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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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würden es gleich dort treiben. Ich versteckte mich nahe beim Eingang — und ich sah, daß sie ganz eng beieinanderstanden und redeten, aber ich konnte nichts hören, nur das Kreischen der Affen. Und die ganze Zeit hielt er ihre Hand.« Wieder, ganz und gar nicht hilflos, funkelte Buffie Wetzon an. »Ich hätte ihn umbringen können.«
    Wetzon zuckte zusammen. Trotz allem war sie von dem Geständnis und der plötzlichen Veränderung in Buffies Persönlichkeit schockiert.
    »Aber ich habe es nicht getan — ich hätte es nicht gekonnt«, sagte Buffie hastig.
    »Nein, bestimmt nicht.« Aber Wetzon fragte sich unwillkürlich, wie aufgebracht Buffie tatsächlich gewesen war. Sie griff nach ihrer Aktentasche. Sie wollte weglaufen, nach Hause kommen, sich verstecken. »Ich bin verabredet«, murmelte sie.
    Buffie starrte auf ihre Hände und rieb die vorstehenden Knöchel ihrer Daumen. »Barry sagte immer, er könne Ihnen vertrauen. Er muß Ihnen gesagt haben, was er mit seinen Sachen gemacht hat.«
    Wetzon seufzte. Warum hackte jeder auf ihr herum? «Aber er hat nichts gesagt. Wenn es nicht in seiner Wohnung und nicht in seinem Spind ist, wie Georgie behauptet, wo könnte es sonst sein?«
    Buffie stand auf. »Bitte Wetzon, es dauert nicht lang — ich wohne hier in der Nähe — könnten Sie nicht mitkommen und mir noch einmal suchen helfen? Barry hat immer gesagt, daß Sie so klug sind. Vielleicht sehen Sie etwas, was wir übersehen haben.«
    Warum fiel es ihr immer so furchtbar schwer, nein zu sagen? grübelte Wetzon, als sie mit Buffie die Columbus zur 74. Street hochging. Hätte sie zu Barry von vornherein nein gesagt, wäre sie nie in diesen ganzen Schlamassel hineingezogen worden. Aber wie Carlos sagte, gehörte nein nicht zu ihrem Wortschatz.
    »Buffie, woher wissen Sie, daß Barry sich immer noch mit dieser Frau traf? Das war vor mindestens sechs Monaten. Vielleicht war es nur ein...«
    »Weil er letzte Woche noch mit ihr telefoniert und sich verabredet hat, deshalb«, erwiderte Buffie streitlustig.
    »Wie sah sie aus? Konnten Sie sie von Ihrem Platz aus sehen?«
    Buffie spielte mit dem Riemen ihrer rosa Umhängetasche und schwang sie im Gehen hin und her. »Ich konnte sehen, daß sie groß war, fast so groß wie Barry. Und sie trug so einen langen schwarzen Ledertrenchcoat. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, weil sie eine große dunkle Brille trug und ein Kopftuch, das unter dem Kinn gebunden war.«

S ie bogen links in die 74. Street Richtung Amsterdam ein, während Buffie zerstreut von Barry und »ihrer Versicherung« redete. Wetzon hörte nur mit einem Ohr zu. Die Frau, mit der sich Barry getroffen hatte, trug einen schwarzen Ledertrenchcoat und ein unter dem Kinn gebundenes Kopftuch. Sie hatte vor kurzem eine Frau gesehen, die so gekleidet war.
    Auf halbem Weg zur Amsterdam Avenue, nur wenige Schritte weg, fiel Wetzon ein Mann auf, der in ein Taxi stieg. Groß, linkisch, dünn... Brille, ziemlich kleiner Kopf... Leon Ostrow. »Leon«, rief sie. »Leon!« Die Autotür wurde zugeschlagen, und das Taxi fuhr los. Sie sah die dunklen Umrisse von zwei Köpfen auf dem Rücksitz. Nein. Sie mußte sich irren. Was hätte Leon in diesem Stadtteil zu dieser Tageszeit zu suchen?
    Buffie sah sie fragend an. »Ich dachte, ich hätte einen Bekannten gesehen«, erklärte Wetzon. »Hab’ mich wohl geirrt.«
    Buffie wohnte in einem alten vornehmen Hotel, das zu winzigen Apartments umgebaut worden war. Die Halle war klein und heruntergekommen, mit häßlicher falscher Holztäfelung, Linoleumböden, billigen modernen dänischen Möbeln. Ein Schild auf dem Tisch des Portiers besagte: ALLE BESUCHER MÜSSEN SICH ANMELDEN, doch der Portier glänzte durch Abwesenheit, während das Schaltbrett auf dem Tisch unbeaufsichtigt summte und blinkte.
    Hinten in der niedrigen Halle waren zwei Aufzüge. An einem hing ein Außer-Betrieb-Schild. Sie fuhren mit dem andern zum sechsten Stock hoch und gingen durch einen langen, schmalen Flur mit schummriger Deckenbeleuchtung und roter Tapete. Der Eingang zu Buffies Wohnung befand sich in einer besonders dunklen Nische. Als Buffie aufschließen wollte, bemerkte Wetzon etwas auf dem Boden, das zum Teil in der Tür eingeklemmt war. Sie bückte sich und zog es heraus. Es war eine schmale Seidenkrawatte mit mauvefarbigen Moosröschen, wie die, die Smith heute getragen hatte. Wetzon biß sich verblüfft auf die Lippe. Was zum Teufel ging hier vor?
    »Komisch.« Buffie trat von der Tür zurück.
    »Was ist

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