Walkueren
den Eindruck, dass dieser Eysteinn dahintersteckt.«
»Aha, so so«, sagte Víkingur. »Dann hat Elín ihr Ziel ja erreicht. Ich kann nicht sagen, dass mich das besonders überrascht. Es war von Anfang an ihr Traum, einen Geheimdienst oder eine Spionageabteilung auf die Beine zu stellen. Vor einer guten Woche bin ich zum Justizminister gerufen worden, um ihn über die laufenden Vorbereitungen zu unterrichten, und ich hatte sofort das Gefühl, dass meine Vorschläge ihm nicht in den Kram passten.«
»Das hast du mir ja gar nicht erzählt«, wunderte sich Lúðvík.
»Doch, habe ich«, sagte Víkingur. »Ich hab dir gesagt, dass bei diesem Gespräch nichts Konkretes herausgekommen ist und dass der Minister ein ziemlich geringes Interesse am Fortschreiten der Sache hat.«
»Hör zu«, sagte Lúðvík. »Es ist nicht deine Schuld, wenn diese Sicherheitsabteilung der Landespolizei unterstellt wird. Der Ministerpräsident hat damals gesagt, sie würde unserem Bereich unterstellt, unter deiner Leitung, aber da war er noch im Dankesrausch, weil er glaubte, du hättest ihm und der Volksbank die Russenmafia vom Hals gehalten. Davon ist er aber leider wieder abgekommen. Hier geht es nur um Kompetenzstreitigkeiten und die Machtinteressen der Landespolizeichefin. Sie träumt von einer Abteilung, die ohne rechtliche Grundlage im Geheimen arbeitet und von niemandem kontrolliert wird. Und wer wird wohl dort arbeiten? Das widerspricht doch absolut unseren demokratischen Vorstellungen.«
»Was kann man denn dagegen tun?«, fragte Víkingur.
Lúðvík schaute ihn an und öffnete endlich ganz die Augen.
»Ich weiß es nicht«, antwortete er. »Aber ich weiß, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist. Sie liegt nicht einfach in der Luft. Zumindest nicht im Büro des Justizministers. Aber erzähl mir ein bisschen genauer, worüber ihr bei diesem Treffen gesprochen habt. Habt ihr euch gestritten?«
Víkingur überlegte.
»Nein, nicht direkt.«
»Also dann indirekt?«
»Es ist bestimmt ein Zufall, aber als wir über eine Geheimpolizei und die innere Sicherheit sprachen, erwähnte er etwas, das mir heute Morgen wieder eingefallen ist, als ich eine bestimmte Sache auf dem Tisch hatte.«
»Aha?«, murmelte Lúðvík. »Ich hab mich schon immer für Zufälle interessiert, auch wenn ich nicht besonders esoterisch veranlagt bin.«
»Bei diesem Gespräch über Interessen und die innere Sicherheit erwähnte der Minister eine Meldung, die kürzlich im ›Abendblatt‹ erschienen ist. Ich fand es, wie soll ich sagen, ein bisschen lächerlich. Er sprach davon, dass diese ehemalige Frauenparteilerin, Freyja Hilmarsdóttir, dabei sei, ein Buch über Ehescheidungen oder so zu schreiben – die aber ohnehin in allen Klatschzeitungen breitgetreten werden. Jeder weiß, dass Magnús Mínus und Kjartan A. Hansen sich von ihren Frauen getrennt und etwa zur gleichen Zeit mit Jüngeren angebandelt haben. Aber der Minister betrachtet diese Buchveröffentlichung offenbar als ein Beispiel für eine mögliche Bedrohung der inneren Sicherheit.«
Lúðvík stöhnte.
»Und du hast ihm natürlich widersprochen?«
»Tja, ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass es gemäß der in der isländischen Verfassung verankerten Meinungsfreiheit kaum rechtswidrig sein kann, Bücher zu schreiben. Falls es sich um Fälle von Rufmord oder die Verletzung von Persönlichkeitsrechten handelt, regelt die Gesetzgebung entsprechende Strafmaßnahmen – nach der Veröffentlichung. Außerdem sind auch der Meinungsfreiheit gewisse Grenzen gesetzt: Man kann zum Beispiel klagen, wenn man die Herausgabe eines Buches verbieten lassen möchte – vorausgesetzt, es gibt triftige Gründe dafür.«
»Ich hab mir schon gedacht, dass du es dir nicht verkneifen konntest, das mit ihm zu diskutieren«, sagte Lúðvík. »Diskussionen mit Politikern bringen aber überhaupt nichts. Mit denen muss man wie mit Kindern sprechen, wenn man sie überzeugen will. Was solltest du denn seiner Meinung nach in der Sache unternehmen?«
»Er hat nichts vorgeschlagen. Nicht direkt.«
»Und indirekt?«
»So wie ich ihn verstanden habe, ist er der Meinung, es gehöre zu den Aufgaben eines polizeilichen Sicherheitstrupps, zu kontrollieren, dass niemand brisante Bücher schreibt. Ein ›brisantes Buch‹, so hat er das ausgedrückt.«
»Und wie hast du reagiert?«
»Das weiß ich gar nicht mehr so genau.«
»Du hast das Gespräch also nicht besonders wichtig genommen.«
»Könnte man so
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