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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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wachsam.
    Plötzlich blieb er abrupt stehen und sah sich um.
    Kurt Wallander stürzte sich kopfüber in einen Hauseingang. Er schlug mit der Stirn auf eine hervorstehende Treppenkante und fühlte, wie die Beule über seinem Auge aufplatzte. Blut lief über sein Gesicht. Er wischte es mit dem Handschuh ab, zählte bis zehn und setzte dann die Verfolgung fort. Das Blut klebte über dem Auge.
    Rune Bergman blieb vor einer Häuserfassade, die mit Sackleinen und einem Baugerüst verkleidet war, stehen. Wieder sah er sich um, und Kurt Wallander hockte sich hinter ein geparktes Auto.
    Dann war Bergman verschwunden.
    Kurt Wallander wartete, bis er die Tür zuschlagen hörte. Kurz danach ging in einem Zimmer im zweiten Stock das Licht an.
    Er lief über die Straße und drängte sich hinter die Sackleinen. Ohne zu überlegen, kletterte er auf den ersten Absatz des Baugerüsts.
    Es knarrte und knirschte, als er die Füße bewegte. Ununterbrochen wischte er das Blut, das am Auge klebte, weg. Dann stieg er auf den nächsten Absatz. Die erleuchteten Fenster waren nun einen guten Meter über seinem Kopf. Er nahm seinen Schal und wickelte ihn als provisorischen Verband um die Stirn.
    Danach kletterte er vorsichtig auf den nächsten Absatz. Von dieser physischen Anstrengung war er so ausgelaugt, daß er eine Minute auf dem Absatz liegen blieb, bevor er weiterklettern konnte. Vorsichtig kroch er über die kalten Planken, die mit abgekratztem Putz bedeckt waren. Er wagte gar nicht, daran zu denken, wie hoch über dem Boden er sich befand; ihm wäre dann sofort schwindlig geworden.
    |235| Vorsichtig lugte er über das Fensterbrett vor dem ersten erleuchteten Zimmer. Durch die dünnen Gardinen konnte er eine Frau sehen, die in einem Doppelbett lag und schlief. Die Decke neben ihr war so zur Seite geschlagen, als ob es jemand sehr eilig gehabt hatte aufzustehen.
    Er kroch weiter.
    Als er das nächste Mal über ein Fensterbrett guckte, sah er Rune Bergman, der dastand und mit einem Mann in einem dunkelbraunen Morgenrock redete.
    Kurt Wallander hatte das Gefühl, diesen Mann früher schon einmal gesehen zu haben.
    So gut hatte die junge Rumänin den Mann beschrieben, der auf dem Acker gestanden und einen Apfel gegessen hatte.
    Er fühlte, wie sein Herz pochte.
    Er hatte also recht gehabt. Es konnte niemand anderes sein.
    Die zwei Männer sprachen leise miteinander. Kurt Wallander konnte nicht verstehen, was sie sagten. Plötzlich verschwand der Mann im Morgenrock durch eine Tür. Gleichzeitig starrte Rune Bergman Kurt Wallander direkt an.
    Entdeckt, dachte er, als er den Kopf wegzog.
    Diese Schweine werden keine Sekunde zögern, mich zu erschießen.
    Er war vor Angst wie gelähmt.
    Ich werde sterben, dachte er verzweifelt. Die schießen mir meinen Kopf weg.
    Doch niemand kam, um ihm einen Kopfschuß zu verpassen. Zum Schluß wagte er, wieder hineinzusehen.
    Der Mann im Morgenrock stand da und aß einen Apfel.
    Rune Bergman hielt zwei Schrotflinten in seinen Händen. Die eine legte er auf den Tisch. Die andere steckte er unter seinen Mantel. Kurt Wallander wußte jetzt, daß er mehr als genug gesehen hatte. Er kehrte um und kroch denselben Weg zurück, den er gekommen war.
    Wie es dazu kam, würde er niemals erfahren.
    |236| Jedenfalls machte er einen Fehltritt in der Dunkelheit. Als er nach dem Baugerüst griff, war es ein Griff ins Leere.
    Dann fiel er.
    Es ging alles so schnell, daß er gar nicht dazu kam, an seinen baldigen Tod zu denken.
    Kurz über dem Boden blieb er mit einem Bein in einer Lücke zwischen zwei Planken hängen. Der Schmerz war fürchterlich, als der Ruck kam. Aber er hing fest, mit dem Kopf einen knappen Meter über dem Asphalt.
    Er versuchte, sich loszuwinden. Aber der Fuß war regelrecht festgekeilt. Er hing bloß da, ohne etwas tun zu können. Das Blut pochte in den Schläfen.
    Er hatte solche Schmerzen, daß ihm Tränen in die Augen traten.
    In diesem Augenblick hörte er, wie die Eingangstür zuschlug.
    Rune Bergman hatte die Wohnung verlassen.
    Wallander biß sich in die Knöchel, um nicht zu schreien.
    Durch das Sackleinen konnte er sehen, wie der Mann plötzlich stehenblieb. Direkt vor ihm.
    Er sah, wie etwas aufflammte.
    Der Schuß, fuhr es ihm durch den Kopf. Jetzt sterbe ich.
    Dann begriff er, daß Rune Bergman sich nur eine Zigarette angezündet hatte.
    Die Schritte entfernten sich.
    Er war nahe daran, durch das gestaute Blut im Kopf das Bewußtsein zu verlieren. Lindas Bild flimmerte vorbei.
    Mit einer

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