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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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ich betrunkener wurde als er. Wenn es das ist, worauf Sie hinauswollen?«
    »Trotzdem scheinen Sie sich sehr gut an diesen Abend erinnern zu können?«
    |156| »Wir haben Musik gehört, mit den Gläsern in der Hand dagesessen, uns unterhalten, geschwiegen. Warum sollte ich mich nicht mehr daran erinnern können?«
    »Sie haben natürlich über diese Männer gesprochen, die an Land getrieben wurden?«
    »Soweit ich mich erinnern kann, nicht. Die meiste Zeit hat Major Liepa von Lettland erzählt. Am gleichen Abend habe ich übrigens erfahren, daß er verheiratet war.«
    Wallander bemerkte, daß sich etwas im Raum veränderte. Upitis betrachtete ihn nun forschend, und der Fahrer hatte fast unmerklich seine Haltung auf dem Stuhl verändert. Er vertraute fest seiner Intuition, und ihm wurde klar, daß sie soeben den Punkt des Gesprächs hinter sich gelassen hatten, dem sich Upitis die ganze Zeit genähert hatte. Aber was war es? Vor seinem inneren Auge konnte er den Major auf dem Sofa sitzen sehen, das schmucklose Glas auf dem Knie abgesetzt, der Musik lauschend, die aus den Lautsprechern im Bücherregal kam.
    Aber es mußte noch etwas anderes gegeben haben, das dazu geführt hatte,
Herrn Eckers
als Scheinidentität für einen schwedischen Polizeibeamten zu schaffen.
    »Sie haben Major Liepa bei seiner Abreise ein Buch geschenkt?«
    »Ich habe einen Bildband über Schonen gekauft, etwas phantasielos vielleicht. Aber mir fiel einfach nichts Besseres ein.«
    »Major Liepa wußte das Geschenk zu schätzen.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Seine Frau hat es mir gesagt.«
    Jetzt sind wir wieder auf dem Rückweg, dachte Wallander. Diese Fragen dienen nur noch dazu, uns vom Wesentlichen zu entfernen.
    »Haben Sie früher schon einmal mit einem Polizisten aus einem osteuropäischen Land zusammengearbeitet?«
    »Einmal war ein polnischer Beamter bei uns. Das ist alles.«
    Upitis schob den Notizblock zur Seite. Er hatte sich während des Gesprächs keine einzige Notiz gemacht. Aber Wallander |157| war sicher, daß Upitis herausgefunden hatte, was er wissen wollte. Aber was, dachte er. Was ist nur so wichtig? Was sage ich, ohne mir dessen bewußt zu sein?
    Wallander trank noch einen Schluck Tee, der inzwischen kalt war. Jetzt bin ich an der Reihe, dachte er. Jetzt muß ich dieses Gespräch um seine eigene Achse drehen.
    »Warum mußte der Major sterben?« fragte er.
    »Major Liepa machte sich große Sorgen um die Lage in unserem Land«, antwortete Upitis langsam. »Wir sprachen oft darüber, was man tun könnte.«
    »Ist er deshalb gestorben?«
    »Warum sollte er sonst ermordet worden sein?«
    »Das ist keine Antwort. Das ist eine neue Frage.«
    »Wir fürchten, daß es so war.«
    »Wer hätte Grund gehabt, ihn zu töten?«
    »Erinnern Sie sich bitte daran, was ich eben gesagt habe. Über Menschen, die die Freiheit fürchten.«
    »Und Messer wetzen im Schutz der Dunkelheit?«
    Upitis nickte langsam. Wallander versuchte nachzudenken, alles Gehörte zu verarbeiten.
    »Wenn ich das Ganze richtig verstanden habe, dann sind Sie Teil einer Organisation«, sagte er.
    »Eher eines losen Rings. Eine Organisation läßt sich viel zu leicht aufspüren und zerschlagen.«
    »Was wollen Sie?«
    Upitis schien zu zögern. Wallander wartete.
    »Wir sind freie Menschen, Herr Wallander, inmitten dieser Unfreiheit. Wir sind frei, weil wir die Möglichkeit haben zu erkennen, was um uns herum in Lettland geschieht. Vielleicht sollte ich hinzufügen, daß die meisten von uns Intellektuelle sind. Journalisten, Forscher, Dichter. Vielleicht sind wir der Kern einer sich formierenden politischen Bewegung, die dieses Land vor dem Untergang bewahren könnte. Falls das Chaos über uns hereinbricht, falls die Sowjetunion militärisch eingreift, falls sich der Bürgerkrieg nicht verhindern läßt.«
    |158| »Major Liepa war einer von Ihnen?«
    »Ja.«
    »Ein Anführer?«
    »Wir haben keine Anführer, Herr Wallander. Aber Major Liepa war ein wichtiges Mitglied unseres Kreises. In seiner Position hatte er einen immensen Überblick. Wir glauben, daß er verraten wurde.«
    »Verraten?«
    »Die Polizei in diesem Land ist völlig in den Händen der Besatzungsmacht. Major Liepa bildete da eine Ausnahme. Er trieb ein Doppelspiel mit seinen Kollegen und ging ein hohes Risiko ein.«
    Wallander dachte nach. Er erinnerte sich an etwas, das einer der Obersten gesagt hatte.
Wir sind darin geübt, uns gegenseitig zu überwachen.
    »Wollen Sie damit sagen, daß jemand aus den

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