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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zehn Minuten, bis Baiba zu ihrem alternativen Treffpunkt kommen sollte. Seine Angst hatte ihn nicht verlassen, aber er fühlte sich nun trotzdem sicherer, da er die Mappe nicht mehr bei sich trug. Er fuhr in die Möbelabteilung hinauf. Obwohl es noch früh war, sah er schon viele Kunden, die resigniert oder verträumt Polstergarnituren und Betten betrachteten. Wallander spazierte langsam in die Ecke der Abteilung, |326| in der Kücheneinrichtungen ausgestellt waren. Er wollte nicht zu früh kommen, wollte genau zur verabredeten Zeit am Treffpunkt erscheinen und blieb ein paar Minuten vor einem Regal mit Armaturen stehen, um die Zeit totzuschlagen. Sie hatten abgemacht, sich zwischen den ausgestellten Herden und Kühlschränken zu treffen, die ausnahmslos in der Sowjetunion hergestellt worden waren.
    Als er dort ankam, entdeckte er sie sofort. Sie sah sich einen Herd an, und Wallander registrierte unwillkürlich, daß er nur drei Kochplatten hatte. Im selben Augenblick spürte er, daß etwas nicht stimmte. Etwas war mit Baiba geschehen, er hatte es schon geahnt, als er am Morgen aufgewacht war. Seine Angst wurde größer und schärfte seine Sinne.
    In diesem Augenblick sah sie ihn. Sie lächelte ihm zu, aber ihre Augen verrieten ihre Angst. Wallander ging auf sie zu, ohne darauf zu achten, wo die Beschatter standen. Jetzt gab es für ihn nur eins, er mußte sich Klarheit verschaffen. Er stellte sich neben sie, und sie betrachteten gemeinsam einen blanken Kühlschrank.
    »Was ist passiert?« fragte er. »Erzähl nur das Wichtigste. Wir haben nicht viel Zeit.«
    »Nichts ist passiert«, antwortete sie. »Ich konnte nur die Universität nicht verlassen, sie wurde bewacht.«
    Warum lügt sie? dachte er fieberhaft. Warum soll ich es nicht wissen?
    »Hast du die Mappe gefunden?« fragte sie.
    Er zögerte, ob er die Wahrheit sagen sollte. Aber plötzlich hatte er all die Lügen endgültig satt.
    »Ja«, antwortete er. »Ich habe die Mappe. Mikelis war zuverlässig.«
    Sie warf ihm schnell einen Blick zu.
    »Gib sie mir«, sagte sie. »Ich weiß, wo wir sie verstecken können.«
    Da wußte Wallander, daß es nicht länger Baiba war, die sprach. Die Angst, die Gefahr ließen sie die Mappe fordern.
    |327| »Was ist denn nur passiert?« fragte er wieder, diesmal mit Nachdruck und einem zornigen Unterton.
    »Nichts«, wiederholte sie.
    »Lüg nicht«, sagte er und konnte nicht verhindern, daß seine Stimme lauter und schärfer wurde. »Ich werde dir die Mappe geben. Was geschieht, wenn du sie nicht bekommst?«
    Er sah, daß sie am Rande eines Zusammenbruchs war. Kipp jetzt nicht um, dachte er verzweifelt. Noch haben wir einen Vorsprung, solange sie nicht völlig sicher sein können, daß ich wirklich das Testament des Majors gefunden habe.
    »Upitis muß sterben«, flüsterte sie.
    »Wer hat damit gedroht?«
    Sie schüttelte abwehrend den Kopf.
    »Ich muß es wissen«, sagte er. »Es wird Upitis nicht schaden, wenn du es sagst.«
    Sie sah ihn verzweifelt an. Er packte ihren Arm und schüttelte sie.
    »Wer?« fragte er. »Wer?«
    »Sergeant Zids.«
    Er ließ ihren Arm los. Die Antwort machte ihn rasend. Sollte er niemals erfahren, welcher der beiden Obersten hinter allem steckte? Wo lag der Kern der Verschwörung?
    Plötzlich sah er, daß die Beschatter sich ihnen näherten. Sie schienen zu der Auffassung gelangt zu sein, daß die Unterlagen des Majors in seinem Besitz waren. Ohne nachzudenken zog er Baiba mit sich und rannte auf die Treppen zu. Upitis wird nicht als erster sterben, dachte er. Das werden wir, wenn wir nicht hier wegkommen.
    Ihre plötzliche Flucht hatte die Hundemeute überrascht und verwirrt. Er bezweifelte, daß sie es schaffen würden, aber sie mußten es zumindest versuchen. Er zerrte Baiba die Treppe hinunter, stieß gegen einen Mann, der nicht schnell genug zur Seite sprang, dann gelangten sie in die Konfektionsabteilung. Verkäufer und Kunden betrachteten erstaunt ihre hektische Flucht. Wallander stolperte über seine eigenen Füße und fiel |328| kopfüber in einen Ständer mit Anzügen. Als er an den Jacketts riß, brach der ganze Ständer zusammen. Bei dem Sturz hatte er sich mit der verletzten Hand abgestützt, und der Schmerz durchbohrte wie ein Messer seinen Arm. Ein Mann vom Aufsichtspersonal lief herbei und packte seinen Arm, aber zu diesem Zeitpunkt hatte Wallander bereits keine Skrupel mehr. Mit der gesunden Hand schlug er der Aufsicht mitten ins Gesicht, und dann zog er Baiba weiter, in der

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