »Ich muss mir natürlich noch ein genaueres Bild machen, aber im Augenblick bin ich mir sehr sicher, dass ihm vollkommen klar ist, dass man Menschen nicht misshandeln oder umbringen darf.«
    »Glaubst du, dass er noch weiß, was er mit der Leiche der Frau gemacht hat?«, fragte Randver.
    »Ja, ich denke, das war sogar für ihn ein ziemlich einschneidendes Erlebnis«, antwortete der Psychologe. »Ich weiß nicht, wie genau er sich an die Details erinnern kann, aber in groben Zügen weiß er ganz genau, was er getan hat.«
    »Nur noch eine Frage«, sagte Randver. »Glaubst du, er möchte es erzählen?«
    »Das ist eine gute Frage«, entgegnete Hinrik. »Die Antwort lautet ja und nein. Ja, weil er die Sache hinter sich bringen und zeigen will, dass er die Oberhand behalten kann und ein Mensch ist, den man besser ernst nimmt. Und nein, weil er Angst vor den Konsequenzen seiner Tat hat und die Realität – und vor allem sich selbst – nicht akzeptieren kann.«
     
    Rechtsanwalt Guðbjartur Sveinsson war bei der Vernehmung anwesend; ein fülliger Mann um die sechzig, spezialisiert auf jenen schmalen Bereich der Rechtswissenschaften, der sich um die Verteidigung derjenigen dreht, die gegen das Strafgesetz verstoßen. In den allermeisten Fällen war die Schuld seiner Mandanten so offenkundig, dass seine Aufgabe hauptsächlich darin bestand, ihre Interessen zu vertreten und sich um die Inanspruchnahme ihrer rechtlichen Hilfen zu kümmern, falls möglich auf mildernde Umstände zu plädieren und den Richter davon zu überzeugen, dass der Betreffende keinen größeren Wunsch hatte, als ein neues Leben zu beginnen, ohne die Verzögerung, die ein Gefängnisaufenthalt mit sich bringt. Guðbjartur war unter den wenigen isländischen Rechtsanwälten nicht nur für seine Marotte bekannt, sich lieber mit schlecht bezahlten Scherereien und Verbrechern abzugeben, als lukrativen Inkassogeschäften

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