Wall Street Blues
ihr nach, aber mit einem ironischen Unterton.
»Ich gehe, Süße.« Rick stand, fertig angezogen, in der Tür. »Bleiben Sie sitzen, Sergeant.« Er machte viel Aufhebens um seinen Matchsack.
»Das war meine Absicht«, sagte Silvestri, indem er Milch in seinen Kaffee goß.
Wetzon entschuldigte sich und folgte Rick in die Diele.
»Das tut mir leid«, sagte sie.
»Macht nichts, Süße.« Er legte die Arme um sie. »Wir sprechen drüber.« Er zog sie an sich und zielte einen Kuß auf ihre Lippen, verfehlte sie jedoch, weil sie sich umgedreht hatte, um nachzusehen, ob Silvestri sie beobachtete. Er tat es.
A lso?« Wetzon ärgerte sich über Rick, weil er so überheblich tat, über Silvestri, weil er hereingeplatzt war, ohne anzurufen, und über sich selbst, weil sie mit der Situation nicht besser fertig wurde.
»Ich hoffe, ich habe bei nichts Wichtigem gestört.« Silvestri wirkte äußerst zufrieden mit sich.
»Nein, aber wenn doch, würde es Ihnen wohl nichts ausmachen, stimmt’s?«
»Stimmt«, sagte er, während er sich Kaffee nachgoß. Heute trug er einen dunkelblauen Rollkragenpullover unter seiner Jacke. Er sah weniger amtlich aus — und sexy.
»Es ist also kein Höflichkeitsbesuch, wenn ich es recht verstehe.« Sie stand vor ihm und stützte die Hände auf die Hüften.
Er langte in seine Innentasche und zog ein paar Papiere vor, und wieder sah sie flüchtig seine Schulterhalfter.
»Ich möchte noch einmal auf einige Dinge zurückkommen«, sagte er, indem er ihrem Blick auswich.
»Okay...« Er hatte eine sehr eigenartige, anziehende Wirkung auf sie.
Er sah auf die Uhr. »Metzger hat Verspätung«, murmelte er. Er schien es hinauszuzögern.
»Das ist nett«. Wetzon war völlig verwirrt. »Soll ich noch mal Kaffee kochen? Und kommt Detective Walter auch?«
»Nein. Der Fall gehört dem Siebzehnten.« Sein Blick begegnete ihrem, und sie spürte ein eigenartiges Ziehen, wie ein Sog. Mit weichen Knien setzte sie sich.
»Das sind Sie...« Ihre Stimme war kaum zu hören; sie hatte Mühe mit dem Sprechen. Also hingen Georgies Tod und Barrys zusammen.
»Das bin ich.«
»Was...« Sie schien die Stimme verloren zu haben. Sie räusperte sich und sagte: »Was möchten Sie wissen?«
»Sie sagten, George Travers bat Sie, sich am Mittwochabend mit ihm zu treffen.«
Sie nickte.
»Sie sagten auch, Sie kannten ihn kaum, dennoch gingen Sie zu dem Treffen. Warum?«
»Weil er sehr aufgeregt war und reden wollte.« Silvestri hatte recht. Warum hatte sie sich mit Georgie getroffen? Sie hatte ihn nicht einmal gemocht.
»Ist das der einzige Grund?«
»Was für einen Grund könnte es sonst geben, Silvestri?« fragte sie ungeduldig. Sollte sie ihm sagen, daß es ihr schwerfiel, nein zu sagen?
Er beugte sich zu ihr vor. »Was ist Ihr Einsatz dabei, Miss Wetzon?«
Sie zuckte zurück, als hätte er sie geschlagen. »Einsatz? Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Nun rücken Sie damit heraus, was Barry Stark Ihnen gesagt hat. Ich glaube, Sie wissen viel mehr über diese Morde, als Sie uns sagen, Miss Wetzon. Sie halten wesentliche Auskünfte zurück. Es hat vier Todesfälle gegeben.«
Sie biß die Zähne zusammen und wappnete sich. Verdammt richtig, Silvestri, und wenn ich alles zusammengesetzt habe, sage ich Ihnen Bescheid. Statt dessen sagte sie mit der ganzen Kälte, die sie aufbringen konnte: »Alles, was ich über Georgie weiß, habe ich Ihnen schon erzählt. Er sagte, Barry bewahre etwas für ihn auf und es sei nicht in seinem Spind im Caravanserie.«
»Es geht hier um Behinderung der Justiz, Miss Wetzon.«
Sie hatte mit heiler Haut davonkommen wollen, ihm alles erzählen wollen, was sie wußte, aber wie konnte sie das jetzt noch? Es würde so aussehen, als habe sie der Polizei absichtlich Auskünfte vorenthalten. Ihr drehte sich alles. Wo hatte sie sich da hineinmanövriert?
Sie stand sehr empört auf. »Gehen Sie, Silvestri.«
Er seufzte, steckte seine Zettel in die Tasche, machte sich bereit zu gehen, und da fiel ihr der Schlüssel wieder ein. Sie konnte ihn nicht gehen lassen, ohne ihm davon zu berichten.
»Silvestri — warten Sie...«
»Ja?« Er kam näher, und sie wich einen Schritt zurück und lehnte sich an die Barre. Er machte ihr Angst, wenn er sie so ansah.
»Silvestri«, gab sie sich einen Ruck, »es gibt etwas, was ich Ihnen sagen muß.« Sie spürte seinen Blick, der sie durchbohrte, der sie abschätzte, als ob Silvestri bereits wüßte, was sie ihm sagen wollte. Aber wie war das
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