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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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Merrill?«
    »Nee, viel länger. Schon ewig. Wir sind alle zusammen aufgewachsen, in North Bronx... gingen gemeinsam auf die Bronx Science. Dann gerieten wir auseinander... und nach dem College landeten Barry und ich bei Merrill. Das waren Zeiten.« Er trank sein zweites Bier aus und begann ein drittes.
    »Darf ich Ihnen noch etwas bringen?« fragte der Kellner.
    Wetzon schüttelte den Kopf. »Noch eine Runde«, sagte Georgie. »Sie kannten uns damals nicht. Es war so wahnsinnig aufregend. Wir saßen an einem Schreibtisch... teilten uns ein Quotrongerät. Wir rissen gemeinsam neue Kunden auf, immer um die Wette, um zu sehen, wer die meisten Konten aufmachen konnte.« Er hielt inne. »Ich habe ihn immer ausgestochen«, sagte Georgie mit einem verkniffenen frostigen Lächeln. »Der Markt war so irre — Mann, oh Mann!« Er zündete eine neue Zigarette an und ließ das Streichholz auf den Boden fallen. »Wir dachten, es würde nie zu Ende gehen.«
    Wetzon erinnerte sich daran und nickte. Es war drei Jahre her. Sie und Smith hatten gerade mit ihrer Firma angefangen.
    »Ja, und die Headhunter waren alle hinter uns her — wie die Aasgeier. Ja, auch Sie, Wetzon.« Er zeigte mit einem nikotingelben Finger auf sie.
    Sie blinzelte, überrascht von der Anschuldigung. »Ich dachte, ich wäre anders«, platzte sie heraus. Trotz des Mißtrauens gegenüber Georgie war sie verletzt.
    »Machen Sie sich nichts vor, Wetzon. Sie sind Geschäftsmann, genau wie wir. Sie sind hinter dem Dollar her. Sie mögen das Geld. Aber Sie waren anders. Sie sind phantastisch am Telefon. Sie drängten nicht, Sie hörten zu. Barry konnte Sie gut leiden. Verdammt, ich auch.«
    »Sie haben mir Barrys Namen und Telefonnummer gegeben«, sagte sie ein wenig besänftigt.
    »Ich?« Er schien überrascht. »Ich erinnere mich nicht.«
    »Sie haben gesagt, >Rufen Sie diesen Knaben an, holen Sie ihn hier raus, dann bekomme ich seine ganzen Konten.<«
    »Das habe ich gesagt?« Georgie lachte plötzlich, ein verrücktes, wieherndes Lachen, so daß seine kleinen Augen verschwanden. »Mann, war ich komisch.«
    »Sie beide haben in Ihrem ersten Jahr im Geschäft ganz schön Geld gescheffelt.« Sie sah zu den gelben Kugeln auf, die das Restaurant beleuchteten. Rauchschwaden schwebten im Licht. Alles hatte etwas Unwirkliches an sich. Langsam konzentrierte sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Georgie.
    »Ja, mehr als wir jemals gesehen hatten. Ich kaufte einen Jaguar, und Barry schaffte sich diesen roten Porsche an. Kinder, es war unglaublich.« Er starrte in sein Bier und schien sie vergessen zu haben. »Im zweiten Jahr war es noch besser. Barry kaufte den großen Loft in SoHo, und ich nahm die alte Kirche für ein Butterbrot mit und das Fitneßcenter... Ich hatte Pläne. Ich wollte nicht für den Rest meines Lebens als beschissener Aktienfritze rumsitzen. Der Markt konnte jede Minute zusammenbrechen.«
    »Sie hatten recht.«
    Er sah sie an und nickte. »Ja. Aber bevor es soweit war, wollten wir noch einmal richtig auf den Putz hauen. Wir mieteten den zweiten Sommer über ein ganzes Haus in East Hampton. Dort wimmelte es nur so von den tollsten Frauen...« Er riß grob die Sonnenbrille vom Kopf und warf sie auf den Tisch, dann fuhr er sich mit beiden Händen durchs Haar. »Ich brach den Rekord bei neuen Konten und bekam dafür einen Preis und eine Woche L.A. Ich mußte vor allen neuen Trainees sprechen... dann...«
    »Dann tauchte der Markt ab.« Wetzon trank in kleinen Schlucken ihr Bier und dachte daran, wie erschüttert alle relativ neuen Makler gewesen waren. Sie hatten nie einen flauen Markt erlebt.
    »Ja. Glückliche Kunden wurden über Nacht unglückliche Arsche. Dann ging der Hickhack los. Klagen noch und noch.« Er zuckte die Achseln. »Damals war für mich Schluß.«
    Wetzon forderte ihn nicht heraus. Sie wußte genau, daß es zu einem Prozeß gekommen war, weil Georgie einer achtzigjährigen Witwe steuerreduzierende Papiere verkauft hatte. Die Familie der Witwe verlangte Entschädigung und bekam sie. Georgie war gefeuert worden. »Barry hatte damals Schwierigkeiten«, sagte Wetzon. Barry war wegen unbefugten Handels mit zwei seiner Konten beschuldigt worden.
    »Wer hatte damals keine?« Er drückte heftig seine Zigarette im Aschenbecher aus und zündete eine neue an. »Sie lieben einen alle — Geschäftsführung und Kunden — , wenn man Geld für sie verdient, aber in dem Moment, in dem der Brunnen versiegt, vergessen sie einen. Ich war froh, als ich das los

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