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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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komisch?«
    »Sie ist nicht abgeschlossen. Ich habe sie bestimmt abgeschlossen, als ich wegging...«
    »Sie waren aufgeregt. Vielleicht haben Sie es vergessen.« Zerstreut schlang Wetzön die Krawatte um den Schulterriemen ihrer Handtasche. Sie wollte das hier nur schnell hinter sich bringen und sich auf den Heimweg machen.
    »Kann sein«, pflichtete Buffie unsicher bei.
    Wetzon ging um sie herum und stieß die Tür auf. Ein ekelhafter Gestank schlug ihnen mit der Stärke eines Schmiedehammers entgegen, trieb sie zurück, so daß sie unabsichtlich zusammenstießen.
    »Um Gottes willen! Was ist das?« rief Buffie.
    Wetzon würgte. Es war ein Tiergeruch, aber nicht wie im Zoo, wie Buffie ihn beschrieben hatte. Es roch nach einem toten Tier — wie auf der Farm, wenn ihr Vater geschlachtet hatte... Sie konnte nicht weiterdenken.
    Buffie stand wie betäubt da. Sie stieß die Tür vorsichtig auf. Der Gestank war überwältigend. Die Wohnung war völlig auf den Kopf gestellt, Möbel umgekippt, Schubladen halb herausgerissen, ein unechter Orientteppich umgeschlagen, so daß er den fleckigen Holzboden freilegte.
    Die zwei Frauen hielten sich die Nase zu und betraten vorsichtig das Zimmer. In einer Türöffnung, vielleicht zum Schlafzimmer, entdeckte Wetzon eine braune Ledersandale. Die Sandale befand sich am Fuß einer Person, die unnatürlich verdreht in der Nähe der Schlafzimmertür lag. »Nein!« keuchte sie. Sie warf sich herum, versuchte instinktiv, Buffie, die hinter ihr war, die Sicht zu verstellen.
    »Georgie, mein Gott, Georgie!« schrie Buffie, starr vor Schreck. Sie hielt die Hände vors Gesicht und begann zu wimmern.
    Wetzon zwang sich hinzusehen. Georgies furchteinflößende Augen waren jetzt leer. Er schien in einer Unmenge von geronnenem braunem Schleim zu schwimmen... es war alles voll davon...Sie schluckte mühsam, hielt die Hand vor den Mund. Ein Arm war unnormal hinter ihm verdreht. Seine Hand umschloß den langen Holzgriff eines Fleischermessers, das halb aus dem Rücken Vorstand, als habe er versucht, es herauszuziehen. Ihr Magen verkrampfte sich. Geschlachtet, dachte sie. Der Geruch war gräßlich.
    »Wir müssen einen Krankenwagen rufen, die Polizei. Kommen Sie!« Wetzon riß Buffie fort, stieg über das Durcheinander auf dem Fußboden, schlug die Tür zu. Im Flur krümmte Buffie sich und übergab sich. Wetzon preßte die Lippen zusammen, um es ihr nicht gleichzutun. Sie mußte hier herauskommen. »Buffie«, flüsterte sie heiser. Das Lachen schien sie nicht zu hören. »Buffie«, flehte sie, »bitte, wir müssen nach unten und die Polizei rufen.« Das Mädchen war am Boden zerstört. Das flotte Haar hing herunter, die lustigen Ohrringe wirkten monströs, die ganze Aufmachung schlampig. Erbrochenes war auf die weißen Stiefel gespritzt.
    Wetzon, die sich fühlte, wie Buffie aussah, konnte sich nur daran festhalten, daß sie die Sache in die Hand nahm. Sie fuhren mit dem quietschenden Aufzug wieder in die Halle, wo immer noch nichts von einem Portier zu sehen war. Wetzon setzte Buffie auf das schwarz-weiße Tweedsofa, ging hinter den Schreibtisch und griff zum Telefon.
    »He! Sie! So geht das nicht!« schrie eine wütende Stimme. Ein dicker Mann in einem engen blauen T-Shirt kam aus einem Hinterzimmer. Der vermißte Portier. Sein feister Bauch hing über einer schmutzigen grauen Uniformhose. Wetzon sah ein speckiges graues Jacket, das zur Hose paßte, über der Stuhllehne hinter dem Tisch hängen.
    »Ich rufe die Polizei an«, sagte sie. »Oben ist jemand ermordet worden.«
    »Sind Sie übergeschnappt, Sie?« Als Wetzon nicht reagierte, wurde sein Gesicht weiß. »Sie meinen es ernst. Um Gottes willen. Ich hole lieber den Hausverwalter.«
    Sie holte tief Luft und sprach mit der Notrufvermittlung, nannte ihren Namen, Buffies Adresse und berichtete, was passiert war. Dann legte sie auf und setzte sich neben Buffie, um auf die Polizei zu warten. Es war eine Art Déjà-vu-Erlebnis. Sie war schon einmal hier gewesen. Alles verwandelte sich langsam in Treibsand. Wohin auch immer sie ihren schmalen spitzen Fuß setzte, sank sie tiefer und tiefer.
    Sie hatte plötzlich einen quälenden Gedanken. »Buffie«.fragte Wetzon, »wie konnte Georgie in Ihre Wohnung kommen?«
    Buffie machte ein miauendes Geräusch und sah sie wie betäubt an. »Er hatte einen Schlüssel. Alle hatten einen.« Sie miaute wieder und schwankte. Ihr Kopf rutschte auf Wetzons Schulter. Wetzon legte einen Arm um Buffie und hielt sie. In

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