Wallander 03 - Die weisse Löwin
wertvolle Tiere verschwunden waren. Am Abend hatten sie noch in ihren Boxen gestanden. Am Morgen, als eines der Stallmädchen gegen halb sechs die Tore öffnete, waren die Boxen leer gewesen.
Er sah auf die Uhr und entschloß sich, zum Gestüt hinauszufahren. Nachdem er mit drei Pferdepflegern und dem persönlichen Repräsentanten des Eigentümers gesprochen hatte, war Wallander geneigt zu glauben, daß das Ganze sehr wohl ein raffinierter Versicherungsbetrug sein konnte. Er machte sich ein paar Notizen und teilte mit, daß er wiederkommen werde.
Auf dem Weg nach Ystad hielt er bei Fars Hatt und trank Kaffee.
Er dachte zerstreut darüber nach, ob es wohl in Afrika Galopper gab.
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Sikosi Tsiki kam am Mittwoch, dem 13. Mai, nach Schweden.
Bereits am selben Abend teilte ihm Konovalenko mit, daß er im südlichen Teil des Landes bleiben sollte. Hier würde er vorbereitet werden, von hier aus würde er das Land auch wieder verlassen. Als Konovalenko von Jan Kleyn erfahren hatte, daß der Ersatzmann auf dem Weg war, hatte er erwogen, die notwendige Verlegung in die Umgebung von Stockholm zu organisieren. Es gab viele Möglichkeiten, besonders in der Nähe von Arlanda, wo der Krach der startenden und landenden Flugzeuge die meisten Geräusche erstickte. Dort würde das notwendige Einschießen des Gewehrs stattfinden können. Außerdem hatte er das Problem mit Victor Mabasha und dem schwedischen Polizisten, den er langsam zu hassen begann. Wenn sie sich in Stockholm aufhielten, mußte er bleiben, bis beide liquidiert waren. Konovalenko durfte auch nicht ignorieren, daß die allgemeine Wachsamkeit im Lande größer war, nachdem er den Polizisten getötet hatte. Aus Sicherheitsgründen beschloß er, an zwei Fronten gleichzeitig zu agieren. Während er Tania bei sich in Stockholm behielt, schickte er Rykoff erneut in den südlichen Landesteil, um ein geeignetes Haus in abgelegener Gegend ausfindig zu machen. Rykoff hatte auf eine Stelle der Karte getippt, die nördlich von Schonen lag und Småland hieß, und behauptet, dort sei es bedeutend einfacher, einsam gelegene Höfe zu finden. Aber Konovalenko wollte in der Nähe von Ystad sein. Wenn sie Victor Mabasha und den Polizisten nicht in Stockholm erwischten, würden die beiden doch früher oder später in Wallanders Heimatstadt auftauchen. Dessen war er sich genauso sicher wie der Tatsache, daß eine unvorhergesehene Verbindung zwischen dem schwarzen Mann und Wallander entstanden war. Es fiel ihm schwer, sich vorzustellen, worauf das hinauslaufen konnte. Aber er war immer mehr davon überzeugt, daß sie sich nahe beieinander aufhalten würden. Wenn er einen von beiden ausfindig machte, würde er auf den anderen nicht lange warten müssen.
|320| Im Touristenbüro von Ystad mietete Rykoff ein Haus im Nordosten der Stadt, in Richtung Tomelilla. Die Lage des Hauses war nicht ideal. Aber zum Grundstück gehörte eine stillgelegte Kiesgrube, die für Schießübungen geeignet war. Da Konovalenko entschieden hatte, daß Tania diesmal mitkommen sollte, wenn diese Alternative aktuell wurde, brauchte Rykoff den Tiefkühlschrank nicht mit Fertiggerichten zu füllen. Statt dessen hatte er seine Wartezeit auf Befehl Konovalenkos damit verbracht, Wallanders Wohnung ausfindig zu machen und zu überwachen. Er hatte getan, was ihm aufgetragen worden war. Aber Wallander zeigte sich nicht. Am Tag vor Sikosi Tsikis Ankunft, am Dienstag, dem 12. Mai, hatte Konovalenko beschlossen, in Stockholm zu bleiben. Obwohl keiner von all denen, die er ausgeschickt hatte, um nach Victor Mabasha zu suchen, den Mann gesehen hatte, war Konovalenko ein bestimmtes Gefühl nicht losgeworden, daß er sich noch in der Stadt aufhielt. Er konnte sich auch nur schwer vorstellen, daß ein so offensichtlich vorsichtiger und vorausschauender Polizist wie Wallander allzu zeitig in seine Wohnung zurückkehren würde, mußte er doch vermuten, daß sie unter Beobachtung stand.
Dennoch war es dort, wo Rykoff ihn schließlich entdeckte, kurz nach fünf am Dienstag nachmittag. Die Tür ging auf und Wallander kam heraus. Er war allein, und der im Auto sitzende Rykoff hatte sofort gemerkt, daß er auf der Hut war. Er machte sich zu Fuß auf den Weg, und Rykoff war klar, daß er sich sofort verraten würde, wenn er ihm im Wagen folgte. Also war er noch auf seinem Posten, als sich die Tür zehn Minuten später wieder öffnete. Rykoff erstarrte. Diesmal kamen zwei Personen aus dem Haus, ein junges Mädchen, das
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