Wall Street Blues
war. Ich wollte nie mehr Klagen von einem Arschloch von Kunden hören, daß ich ihn um ein paar Tausend gebracht hätte, wenn ich erst im letzten Jahr zweimal soviel für ihn gutgemacht hatte. Damals lief schon das Caravanserie .«
»Ungefähr um die Zeit rief Barry mich an.« Sie versuchte, das Gespräch wieder auf Barry zu bringen.
Georgie zwinkerte ihr zu. »Er war mein Freund, aber er war ein Windhund. Er machte das große Geld, aber er warf es zum Fenster hinaus. Ich sagte ihm, Windhund, steck dein Geld in Immobilien. Er hörte mir nie zu.«
»Er sagte mir, er sei bereit, die Stelle zu wechseln, aber er sei selbst schon mit Jake Donahue einig geworden.«
»Das stimmt.« Er stierte Wetzon unverwandt an. »Nehmen Sie mich nicht auf den Arm. Er muß Ihnen gestern was gesagt haben.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nur daß er ganz nah an einer Sache dran sei und daß...« sie hielt inne, um noch einmal zu überlegen, »daß er sein Blatt überreizt habe... so was Ähnliches... und sie hätten es spitzgekriegt. Wissen Sie, was er gemeint hat?«
»Er hatte irgendwelche Geschäfte mit Mildred Gleason laufen«, sagte Georgie. »Er wollte mir nicht sagen, was. Sagte, es sei die Gelegenheit, auf die er wartete, genau das, was er brauchte, um wieder auf die Beine zu kommen.«
»Der Markt mit Neuemissionen liegt am Boden, tote Hose. Er sagte mir, Jake würde bei Rückkaufabsprachen einsteigen.«
»Ich verstehe von dem Mist nichts, und ich will auch nichts davon wissen, aber wenn Sie sagen, am Boden, auf Barry trifft das zu. Mann, er dachte sogar daran zu heiraten.«
»Barry?« Sie wußte nicht, warum sie so schockiert war. Irgendwie konnte sie sich Barry nicht als verheirateten Mann vorstellen. »Wen wollte er heiraten?«
»Ich sagte ihm, er wäre wohl nicht bei Trost. Ich kapierte es nicht. Er trieb es mit diesem steilen Zahn aus Connecticut- eine aus seiner Firma — , aber er redete davon, daß er Buffie heiraten wollte.« Georgie schüttelte angewidert den Kopf. »Er sagte, ob Sie’s glauben oder nicht, keiner von uns würde jünger.«
»Buffie?«
»Ja. Sie war eine aus der Clique — aus dem Viertel — von uns vier...« Er hob die Hand. »Noch mal das gleiche«, rief er einem vorbeigehenden Kellner zu.
Verstohlen sah sie auf die Uhr. Carlos würde ihr die Hölle heiß machen.
»Georgie, ich muß jetzt...«
»Einen Moment noch, Wetzon. Barry hatte noch Sachen von mir bei sich.« Sie konnte ihn kaum verstehen. Das Amsterdam füllte sich allmählich. Die Leute standen in drei Reihen an der Bar.
»Davon weiß ich nichts.« Sie machte Anstalten aufzustehen.
Er umklammerte ihre Schulter, daß es weh tat, und hielt sie fest. »Ich habe seinen Spind durchsucht«, knurrte Georgie und kam ihr mit seinem Bieratem nahe. »Nichts. Kein verdammtes Stück außer alten Pullovern und Joggingschuhen.«
»Verdammt, Georgie.« Wetzon war in Rage. Es reichte ihr. »Nehmen Sie freundlicherweise Ihre Hand da weg«, sagte sie durch zusammengebissene Zähne.
Georgie zog langsam seine Hand zurück, überrascht von ihrer Reaktion. Sein Mund zuckte höhnisch. »Sie sind eine tolle Frau, Wetzon.«
»Ich nehme Ihre Entschuldigung an, Georgie«, sagte Wetzon, indem sie aufstand. »Nur eine Frage.«
»Ja?« Er setzte seine Ray Ban wieder auf und verdeckte seine furchtbaren Augen.
»Gibt es eine Beerdigung?«
»Beerdigung? Barry?« Georgie lachte sein hohes wieherndes Lachen. »Barry war Spender.«
»Spender?«
»Ja. Er hat so was auf der Rückseite seines Führerscheins unterschrieben, daß man seine Organe haben kann. Er fand diesen Einfall unheimlich toll. Er wollte, daß jeder ein Stück von ihm bekäme, sagte er immer.« Er schnaubte verächtlich. »Ja. Er wollte verbrannt werden und sagte mir, ich solle seine Asche entlang der Wall Street verstreuen und ein bißchen auf den Boden der Börse fallen lassen. Ist das nicht zum Lachen.«
»Sehr komisch«, sagte Wetzon, ohne zu lachen. »Bis dann, Georgie.« Ihr Spiegelbild sah sie von seinen Brillengläsern an.
»Wetzon«, sagte Georgie, »wenn Ihnen noch was einfällt, sagen Sie’s mir zuerst. Und reden Sie nicht mit Fremden.«
Sie antwortete nicht. Sie fragte sich, warum er das Amsterdam an der Ecke 82. und Amsterdam vorgeschlagen hatte. Wie hatte er erfahren, daß sie auf der West Side wohnte?
E s waren so viele Nachrichten auf ihrem Anrufbeantworter, daß das Band abgelaufen war, aber es war ihr egal. Carlos hatte den Stecker am Telefon im Schlafzimmer herausgezogen,
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