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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Beweise hätten. Aber daß der Major selbst deutlich gemacht habe, daß er sich bedroht fühlte.«
    »Bedroht von wem?«
    »Von jemandem innerhalb der Polizei. Vielleicht auch vom KGB.«
    |225| »Warum sollte er bedroht worden sein?«
    »Aus dem gleichen Grund, aus dem kriminelle Kreise in Riga der Meinung gewesen seien, daß er liquidiert werden müßte. Man kann darin natürlich einen Zusammenhang sehen.«
    »Was für einen Zusammenhang?«
    »Man könnte sagen, daß Upitis zweimal recht hatte. Obwohl er einmal gelogen haben muß.«
    Murniers erhob sich unwirsch von seinem Stuhl.
    Wallander dachte, daß er, der schwedische Polizeibeamte, zu weit gegangen war, eine ihm unbekannte Grenze übertreten hatte. Aber Murniers sah ihn fast flehentlich an.
    »Oberst Putnis muß dies erfahren«, sagte Murniers.
    »Ja«, erwiderte Wallander. »Das muß er.«
    Murniers griff nach dem Telefon, und zehn Minuten später kam Putnis zur Tür herein. Wallander kam nicht dazu, sich für das Abendessen zu bedanken, bevor Murniers auch schon auf lettisch, erregt und schnell wiedergab, was Wallander gerade über sein Zusammentreffen mit Upitis berichtet hatte. Wallander war sicher, daß Putnis’ Gesicht ihn verraten würde, ob er in der Nacht im Dunkeln in der Jagdhütte gestanden hatte. Aber Putnis’ Gesicht blieb stumm. Wallander konnte die erhofften Anzeichen nicht erkennen. Er versuchte, eine plausible Erklärung für Upitis’ falsches Geständnis zu finden, aber alles war so verwirrend und unklar, daß er aufgab.
    Putnis reagierte vollkommen anders als Murniers.
    »Warum haben Sie mir nicht erzählt, daß Sie diesen Verbrecher Upitis getroffen haben?« fragte er.
    Darauf wußte Wallander keine Antwort. Er begriff, daß er in Oberst Putnis’ Augen das Vertrauen verspielt hatte, das er bisher genossen hatte. Gleichzeitig dachte er darüber nach, ob es wirklich nur ein Zufall war, daß er gerade an dem Abend bei Putnis zum Essen eingeladen war, an dem Upitis angeblich sein Geständnis abgelegt hatte. Gab es in einer totalitären Gesellschaft überhaupt Zufälle? Hatte Putnis nicht gesagt, daß er es vorzog, seine Verdächtigen alleine zu verhören?
    |226| Putnis’ Erregung verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Er lächelte schon wieder und legte seine Hand auf Wallanders Schulter.
    »Der Schmetterlingssammler und Dichter Upitis ist ein verschlagener Herr«, sagte er. »Es ist natürlich ein äußerst raffinierter Einfall, den Verdacht von sich selbst abzulenken, indem man einen schwedischen Polizisten aufsucht, der sich nur für kurze Zeit in Riga aufhält. Aber Upitis’ Geständnis entspricht natürlich trotzdem der Wahrheit. Ich habe nur darauf gewartet, daß sein Widerstand zusammenbricht. Der Mord an Major Liepa ist aufgeklärt. Deshalb gibt es für Sie auch keinen Grund mehr, sich damit zu belasten und noch länger hier in Riga zu bleiben. Ich werde unverzüglich Ihre Heimreise arrangieren lassen. Auf offiziellem Weg werden wir natürlich einen Dank an das Schwedische Außenministerium entsenden.«
    Erst in diesem Moment, in dem Wallander begriff, daß sein Aufenthalt in Lettland schon bald beendet sein würde, wurde ihm klar, wie diese ungeheure Verschwörung zusammenhängen mußte.
    Er sah nicht nur ihre Ausmaße und die raffinierte Mischung aus Wahrheiten und Lügen, falschen Spuren und tatsächlichen Zusammenhängen und Ursachen. Er begriff vor allem auch, daß Major Liepa wirklich der erfahrene und ehrenhafte Polizist gewesen war, für den er ihn die ganze Zeit gehalten hatte. Er verstand Baiba Liepas Angst ebenso gut wie ihren Trotz. Auch wenn er nun gezwungen sein würde, die Heimreise anzutreten, mußte er sie noch einmal sehen. Das war er ihr schuldig, er hatte auch das Gefühl, dem toten Major noch etwas schuldig zu sein.
    »Natürlich fahre ich nach Hause«, sagte er. »Aber ich bleibe noch bis morgen. Ich habe bisher viel zuwenig Zeit gehabt, mir diese schöne Stadt anzusehen. Das habe ich nicht zuletzt gestern begriffen, als ich mit Ihrer Frau gesprochen habe.«
    Bis auf die letzten Worte, die an Oberst Putnis gerichtet waren, hatte er zu beiden Obersten gesprochen.
    |227| »Sergeant Zids ist ein ausgezeichneter Reiseführer«, fuhr er fort. »Ich hoffe, mich seiner Dienste noch für den Rest des Tages bedienen zu dürfen, auch wenn meine Arbeit hier beendet ist.«
    »Selbstverständlich«, entgegnete Murniers. »Wir sollten vielleicht feiern, daß diese rätselhafte Geschichte aufgeklärt wurde. Es wäre

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