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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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sie sich über sich selbst, daß sie so empfindlich war. Es war kleinlich von ihr. Falls Silvestri Smith mochte, dann mochte er eben Smith, und Wetzon würde daran nichts ändern. »Ich weiß nicht. Sag es schon.«
    »Weinberger Brothers.« Sie war sehr aufgeregt. Das war ein Posten, hinter dem sie seit zwei Jahren her war.
    »Donnerwetter, ich bin beeindruckt! Warum, meinst du...«
    »Wir sind eingeladen, am Dienstag mit ihnen zu Mittag zu essen. Eigentlich wollten sie den Montag, aber ich habe sie auf Dienstag vertröstet, weil ich nicht wußte, wie es dir geht.«
    »Du hättest allein gehen können.«
    »Sie haben aber ausdrücklich darum gebeten, daß wir beide kommen.« Smith sagte es in einem eigenartig kühlen Ton, der andeutete, daß sie von deren Wunsch, auch Wetzon zu sehen, nicht sehr erbaut war. Wetzon schob den Gedanken beiseite. Smith betrachtete alle Auftraggeber als ihr Terrain und hatte es nicht gern, wenn man ihr einen Strich durch die Rechnung machte. Zu dumm für sie. Dieses eine Mal empfand Wetzon ein wenig freudige Genugtuung darüber, daß nicht immer alles nach Smith’ Kopf ging.
    »Das ist wirklich erfreulich, Smith. Ich bin bestimmt bis nächste Woche wieder auf dem Damm. Warte... was ist heute... ich bin nicht mehr auf dem laufenden.«
    »Mittwoch.«
    »Na, dann vergiß es, daß ich zu Hause bleibe. Carlos kommt heute. Genaugenommen müßte er jede Minute hier sein, und er wird vor Neugier platzen, wenn er die Zeitungen gesehen hat.«
    »Fühlst du dich bestimmt stark genug?«
    »Es wird schon gehen«, sagte Wetzon trocken. »Ich komme gleich runter, und wir können dann vom Büro aus Silvestri aufsuchen.« Sie brach plötzlich ab. »Smith?«
    »Ja, was ist?«
    »Ich habe einen komischen Schlüssel in meiner Jacke gefunden.«
    »Was für einen Schlüssel?«
    »Einen kleinen. Briefkasten vielleicht. Ich glaube, Barry hat ihn mir zugesteckt, als ich gestern mit ihm zusammen war. Ich bringe ihn mit und gebe ihn Silvestri.«
    Sie legte nachdenklich auf und ging in die Küche. Sie füllte den Kessel mit Wasser, setzte die Filtertüte in den Melittafilter ein, dann maß sie den Kaffee ab — genug für vier Tassen, weil Carlos seinen Kaffee und ein Croissant liebte, bevor er mit dem Saubermachen anfing.
    Carlos Prince war ihre Haushaltshilfe gewesen, seit sie sich Vorjahren in einem Tanzkurs kennengelernt hatten. Sie hatten damals in einer Reihe von Shows gemeinsam getanzt. Hausarbeit war seine Methode, »sich über Wasser zu halten«, wie er es ausdrückte, und er war sehr gut damit gefahren. So gut, daß er jetzt in seiner Wohnung in Greenwich Village sitzen konnte, während Scharen von Haushaltshilfen überall in der Stadt für ihn arbeiteten.
    Seine ganz besonderen Leute behielt er für sich. Besondere Leute bedeutete, Leute von früher, gut zum Plaudern. Alte Freunde, die ein interessantes Leben führten. Und in diesem Geschäft wurde ausschließlich bar bezahlt. »Außerdem, Schatz, werde ich allmählich etwas zu alt für die Tanztruppe«, war sein Spruch.
    Sie lächelte, als sie die Kette an der Wohnungstür löste. Sie war sicher, daß er heute früher kommen würde, weil er ihr Foto in der Zeitung gesehen hatte, und das war genau das, worin Carlos eingeweiht werden wollte. Ein Mord. Intrige. Geld. Das Four Seasons.
    Die heiße Dusche weckte ihre Lebensgeister, und als sie im Bademantel aus dem dampfenden Badezimmer kam, hörte sie Musik.
    »Hallo, einen wunderschönen guten Morgen«, sagte Carlos. Er saß bequem mit übergeschlagenen Beinen in der Küche auf einem Barhocker und hatte sämtliche Zeitungen auf der Arbeitsplatte ausgebreitet. The Temptations sangen mit großartigen Stimmen »My Girl«. »Du hast ja allerhand angestellt, seit ich dich zum letztenmal gesehen habe.« Er drohte ihr mit dem Finger. »Ungezogener Schlingel. Und du siehst nicht mal allzu ramponiert aus.«
    »Carlos, hör auf, es war furchtbar«, sagte sie, während sie ihr Haar mit dem Handtuch abtrocknete.
    »Los, erzähle. Alles. Laß nichts aus«, sagte er gierig. Seine dunklen Augen funkelten. Alles an Carlos funkelte. Er war schlank, dunkel und auffallend gutaussehend. Heute trug er ein wildes Hawaiihemd und enge Guess-Jeans. Er hatte einen großen Diamantknopf im linken Ohrläppchen.
    »Ich weiß nicht viel, außer daß ein Mann, mit dem ich eine Besprechung hatte, wegging, um zu telefonieren, und in einer Telefonzelle ermordet wurde.«
    »Und du hast es gesehen...« Besorgt sprang er auf und bot ihr den

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