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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
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obgleich besiegt und nur mit Unterhosen bekleidet den Journalisten vorgeführt – sich hartnäckig weigerte, zu erzählen, wo er seine Massenvernichtungswaffen versteckt hatte. Und die Iraker waren allesamt wenig begeistert oder gar verärgert über den Kreuzzug und kämpften weiter gegen die guten Menschen, die den langen Weg auf sich genommen hatten, um die Bösen zu töten und die Überlebenden in die Freiheit und Demokratie des Westens einzuweisen und Ölverträge mit ihnen abzuschließen.
    Zur Beruhigung der Bevölkerung installierten die Amerikaner eine einheimische Marionettenregierung, in der Hoffnung, das genüge, um den Irakern ihr Selbstwertgefühl wiederzugeben. Diese Regierung genoss national wie international nur begrenzt Achtung und Wohlwollen, und nun verlangte Präsident Bush von Jökull, dass die Isländer einen speziellen Gesandten der irakischen Regierung empfangen und ihm Respekt und Gastfreundschaft zollen sollten.
    Jökull hatte keine Chance, diesen Empfang an den Außenminister zu delegieren, denn der gute Mann befand sich auf einer wichtigen Konferenz in Brasilien, die zufälligerweise am selben Tag stattfand wie das Fußballendspiel der Südamerikameisterschaften. Selbstverständlich kam Jökull nicht auf die Idee, den Staatspräsidenten in den Besuch mit einzubeziehen, denn dann müsste er damit rechnen, dass der Präsidententrottel, wie er Dr. Angantýr nannte, die Medien auf den Plan rufen und die Gelegenheit nutzen würde, eine schreckenerregende Friedenspredigt zu halten. Die Diskussion über den Irackrieg war in den isländischen Medien größtenteils eingeschlafen. Sie galt nicht länger als aktuell, obwohl die Sprengstoffanschläge der irakischen Miliz täglich Dutzende von Menschenleben kosteten. Das Wichtigste war, dass die negative Diskussion über die Verantwortung und Teilnahme Islands an diesem gesegneten Krieg nicht wieder hochkochte.
     
    Hakim Abdul-Raman al-Riyadh reiste mit einer amerikanischen Düsenmaschine, die ihm das Pentagon zur Verfügung gestellt hatte, und machte auf seinem Weg aus den USA nach Hause morgens auf dem Flughafen von Keflavík einen Zwischenstopp. Am Nachmittag wollte er weiter nach London fliegen.
    Der isländische Ministerpräsident freute sich darauf, den Würdenträger zu bitten, Tony und Cherie seine Grüße auszurichten. Deshalb stand er schleunigst auf und ließ sich nach Keflavík fahren, um den Mann dort zu empfangen. Er hatte den Aufenthalt sorgfältig vorbereitet, damit die Medien nichts bemerkten.
    Jökull stand persönlich auf dem Flugfeld, um seinen Gast in Empfang zu nehmen, und verfrachtete ihn und seine engsten Begleiter unverzüglich an Bord eines in der Nähe stehenden Grenzschutz-Hubschraubers. Der übereilte Empfang wurde damit erklärt, dass das Tageslicht in Island zu dieser Jahreszeit nur sehr kurz andauere, man also keine Zeit vergeuden und dem werten Herrn Gesandten Einblick in die Schönheit des nördlichen Endes der Welt gewähren wolle.
     
    Hakim Abdul-Rahman al-Riyadh entpuppte sich als äußerst angenehmer Zeitgenosse, der einfache Gespräche auf Englisch führen konnte. Er hatte auch eine Dolmetscherin dabei, ein hübsches Mädchen namens Jamila.
    »Das bedeutet die Schöne« ,erklärte Hakim, der die Frau wesentlich respektvoller behandelte als hochgestellte Christen normalerweise ihre Angestellten. Jamila, die Schöne, revanchierte sich, indem sie »Hakim« mit der Weise übersetzte.
    Die isländische Weite präsentierte sich an jenem Tag von ihrer schönsten Seite. In der Nacht hatte es geschneit, doch bei Tagesanbruch zogen die Wolken ab und ließen das Land unter einem strahlend blauen Himmel zurück. Es war windstill, und die klare Luft funkelte über dem Schnee wie eine Decke aus Diamanten.
    Der Hubschrauber mit dem Ehrengast landete auf dem schneebepackten Berg Skjaldbreið, und da sie keine Zeit für längere Ausflüge hatten, beschloss Jökull, seine Gäste zu erfreuen, indem er ihnen vorflunkerte, sie befänden sich auf einem echten Gletscher. Es sorgte für große Erheiterung unter den Reisegefährten, dass der Ministerpräsident dieses arktischen Landes glacier heißen sollte, das englische Wort für jökull. Hieraus entspann sich eine Unterhaltung über die Gemeinsamkeit der Isländer und der Iraker, da beider Namen bestimmte Bedeutungen hatten.
    »Now I can tell everybody that I have a friend whose name is Glacier Stoneson«, sagte Hakim und lachte verhalten. Anschließend erklärte Jamila,

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