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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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Frau.
    Sie holte Apfelsaft aus dem Kühlschrank und goß sich ein kleines Glas ein.
    Das Telefon läutete wieder. Sie hörte die Stimme Teddy Lanzmans, eines alten Freundes, der für die lokalen Nachrichten auf Kanal 8 arbeitete. Sie hatte ihn lange nicht gesehen.
    »Kleiner Plausch gefällig, altes Haus?« sagte er. Dann kam eine lange Pause. Er wußte bestimmt, daß sie zuhörte. »Okay.« Er hörte sich enttäuscht an. »Ruf mich an, wenn dir danach ist.«
    Sie steuerte auf die Wohnungstür zu und wartete wachsam, dann öffnete sie sehr leise den Spion. Nichts. Nur der normale Lärm aus den anderen Wohnungen auf der Etage und das Geräusch des Aufzugs von einem anderen Stockwerk.
    Sie schloß beide Schlösser auf und löste die Kette, öffnete die Tür einen Spalt breit, langte ungeschickt nach unten, wobei sie die Zähne gegen den Schmerz zusammenbeißen mußte, nahm die Zeitungen von der Fußmatte und zog sie herein. Mist, auf der Titelseite der Times war ein Bild, wie sie mit Jimmy Lyons aus dem Four Seasons kam und mit der Hand vor den Augen aussah, als würde sie wegen des Mordes abgeführt. Und da war der Anfang der Geschichte, BÖRSENMAKLER ERMORDET, um im B-Teil auf Seite 35 fortgesetzt zu werden. Sie setzte sich auf einen Küchenhocker und begann, Vitaminflaschen aufzuschrauben: eine mit 2000-mg-Tabletten C, eine mit 400-mg-Kapseln E, zwei Kalziumtabletten und zwei Pollenextrakte als Energiespritze — ihr täglicher Schuß.
    »Heute hab’ ich euch wirklich nötig«, sagte sie, indem sie alle auf einmal in den Mund warf und mit dem Apfelsaft schluckte. Ihre Stirn spannte und reagierte empfindlich, wo die Platzwunde heilte.
    Sie schlug die Zeitung auf. Das Telefon läutete wieder.
    »Wetzon« — wieder Smith — »heb ab, falls du mich hörst.«
    Wetzon hob ab und sagte: »Bleib dran, ich bin hier.« Sie wartete, bis Smith antwortete, dann schaltete sie den Anrufbeantworter ab. Er machte dabei wie immer ein kleines gurrendes Geräusch. Sogar heute mußte sie darüber lachen. Sogar heute. Na ja, warum nicht? Sie hatte das Lachen heute nötiger als sonst.
    »Wie fühlst du dich jetzt?« wollte Smith wissen.
    »Ich bin auf und bewege mich. Langsam.«
    »Silvestri hat hier angerufen«, sagte Smith. »Er möchte, daß du um vier ins Revier kommst. Wegen einer Aussage oder so.
    »Das muß ich wohl tun...« antwortete sie müde.
    »Ich könnte dich doch so um drei abholen und mit dir hinfahren.« Smith sagte es so beiläufig, daß Wetzon die Ohren klangen.
    »Das brauchst du nicht, ich bin alt genug.«
    »Oh, das tu ich gern«, sagte Smith, »nach dem, was du durchgemacht hast... und außerdem gehe ich heute abend mit Silvestri essen.« Sie kicherte vielsagend.
    Wetzon blieb einen Moment stumm, traurig über diese Wendung der Dinge. »Aha. Ich wußte, daß mehr dahintersteckt. Ich war sicher, daß er ein Auge auf dich geworfen hatte. Und du, du hast ja dann alle Register gezogen. Es war so dick aufgetragen.«
    »Woher wußtest du, daß er interessiert ist?« fragte Smith spitz. »Sag schon.« Als hätte Wetzon ihr nie anvertraut, daß sie — Wetzon — sich zu Silvestri hingezogen fühlte. Konnte Smith das etwa vergessen haben?
    »Ach, die vielen Fragen, die er im Auto über dich stellte, vor dem Unfall.«
    Smith’ Stimme klang gespannt: »Was für Fragen? Was hast du ihm erzählt?«
    »Was meinst du, was für Fragen? Ob du verheiratet bist, so was eben. Was glaubst du wohl, was ich ihm erzählen würde?« Smith’ Reaktion verwirrte sie. Aber Smith war nun mal exzentrisch und reagierte eigenartig auf, in Wetzons Augen, einfache Vorfälle.
    Smith lachte jetzt, ein herzhaftes triumphierendes Lachen. »Was so alles passiert«, sagte sie. »Rate mal, wer angerufen hat und mit uns über einen Auftrag sprechen möchte?« Sie liebte die Heimlichtuerei, und normalerweise spielte Wetzon mit. In diesem Augenblick war Wetzon jedoch müde und gereizt. Wahrscheinlich wegen Silvestri. Smith liebte Eroberungen, aber Silvestri war ein Umweg. Sie war gewöhnlich hinter Männern mit viel Geld her — Geld und Macht. Was hatte Silvestri zu bieten? Leicht beantwortet. Macht. Und sie, Wetzon, hatte ihn trotzdem attraktiv gefunden. Wetzon fühlte sich nicht von Männern angezogen, weil sie Macht hatten — oder Geld, was das betraf. Konkurrierte Smith also mit Wetzon? Und falls ja, warum?
    »Also?« sagte Smith. »Bist du eingeschlafen? Willst du nicht raten?«
    »Oh, Entschuldigung.« Wetzon hatte abgeschaltet. Jetzt ärgerte

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