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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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einige Opernaufnahmen mit russischen Sängern und Orchestern, die sehr billig waren. Außerdem kaufte er ein paar ebenfalls günstige Kunstbildbände. Wem er was schenken würde, wußte er noch nicht genau. Seine Einkäufe wurden verpackt, und der Sergeant lotste ihn geschickt zwischen verschiedenen Kassen hin und her. Das Ganze war so umständlich, daß Wallander anfing zu schwitzen.
    Als sie wieder auf die Straße hinaustraten, schlug Wallander ohne Zögern vor, im Hotel »Latvija« zu essen. Der Sergeant nickte zufrieden, als hätte er nun die Bestätigung dafür bekommen, daß seine Botschaft endlich Gehör gefunden hatte.
    Wallander ging mit den Paketen in sein Zimmer hinauf. Er zog die Jacke aus und wusch sich im Bad die Hände. Er hoffte inständig, daß das Telefon klingeln und jemand nach
Herrn Eckers
fragen würde. Aber es rief niemand an, und er schloß wieder ab und fuhr mit dem langsamen Aufzug ins Erdgeschoß hinab. Obwohl Sergeant Zids dabei war, hatte er den Portier nach Nachrichten gefragt, als er seinen Schlüssel holte. Der Portier hatte den Kopf geschüttelt. Er schaute sich im Foyer nach seinen Beschattern um. Nichts. Sergeant Zids hatte er, in der Hoffnung, dadurch einen anderen Tisch zugewiesen zu bekommen, bereits in den Speisesaal geschickt.
    Plötzlich entdeckte er eine Frau, die ihm zuwinkte. Sie saß hinter einem Tresen, an dem Zeitungen und Ansichtskarten verkauft wurden. Er sah sich um und überzeugte sich, daß sie wirklich ihm zuwinkte. Dann ging er zu ihr.
    »Möchte Herr Wallander ein paar Ansichtskarten kaufen?« fragte sie.
    »Nein, danke, im Moment nicht«, antwortete Wallander und fragte sich, woher sie seinen Namen kannte.
    Die Frau hinter dem Tresen trug ein graues Kleid und war ungefähr fünfzig. In einem ungeschickten Versuch, ihr Äußeres vorteilhaft zu gestalten, hatte sie ihre Lippen knallrot geschminkt, und Wallander überlegte, daß ihr eine aufrichtige Freundin fehlte, die ihr sagte, daß ihr die Farbe nicht stand.
    |182| Sie hielt ihm ein paar Ansichtskarten entgegen.
    »Sind die nicht schön?« fragte sie. »Bekommen Sie da gar keine Lust, mehr von unserem Land zu sehen?«
    »Ich befürchte, daß ich dazu leider keine Zeit habe«, sagte er. »Sonst würde ich sehr gern eine Rundreise unternehmen.«
    »Für ein Orgelkonzert werden Sie doch Zeit haben«, entgegnete die Frau. »Wo Sie doch klassische Musik so sehr mögen, Herr Wallander.«
    Er zuckte unmerklich zusammen. Wie konnte sie seinen Musikgeschmack kennen? Das stand nicht in seinem Paß.
    »In der Gertrudkirche findet heute abend ein Orgelkonzert statt«, fuhr sie fort. »Es beginnt um sieben Uhr. Ich habe Ihnen eine Wegbeschreibung gezeichnet, falls Sie hingehen möchten.«
    Sie hielt ihm die Wegbeschreibung entgegen, und er sah, daß auf der Rückseite mit Bleistift
Herr Eckers
stand.
    »Bei dem Konzert ist der Eintritt frei«, sagte die Frau, als er in der Brusttasche seines Jacketts nach seinem Portemonnaie suchte.
    Wallander nickte und steckte die Wegbeschreibung in die Tasche. Er kaufte ein paar Ansichtskarten und ging danach in den Speisesaal.
    Diesmal würde er Baiba Liepa treffen.
    Sergeant Zids winkte ihm zu. Wieder derselbe Tisch. Es waren ungewöhnlich viele Menschen im Restaurant. Ausnahmsweise schienen alle Kellner vollauf beschäftigt zu sein.
    Wallander setzte sich und zeigte seine Ansichtskarten.
    »Wir leben in einem sehr schönen Land«, sagte Sergeant Zids.
    In einem unglücklichen Land, dachte Wallander. Verletzt, zerfleischt wie ein waidwundes Tier.
    Heute abend werde ich einen Vogel mit angeschossenen Flügeln treffen.
    Baiba Liepa.

|183| 11
    Gegen halb sechs verließ Kurt Wallander das Hotel. Ihm war klar, daß es ihm nie gelingen würde, seine Beschatter abzuschütteln, wenn er es im Laufe der nächsten Stunde nicht schaffte. Nachdem er sich von Sergeant Zids verabschiedet hatte – er hatte ihm gesagt, er habe noch Schreibarbeiten zu erledigen und tue dies lieber im Hotel als im Büro   –, widmete er sich der Überlegung, wie er seine Beschatter abschütteln konnte.
    Er hatte keine Erfahrung darin, beschattet zu werden. Äußerst selten hatte er selbst Verdächtige beschattet. Er durchforstete sein Gedächtnis nach ein paar klugen Worten von Rydberg über die schwere Kunst des Beschattens. Aber er konnte sich nicht erinnern, jemals von ihm etwas Entscheidendes über einen erfolgreich durchgeführten Überwachungsauftrag gehört zu haben. Ihm war klar, daß er sich in einer

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