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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
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sagen. Ich hatte es sogar schon vergessen. Es fiel mir erst gestern Morgen wieder ein, als ich hörte, dass Freyja Hilmarsdóttir in der Nacht gestorben war. Man hat sie in ihrem Wagen oben in den Rauðhólar gefunden; die Auspuffgase waren ins Auto geleitet worden. Es sah ganz nach einem Selbstmord aus. Terje und Guðrún waren in der Wohnung der Toten. Sie haben sich gewundert, dass sie dort keine Spur von dem Buch gefunden haben.«
    »Das war wohl ein glücklicher Zufall«, sagte Lúðvík. »Bedeutsamer als der, den du eben erwähnt hast.«
    »Wieso?«, sagte Víkingur. »Es kann doch auch sein, dass sie gar keines verfasst hatte. Viel merkwürdiger ist das Ergebnis der Obduktion. Dabei hat sich herausgestellt, dass sie kurz vor ihrem Tod eine Augenoperation hatte. Es wäre einem Wunder gleichgekommen, wenn sie im Stockdunkeln mit dem Auto hoch in die Rauðhólar hätte fahren können. Aber wir haben, wie gesagt, gerade erst angefangen, den Fall zu untersuchen.«
    »Ja«, sagte Lúðvík. Er schien von irgendetwas draußen auf der Straße abgelenkt zu sein und starrte aus dem Fenster. »Aber es ist wohl an der Zeit, dass ich zum Thema komme. Sag mal, stimmt es, dass du Medikamente nimmst?«
    »Worauf willst du hinaus?«, fragte Víkingur entgeistert. »Willst du wissen, ob ich drogenabhängig bin?«
    Lúðvík schloss wieder halb die Augen und neigte den Kopf.
    »Gibt es dafür deiner Meinung nach irgendwelche Anzeichen?«, fragte Víkingur.
    »Schön wär’s«, antwortete Lúðvík und schaute ihn an. »Dann könntest du für zwei, drei Wochen zu einer Therapie nach Amerika fahren und anschließend engelsgleich und strahlend wieder zurückkehren und alle mögliche Unterstützung bekommen.«
    »Was ist es dann?«, fragte Víkingur, der im Moment nicht verstand, in welche Richtung sich das Gespräch entwickelte.
    Lúðvík schaute wieder aus dem Fenster. »Ich habe nie Medikamente genommen, außer morgens Lebertran und abends Kräuterschnaps«, erklärte er. »Ich bin nämlich in der glücklichen Lage, einen robusten Körper geerbt zu haben, und außerdem habe ich nie bemerkt, dass ich ein Gefühlsleben besitze, was in meinem Job sehr hilfreich sein kann. Aber mir ist schon klar, dass nicht alle so viel Glück haben wie ich. Ich hab schon oft festgestellt, dass Leute mit einem sensiblen Gemüt häufig in unnötigen Schwierigkeiten landen, gegen die auch kein Lebertran hilft.«
    Endlich riss sich der Polizeidirektor von dem monotonen Straßenverkehr vor dem Fenster los und sah Víkingur an.
    »Der Justizminister hat mir heute Morgen mitgeteilt, er würde dir die Gründung der neuen Sicherheitsabteilung nicht zutrauen, da ihm Informationen über Medikamentenkonsum zugetragen worden seien. Er meinte, dies deute darauf hin, dass du den Ansprüchen an einen Leiter für Sicherheitsfragen der Republik Island nicht gerecht werden könntest. Er war so freundlich, mir als Nachweis eine Apothekenliste über alle Medikamente auszuhändigen, die dir seit Jahresbeginn verschrieben wurden. Hier steht zum Beispiel Seroxat, was seiner Aussage nach ein Psychopharmakon ist. Kennst du das?«
    »Ja, natürlich kenne ich das«, entgegnete Víkingur. »Seroxat ist ein Medikament gegen bestimmte Depressionen, die von Ärzten Dysthymie oder neurotische Depression genannt werden. Ich halte sie ihm Zaum, indem ich morgens zwei Tabletten nehme, genauer gesagt vierzig Milligramm. Weißt du eigentlich, wie viele Leute dieses oder ein ähnliches Medikament einnehmen?«
    Lúðvík antwortete nicht, sondern schaute auf den Zettel und fuhr fort: »Dann steht hier Sobril, ein Beruhigungsmittel, das mit Diazepam-Pillen verwandt ist. Sie werden manchmal Hausfrauendope genannt und machen süchtig.«
    »Ich nehme diese Medikamente selbstverständlich in Absprache mit meinem Psychologen ein. Es gibt viele Arten von Depressionen, und bei mir ist es eine bohrende Angst, die mit Seroxat allein nicht in den Griff zu bekommen ist. Sobril dient der Behandlung von Angstzuständen, und ich nehme morgens zehn Milligramm davon. Das kann man ja wohl kaum als Drogenabhängigkeit oder Medikamentenmissbrauch bezeichnen.«
    Lúðvík lächelte erschöpft.
    »Niemand spricht von Medikamentenmissbrauch. Wir sprechen von Medikamentenkonsum. Aber hier stehen noch weitere: Stillnox, Rohypnol und Imovane. Ich bin zwar kein Medikamentenexperte, aber ich weiß, dass das Schlafmittel sind.«
    Víkingur schaute seinen Vorgesetzten an. Wenn sich jemand anderes erlaubt hätte,

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