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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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abschütteln? Das Ganze schien eine unlösbare Aufgabe zu sein, aber plötzlich kam ihm eine Idee, die verwegen genug war, um Aussicht auf Erfolg zu haben. Er ging davon aus, daß sie nicht nur ihn überwachten. Für sie mußte es mindestens |290| genauso wichtig sein, ihm zu einem Treffen mit Baiba Liepa zu folgen, um dann im richtigen Augenblick an das Testament des Majors zu gelangen.
    Um seinen Plan durchführen zu können, befolgte er Veras Anweisungen nicht und stieg am Hotel »Latvija« aus. Ohne sich umzusehen, betrat er das Hotel, ging zur Rezeption und fragte, ob für ein oder zwei Nächte ein Zimmer frei wäre. Er sprach laut und deutlich englisch, und als der Portier antwortete, daß sie freie Zimmer hätten, legte er seinen deutschen Paß vor und schrieb sich als Gottfried Hegel ein. Er erklärte, sein Gepäck komme gerade, und sagte dann so laut, daß er nicht unglaubwürdig erschien, er wolle kurz vor Mitternacht geweckt werden, da er um diese Zeit ein wichtiges Telefongespräch erwarte und es nicht verschlafen wolle. Im Idealfall würde ihm das einen Vorsprung von vier Stunden einbringen. Da er kein Gepäck dabei hatte, nahm er selbst den Schlüssel entgegen und ging zum Aufzug. Er hatte ein Zimmer im vierten Stock bekommen, und jetzt durfte er nicht zögern, sondern mußte sofort handeln. Er rief sich ins Gedächtnis, wie die Hintertreppen des Hotels im Verhältnis zu den langen Korridoren lagen, und als er im vierten Stock aus dem Aufzug trat, wußte er sofort, wohin er gehen mußte. Er folgte der dunklen Hintertreppe und hoffte, daß es ihnen noch nicht gelungen war, das ganze Hotel zu überwachen. Er ging bis in den Keller hinunter und fand die Tür, die zur Rückseite des Hotels führte. Für den Bruchteil einer Sekunde fürchtete er, daß sie verschlossen sein würde, aber er hatte Glück, denn der Schlüssel steckte von innen im Schloß. Er trat in die dunkle Gasse hinaus, blieb einen Augenblick völlig regungslos stehen und schaute sich um, aber die Straße lag verlassen da, und nirgends konnte er eilige Schritte ausmachen. Er lief Häuserreihen entlang, bog in immer neue Querstraßen ab und blieb nicht eher stehen, bis er sich mindestens drei Blocks vom Hotel entfernt hatte. Da war er bereits außer Atem und versteckte sich in einem Hauseingang, um Luft zu holen und zu prüfen, ob ihm jemand folgte. |291| Er stellte sich vor, wie Baiba Liepa zur gleichen Zeit versuchte, die Schatten, die einer der Obersten ausgesandt hatte, abzuschütteln. Er war sich sicher, daß sie es schaffen würde, sie hatte den besten aller Lehrer gehabt, den Major.
    Kurz vor halb zehn hatte er die Gertrudkirche erreicht. Die riesigen Kirchenfenster waren dunkel, und er entdeckte einen Hinterhof, in dem er warten konnte. Von irgendwoher hörte er einen langgezogenen, trostlosen Wortschwall, der in einem Poltern und Heulen endete, anschließend war es beklemmend still. Er wippte mit den Füßen, um die Kälte abzuwehren, und versuchte, sich an das Datum zu erinnern. Auf der Straße fuhren einzelne Autos vorbei, und er war die ganze Zeit darauf vorbereitet, daß eins dieser Autos plötzlich bremsen und sie ihn dann in seinem Versteck zwischen den Mülltonnen entdecken würden.
    Das ungute Gefühl, daß sie ihn bereits aufgespürt hatten, kehrte zurück, und sein Versuch, sie durch die Buchung im Hotel »Latvija« abzuschütteln, erschien ihm nun vergeblich. War es ein Fehler gewesen, vorauszusetzen, daß die Frau mit den roten Lippen nicht im Auftrag der Obersten handelte? Vielleicht warteten sie in den Schatten des Friedhofs, warteten auf den Augenblick, in dem das Testament des Majors aus dem Versteck geholt werden würde? Er schob die Gedanken beiseite. Seine einzige Alternative war, zu einer schwedischen Vertretung zu fliehen, und er wußte genau, daß er das nicht konnte.
    Von der Kirchturmuhr erklangen zehn Schläge. Er verließ den Hinterhof, beobachtete aufmerksam die Straße und eilte dann zu dem kleinen Eisentor. Obwohl er es so vorsichtig wie möglich öffnete, war ein leises Quietschen zu hören. Einzelne Straßenlaternen warfen schwache Lichtbündel über die Kirchhofmauer. Er blieb bewegungslos stehen und horchte. Alles war still. Vorsichtig folgte er einem Trampelpfad zu dem Seitenschiff, durch das er beim letzten Mal zusammen mit Baiba Liepa die Kirche verlassen hatte. Wieder hatte er das Gefühl, |292| beobachtet zu werden, daß seine Beschatter irgendwo vor ihm waren, aber da er nichts anderes tun

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