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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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sie zu fragen, ob sie nicht mitkommen wolle. Die Zeit verging schnell, und es war nach Mitternacht, als er schließlich die Rechnung zahlte. Obwohl es kalt war, gingen sie zu Fuß zum Hotel zurück. Dann saßen sie auf seinem Zimmer und redeten bis kurz nach drei. Als sie schließlich in ihr Zimmer ging, fand Wallander, daß sie trotz des mißglückten Beginns einen schönen Abend verlebt hatten. Aber ganz sicher war er nicht. Er konnte sich nicht völlig von der dumpfen Sorge frei machen, die er verspürte, wenn er an die ungewisse Zukunft seiner Tochter dachte.
    |118| Als er das Hotel am nächsten Morgen verließ, schlief sie noch. Er bezahlte ihr Zimmer und schrieb einen kurzen Brief, den der Portier ihr zu geben versprach.
     
    Er wurde aus seinen Träumereien gerissen, als das schweigsame alte Paar den Speisesaal verließ. Es waren keine neuen Gäste eingetroffen. Übriggeblieben war nur noch der einsame Mann mit seiner Teetasse. Er sah auf die Uhr. Er hatte noch fast eine Stunde, bis Oberst Putnis ihn abholte.
    Er bezahlte die Rechnung, überschlug anhand des Wechselkurses grob den Preis und stellte fest, daß das Essen ungeheuer billig war. Als er auf sein Zimmer zurückgekehrt war, ging er einen Teil der Unterlagen durch, die er mitgebracht hatte. Er merkte, daß er langsam wieder in den Fall eintauchte, in jenen Fall, den er für alle Zeit dem Vergessen der Archive ausgeliefert geglaubt hatte. Der Geruch der starken Zigaretten des Majors stieg ihm wieder in die Nase.
    Um Viertel nach sieben klopfte Oberst Putnis an seine Tür. Durch die dunkle Stadt fuhren sie zum Hauptquartier der Rigaer Polizei. Nur wenige Menschen waren auf den Straßen zu sehen. Im Laufe des Abends war es schnell kälter geworden. Die Straßen und Plätze der Stadt waren schlecht beleuchtet, und Wallander überkam das Gefühl, durch eine Stadt zu fahren, die aus Scherenschnittkulissen und Schattenbildern bestand. Sie fuhren durch eine überdachte Toreinfahrt und hielten auf einem Platz, der einem Burghof glich. Oberst Putnis war während der Fahrt ausgesprochen wortkarg gewesen, und Wallander wartete weiterhin darauf zu erfahren, warum er sich eigentlich in Riga befand. Sie gingen durch hallende, verlassene Korridore, eine Treppe hinab und noch einen Korridor entlang. Schließlich blieb Oberst Putnis vor einer Tür stehen, die er öffnete, ohne vorher zu klopfen.
    Kurt Wallander betrat einen großen und warmen, aber schlecht beleuchteten Raum. Ein ovaler Konferenztisch mit einer grünen Decke war das dominierende Möbelstück. Zwölf |119| Stühle standen um den Tisch herum. Mitten auf der grünen Decke standen eine Wasserkaraffe und ein paar Gläser.
    Ganz hinten im Halbdunkel wartete ein Mann. Als Wallander den Raum betrat, wandte er sich um und kam ihm entgegen.
    »Willkommen in Riga«, sagte der Mann. »Mein Name ist Juris Murniers.«
    »Oberst Murniers und ich tragen gemeinsam die Verantwortung für die Aufklärung des Mordes an Major Liepa«, sagte Putnis.
    Wallander spürte sofort eine Spannung zwischen den beiden Obersten. Etwas in Putnis’ Tonfall hatte ihn verraten. In dem kurzen Dialog schwang noch etwas anderes mit, aber Wallander kam nicht darauf, was es war.
    Oberst Murniers war etwa fünfzig. Er hatte kurzgeschnittenes, graues Haar. Sein Gesicht war blaß und aufgedunsen, so als leide er an Diabetes. Er war kurzgewachsen, und Wallander fiel auf, daß er sich vollkommen lautlos bewegte.
    Noch eine Katze, dachte er. Zwei Oberste, zwei Katzen, beide in grauer Uniform.
    Wallander und Putnis legten ihre Mäntel ab und setzten sich an den Tisch. Die Wartezeit ist vorbei, dachte er. Was geschah mit Major Liepa? Jetzt werde ich es erfahren.
    Es war Murniers, der das Wort ergriff. Wallander fiel auf, daß fast sein ganzes Gesicht im Schatten lag. Die Stimme, die in wohlformuliertem und wortreichem Englisch zu ihm sprach, schien aus einer unendlichen Dunkelheit zu kommen. Oberst Putnis saß da und starrte vor sich hin, als versuche er erst gar nicht zuzuhören.
    Aber Kurt Wallanders Warten nahm endlich ein Ende, und er erfuhr, welches Schicksal den Major ereilt hatte.
    »Das Ganze ist äußerst rätselhaft«, sagte Murniers. »Am Tag seiner Rückkehr aus Stockholm erstattete er Oberst Putnis und mir mündlich Bericht. Wir saßen in diesem Zimmer und diskutierten den Fall. Major Liepa sollte die Verantwortung |120| für die weiteren Ermittlungen hier im Land übernehmen. Wir brachen gegen fünf Uhr von hier auf. Später haben wir

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