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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
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Arzt nimmt sich Zeit, sich mit dir zu unterhalten. Normale Menschen bekommen nie die Gelegenheit, sich mit Ärzten zu unterhalten. Dafür gibt es zu viele Menschen und zu wenige Ärzte.«
    »Danke für das Gespräch«, sagte Víkingur.
    »Geht’s dir jetzt besser?«
    »Davon merke ich nichts.«
    »Ich hätte doch Hautarzt werden sollen«, sagte Hinrik.
43
Das brisanteste Kapitel
    Obwohl Kjartan A. Hansen im übertragenen Sinne auf dem Botschafterfriedhof des Außenministeriums zu Grabe getragen worden war, schien er noch nicht begriffen zu haben, dass er politisch gesehen gestorben war, ebenso wie seine Macht und sein Einfluss auf das System. Dieser politische Wiedergänger, der sich weigerte, seinen Tod zu akzeptieren, legte der Landespolizeichefin gegenüber ein geradezu unverschämtes Verhalten an den Tag. Ihre Privatnummer hatte Kjartan A. Hansen vom Justizminister erhalten, da Daniel Daðason sich die stündlichen Anrufe seines ehemaligen Kampfgefährten vom Hals halten wollte.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob du dir im Klaren darüber bist, mit wem du es zu tun hast, Schätzchen«, sagte Kjartan A. Hansen zu Elín, ohne darüber nachzudenken, dass »Schätzchen« möglicherweise nicht die gelungenste Anrede war, um sich mit einer Karrierefrau gutzustellen. »Denk dran, dass du die Existenz deines Jobs nicht zuletzt mir zu verdanken hast.«
    »Natürlich weiß ich, wer du bist«, sagte Elín, die verhindern wollte, dass der Mann noch weiter ausmalen würde, wie mächtig er einst gewesen war.
    »Also dann, meine Liebe, können wir vielleicht über den Kern der Sache reden«, sagte der Botschafter. Er lallte ein wenig, sodass Elín kurz überlegte, ob es in Kanada üblich sei, zum Frühstück Cocktails zu trinken. »Der Kern der Sache ist folgender. Erstens: Kannst du sicherstellen, dass ihr denjenigen, der das Manuskript in der Hand hat, findet, bevor er sich damit in den Medien brüsten kann? Zweitens: Kannst du sicherstellen, dass es sich nicht herumspricht, dass der ehemalige isländische Finanzminister erpresst wird? Und drittens: Was wird verdammt noch mal zur Lösung des Falls unternommen?«
    »Wir tun alles, was in unserer Macht steht«, antwortete Elín und überlegte, ob es sich möglicherweise um drei Cocktails gehandelt hatte – entsprechend der drei »Kerne der Sache«. »Ich kann natürlich nichts versprechen.«
    »Das ist nämlich genau der Punkt«, entgegnete der Botschafter. »Eine typische Beamtenantwort! Wie läufige Hündinnen seid ihr hinter uns Politikern her, versprecht uns das Blaue vom Himmel, um einen Job zu kriegen, und sobald ihr ihn habt, schlagt ihr einen ganz anderen Ton an. Ich kenne das, meine Liebe. Aber glaub bloß nicht, ich wäre irgendein Jón Jónsson draußen in der Stadt. Du wirst mir jetzt sagen, was du in diesem Fall konkret unternehmen willst, sonst kannst du dich nach einem neuen Job umgucken.«
    »Bevor du weiterredest«, unterbrach ihn Elín, »würde ich dich gern warnen. Ich werde gezwungen sein, dem Außenminister mitzuteilen, dass der isländische Botschafter in Kanada die Landespolizeichefin angerufen und ihr gedroht hat.«
    »Ach ja, wirklich?«, sagte Kjartan A. Hansen. »Willst du deinen Weiberchauvinismus an mir ausleben?«
    »Ich weiß nicht, was du unter Weiberchauvinismus verstehst.«
    »Weiberchauvinismus ist, wenn irgendwelche Gören, die vor ein paar Jahren noch dankbar waren, wenn sie bei einer Party Tabletts mit Gläsern servieren durften, auf einmal eine Polizeiuniform tragen und ihre Ehemänner bedrohen.«
    »Ist dir klar, dass dieses Gespräch aufgezeichnet wird?«, fragte Elín.
    »Das ist mir scheißegal. Von mir aus kannst du es dir auf die Mö … – auf den Bauch tätowieren lassen«, lallte Kjartan. »Ich möchte dich nur auf eine Sache hinweisen.«
    Das entfernte Klackern von Eiswürfeln auf Kristall klang den langen Weg von Ottawa bis ins Ohr der Landespolizeichefin in Reykjavík. Anschließend war ein original isländisches Schmatzen zu hören. Der Botschafter seufzte und redete dann weiter: »Wenn du schon nicht clever genug bist, mir Achtung entgegenzubringen, dann respektierst du hoffentlich wenigstens unseren Ministerpräsidenten.«
    »Was hat der mit der Sache zu tun?«
    »Tja, Schätzchen, ich höre schon, dass du von nichts eine Ahnung hast«, sagte der Botschafter. »Der Ministerpräsident hat ziemlich viel mit der Sache zu tun. In dem brisantesten Kapitel des Buches geht es nämlich nicht um irgendwelche angeblichen

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