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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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tätschelte.
    »Ich habe noch nicht endgültig zugesagt. Schick mich nicht fort.« Er zog sie zu sich und küßte sie hart. Ein wenig zu hart. Nicht wie Cary Grant und Ingrid Bergman. Sie fühlte, wie sie sich wieder verkrampfte, und er fühlte es auch. Mit sicheren Händen begann er wieder, Nacken und Schultern zu massieren, und sie spürte, wie sich ihr Körper entspannte und gegen seinen sank. »Komm«, flüsterte er mit verführerischer Stimme, »das ist Pulaskys Rezept für Wohlbefinden.«
    »Pulasky...« hörte sie sich murmeln. Oder vielleicht sprach sie es gar nicht aus. Vielleicht dachte sie es nur und sagte nichts. Aber bevor sie ihr Denken abschaltete und ihrem Körper nachgab, dachte sie an den Pulasky Skyway in New Jersey und erinnerte sich an die gezackten Felsen, die wie die ausgeschnittene Mitte eines Bergs unmittelbar nach dem Skyway die Straße begleiteten, und ihr letzter aufflackernder Gedanke war der Good-Humor- Mann in der weißen Jacke, der Traum...

S ie bereitete einen großen Teller arme Ritter, als das Telefon läutete.
    »Verdammt«, sagte sie vor sich hin. »Rick?« Keine Antwort. Sie stellte die Hitze zurück und schob die Pfanne weg. Der Anrufbeantworter hätte sich einschalten müssen, aber das Telefon läutete weiter. »Verdammt.« Sie hielt noch den Wender in der linken Hand, als sie abnahm. »Hallo. »
    »Du rätst es nie, du rätst es nie!« rief Carlos ins Telefon.
    »Was? Was? Du verrücktes Huhn«, sagte sie und vergaß sofort die Gereiztheit. Es mußte mit der Show geklappt haben.
    »Ich hab’s! Ich hab’s! Was sagst du dazu?«
    »Prima. Was hast du?«
    »Ach, komm schon, du weißt doch! Und es ist auch nicht in der Gruppe — sondern als Choreographieassistent. Marshall hat es mir überraschend eröffnet, als ich hinkam. Hast du begriffen, Choreographieassistent!«
    »Carlos, das ist super!«
    »Du hast verdammt recht, das ist super! Und wir bringen es vor New York in Boston und Washington heraus.«
    »Wann ist Premiere in New York?«
    »Vierzehnter September.«
    »Dann einen schönen Sommer in Washington!«
    »Und wenn schon! Hör zu, warum ich dich zu dieser unchristlichen Stunde anrufe, Gnädige. Ich wollte dich erwischen, bevor du gesellschaftlich völlig ausgebucht bist. Wir feiern zusammen, du und ich. Essen heute abend — auf mich — meine Feier — und danach die größte und beste Disco, das Caravanserie. Wir machen richtig schön einen drauf. Und tanzen wie wild. Du kannst die Übung brauchen. Was hältst du davon?«
    »Bleib einen Moment dran, ja?«
    »Hoho, wir sind nicht mehr allein und zölibatär.« Sie mußte immer wieder staunen, wieviel Intuition Carlos bewies, wenn es um sie ging.
    »Sei still, du Idiot.« Sie legte die Hand über die Muschel.
    »Rick?« rief sie.
    »Ja?« Er streckte seinen Kopf aus dem Bad. Er hatte Rasierschaum im Gesicht und einen Rasierapparat in der Hand. Demnach war nicht nur Bier im Matchsack gewesen.
    »Wann fängst du heute an zu arbeiten?«
    »Vier. Versuchst du, mich loszuwerden?«
    Sie spürte, daß sie rot wurde. »Nein, sei nicht albern...« Aber er war schon wieder im Bad verschwunden. »Da bin ich wieder, Carlos. Um wieviel Uhr?«
    »Halb acht. Wir essen im Mezzaluna, und du kannst mir dabei all die köstlichen Einzelheiten von deinem neuen Liebhaber erzählen.«
    »Carlos, du bist unmöglich.«,
    »Hör zu, Liebes, ich freue mich für dich. Und bin auch ein bißchen eifersüchtig. Was hat das denn mit diesen ganzen Wall-Street-Leichen zu bedeuten?«
    »Ich erzähle dir alles heute abend.«
    Sie öffnete die Flurtür, hob die Sonntagszeitungen von der Matte auf und ließ sie im Eßzimmer auf den Boden fallen. Der Tisch war aufgeklappt und für zwei gedeckt. Es war nach ein Uhr, und sie war am Verhungern.
    Die Sonne hatte sie früh am Morgen geweckt, und sie hatte heiß geduscht und war leise in das Trikot und die Strumpfhosen geschlüpft. Sie hatte Legwarmers über die Waden gezogen, denn es war kühl in der Wohnung, und die Heizung war nicht angeschaltet. Sie brannte geistig und körperlich darauf zu trainieren. Sie war seit mehr als zehn Tagen nicht mehr zum Kurs gegangen, und im schönen, kräftigen Sonnenschein, der durch die Fenster fiel, spürte sie mehr Energie, als sie in der ganzen Woche gehabt hatte. Sie hatte leise trainiert, ohne Musik, um Rick nicht zu wecken.
    Sie war so konzentriert gewesen, daß sie Rick erst in der Tür stehen sah, als sie mit ihrem Programm fast durch war. Er war nackt bis auf einen

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