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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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es sehr kalt in Riga.«
    Oberst, dachte Wallander. Für ihn ist es natürlich völlig ausgeschlossen, daß der schwedische Polizist einen niedrigeren Rang als Putnis und Murniers haben könnte. Der Gedanke belustigte ihn. Doch wahrscheinlich gab es nichts, an das man sich schneller gewöhnen konnte, als an Privilegien: ein eigenes Auto, einen Chauffeur, Respekt.
    Sergeant Zids fuhr schnell durch die menschenleeren Straßen. Wallander war überhaupt nicht müde. Der Gedanke an das kalte Hotelzimmer erschreckte ihn eher.
    »Ich bin hungrig«, sagte er zu dem Sergeant. »Bringen Sie mich zu einem guten Restaurant, das nicht zu teuer ist.«
    »Das Restaurant im Hotel ›Latvija‹ ist am besten«, antwortete Zids.
    »Da bin ich schon gewesen«, sagte Wallander.
    »Es gibt kein anderes Restaurant in Riga, in dem man genauso gut essen kann«, sagte Zids, während er gleichzeitig von einer Straßenbahn, die um eine Ecke rumpelte, zu einer Vollbremsung gezwungen wurde.
    »Es muß doch mehr als ein gutes Restaurant in einer Stadt geben, die eine Million Einwohner hat«, versuchte Wallander es noch einmal.
    |123| »Das Essen ist nirgendwo gut«, erwiderte der Sergeant. »Außer im Hotel ›Latvija‹.«
    Ich soll also auf jeden Fall dorthin, dachte Wallander und sank in seinen Sitz zurück. Vielleicht hat er ja Befehl, mich nicht in der Stadt herauszulassen? Einen Chauffeur zu haben, bedeutete offensichtlich mehr Unfreiheit als Freiheit.
    Zids hielt vor dem Hotel. Bevor Wallander auch nur die Hand nach der Tür ausstrecken konnte, wurde sie schon vom Sergeanten geöffnet. »Um welche Uhrzeit soll ich den Oberst morgen abholen?« fragte er.
    »Um acht wäre es mir recht«, antwortete Wallander.
    Das große Foyer erschien Wallander inzwischen noch trostloser als vor ein paar Stunden, als er es verlassen hatte. Von irgendwoher hörte er entfernte Musik. Er ließ sich vom Portier den Schlüssel geben und fragte, ob der Speisesaal geöffnet sei. Der Portier, der schwere Augenlider hatte und dessen Blässe ihn an Oberst Murniers erinnerte, nickte. Wallander nutzte die Gelegenheit, um zu fragen, woher die Musik kam.
    »Wir haben ein Varieté«, antwortete der Portier düster.
    Als Wallander die Rezeption verließ, entdeckte er den Mann, der mit ihm im Speisesaal gewesen und Tee getrunken hatte. Jetzt saß er auf einem zerschlissenen Ledersofa, in eine Zeitung versunken. Wallander war sicher, daß es derselbe Mann war.
    Ich werde überwacht, dachte er. Wie in den schlechtesten Spionageromanen aus der Zeit des Kalten Kriegs sitzt dort ein Mann in einem grauen Anzug und tut so, als würde er nichts sehen. Was glauben Putnis und Murniers eigentlich, was ich hier anstelle?
    Der Speisesaal war immer noch fast leer. An einem abseits liegenden, langen Tisch saßen dunkel gekleidete Herren und führten eine gedämpfte Unterhaltung. Wallander wurde zu seinem Erstaunen an den gleichen Tisch wie zuvor geführt. Er aß Gemüsesuppe und ein zu lange gebratenes, zähes Kotelett. Das lettische Bier dagegen war sehr gut. Weil er sich rastlos fühlte, verzichtete er auf den Kaffee, bezahlte und verließ den |124| Speisesaal, um sich auf die Suche nach dem Nachtclub des Hotels zu begeben. Der Mann im grauen Anzug saß immer noch auf dem Sofa.
    Wallander hatte das Gefühl, sich in einem Labyrinth zu befinden. Verschiedene Treppen, die nirgendwohin zu führen schienen, brachten ihn in den Speisesaal zurück. Er versuchte sich an der Musik zu orientieren und entdeckte schließlich ein beleuchtetes Schild am Ende eines dunklen Korridors. Ein Mann, der etwas sagte, was Wallander nicht verstand, öffnete ihm die Tür. Wallander betrat eine schummrig beleuchtete Bar. Der Kontrast zu dem verlassenen Speisesaal war überwältigend. Die Bar war voller Menschen. Hinter einem Vorhang, der die Bar von der Tanzfläche trennte, spielte scheppernd eine Tanzcombo. Wallander meinte, ein ABB A-Lied zu erkennen. Die Luft war schlecht, und er erinnerte sich wieder an den Geruch, den die starken Zigaretten des Majors verströmt hatten. Er entdeckte einen leeren Tisch in der Bar und schob sich durch das Gedrängel. Die ganze Zeit über hatte er das Gefühl, daß ihm viele Augenpaare folgten. Er wußte, daß er vorsichtig sein sollte. Die Nachtclubs in osteuropäischen Ländern waren oft ein Tummelplatz für Banden, die Besucher aus dem Westen ausnahmen.
    Es gelang ihm, über den Lärm hinweg einem Kellner seine Bestellung zuzurufen, und wenige Minuten später stand ein Glas

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