Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht
Zusammenfassung dessen, was während der Nacht geschehen war.
»Das ist ja ein Ding«, war Svedbergs Kommentar. »Ein Polizist?«
»Ein ehemaliger Polizist.«
»Wo hat er das Auto versteckt?«
»Das wissen wir noch nicht.«
»Aber das ist trotzdem hundertprozentig?«
»Ich denke schon.«
Björk und Anette Brolin trafen gleichzeitig im Polizeipräsidium ein. Björk, der vierundfünfzig Jahre alt war und ursprünglich aus Västmanland stammte, hatte einen Sonnenbrand, der ihm gut stand. Für Kurt Wallander war er immer die Verkörperung eines idealen Polizeichefs in einem mittelgroßen, schwedischen Polizeidistrikt gewesen. Er war freundlich, nicht übermäßig intelligent, aber gleichzeitig immer besorgt um den guten Namen und guten Ruf der Polizei.
Bestürzt betrachtete er Kurt Wallander.
»Mein Gott, wie siehst du denn aus?«
»Sie haben mich geschlagen«, antwortete Kurt Wallander.
»Dich geschlagen? Wer?«
»Die Kollegen. Das ist nämlich so, wenn man den Chef spielt. Da handelt man sich Prügel ein.«
Björk lachte.
Anette Brolin sah ihn auf eine Art und Weise an, die echtes Mitleid verriet.
»Das muß doch weh tun«, sagte sie.
»Es geht schon«, antwortete Kurt Wallander.
Er wandte das Gesicht ein wenig zur Seite, als er antwortete, weil er sich daran erinnerte, daß er vergessen hatte, sich die Zähne zu putzen.
Sie versammelten sich in Björks Büro.
Weil es keine schriftlichen Ermittlungsunterlagen gab, trug |241| Kurt Wallander die Angelegenheit mündlich vor. Sowohl Björk als auch Anette Brolin stellten eine Reihe von Fragen.
»Wenn jemand anderes als du mich am Sonntagmorgen mit so einer abenteuerlichen Geschichte aus dem Bett geholt hätte, würde ich ihm kein Wort glauben«, sagte Björk.
Dann wandte er sich an Anette Brolin.
»Können wir sie damit verhaften?« fragte er. »Oder sollen wir sie erst einmal nur zum Verhör herbringen?«
»Ich nehme das Ergebnis des Verhörs als Begründung für den Haftbefehl«, antwortete Anette Brolin. »Dann wäre es natürlich noch gut, wenn diese rumänische Frau den Mann aus Lund bei einer Gegenüberstellung identifizieren könnte.«
»Dafür brauchen wir aber einen Gerichtsbeschluß«, meinte Björk.
»Ja«, sagte Anette Brolin. »Aber wir können eine provisorische Gegenüberstellung machen.«
Kurt Wallander und Rydberg sahen sie interessiert an.
»Wir können sie aus dem Auffanglager herholen«, fuhr sie fort. »Dann können sie sich ja rein zufällig hier draußen im Flur treffen.«
Kurt Wallander nickte zustimmend. Anette Brolin war eine Staatsanwältin, die Per Åkesson in nichts nachstand, wenn es darum ging, eine großzügige Auslegung der bestehenden Regeln anzuwenden.
»Also gut«, sagte Björk. »Dann nehme ich Kontakt mit den Kollegen in Malmö und in Lund auf. Und in zwei Stunden schnappen wir sie uns. Um zehn.«
»Die Frau im Bett«, sagte Kurt Wallander. »Die in Lund?«
»Wir nehmen sie erst einmal mit«, meinte Björk. »Wie verteilen wir die Verhöre?«
»Ich will Rune Bergman haben«, sagte Kurt Wallander. »Rydberg kann mit dem anderen reden, mit dem, der immer Äpfel ißt.«
»Um drei entscheiden wir über die Haftbefehle«, sagte Anette Brolin. »Bis dahin bin ich zu Hause.«
|242| Kurt Wallander begleitete sie in die Empfangshalle hinaus.
»Ich wollte gestern eigentlich ein gemeinsames Abendessen vorschlagen«, sagte er. »Aber es kam wohl irgendwas dazwischen.«
»Es gibt ja noch mehr Abende«, antwortete sie. »Ich finde, das hast du gut gemacht. Wie bist du eigentlich darauf gekommen, daß er es war?«
»Sicher war ich mir da überhaupt nicht. Es war nur so ein Gefühl.«
Er sah ihr hinterher, als sie Richtung Stadt davonging. Ihm fiel auf, daß er nicht mehr an Mona gedacht hatte, seit sie an jenem Tag miteinander zu Abend gegessen hatten.
Dann ging alles sehr schnell.
Hansson wurde aus seiner Sonntagsruhe gerissen und beauftragt, die rumänische Frau und einen Dolmetscher zu holen.
»Die Kollegen klingen nicht sehr erfreut«, sagte Björk bekümmert. »Es ist nie sonderlich beliebt, jemanden aus den eigenen Reihen zu verhaften. Das wird uns einen düsteren Winter bescheren.«
»Wie meinst du das, düster?« fragte Kurt Wallander.
»Neue Angriffe auf die Polizei.«
»Aber er ist doch Frührentner?«
»Trotzdem. Die Zeitungen werden es überall herausposaunen, daß ein Polizist der Mörder war. Und das wird neue Angriffe auf die gesamte Polizei zur Folge haben.«
Gegen zehn kehrte Kurt
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