Wallander 03 - Die weisse Löwin
Seite.
»Da steht nichts darüber, welche Waffen er verwenden soll«, sagte er.
»Konovalenko hat ihn mit einem Gewehr mit großer Reichweite vorbereitet. Eine exakte Kopie ist in dem unterirdischen Lager in Hammanskraal.«
Franz Malan nickte.
»Weitere Fragen?«
»Nein.«
Dann telefonierten sie. Jan Kleyn verfügte in seiner Villa über drei Anschlüsse. Nun gingen Signale in verschiedene Teile Südafrikas hinaus. Verschlafene Männer griffen nach dem Hörer und waren augenblicklich hellwach. Einige wurden unruhig, als sie hörten, was los war, andere nahmen nur zur Kenntnis, was von jetzt an galt. Einigen fiel es schwer, wieder einzuschlafen, andere brauchten sich nur umzudrehen.
Das Komitee war aufgelöst worden. Es hatte nie existiert, da es spurlos verschwunden war. Übrig blieb lediglich das Gerücht seiner Existenz. Aber es würde in sehr kurzer Zeit wieder entstehen können. Zur Zeit wurde es nicht gebraucht und bildete außerdem eine Gefahr. Aber die Bereitschaft der Mitglieder zu der in ihren Augen einzig möglichen Lösung für Südafrikas Zukunft war ungebrochen. Es handelte sich um rücksichtslose Männer, die nicht ruhten. Ihr Radikalismus war wirklich, ihre Idee jedoch basierte auf Illusionen, Lügen und fanatischer Verzweiflung. Für einige von ihnen ging es nur um Haß.
Franz Malan fuhr durch die Nacht nach Hause zurück.
Jan Kleyn brachte sein Haus in Ordnung und ließ den Tresor |479| unverschlossen. Um halb fünf legte er sich hin, um ein paar Stunden zu schlafen. Er fragte sich, wer Scheepers all die Informationen geliefert hatte. Er wurde das unangenehme Gefühl nicht los, daß er etwas nicht verstanden hatte.
Jemand hatte ihn verraten.
Aber er kam nicht darauf, wer es war.
Scheepers öffnete die Tür zum Vernehmungszimmer.
Jan Kleyn saß auf einem Stuhl an der Wand und sah ihn lächelnd an. Scheepers hatte sich vorgenommen, ihn freundlich und korrekt zu behandeln. Eine ganze Stunde hatte er damit verbracht, das Notizbuch zu studieren. Er zweifelte immer noch daran, daß das Attentat auf Nelson Mandela wirklich nach Durban verlegt worden war. Auch der Versuch, Für und Wider abzuwägen, hatte ihm keine verläßliche Antwort gebracht. Er hegte in keiner Weise die Hoffnung, daß Jan Kleyn ihm die Wahrheit sagen würde. Vielleicht konnte er ihm aber ein paar Informationen entlocken, die ihn indirekt auf die richtige Fährte führten.
Scheepers setzte sich Jan Kleyn gegenüber, und ihm fiel ein, daß es ja Matildas Vater war, den er hier vor sich hatte. Er fühlte das Geheimnis, aber ihm war klar, daß er keinen Gebrauch davon machen durfte. Das könnte die beiden Frauen in große Gefahr bringen. Jan Kleyn konnte nicht beliebig lange festgehalten werden. Er sah bereits aus, als erwarte er, das Vernehmungszimmer in Kürze verlassen zu dürfen.
Eine Sekretärin kam herein und setzte sich an einen kleinen Tisch, der etwas abseits stand.
»Jan Kleyn«, begann er. »Sie sind verhaftet worden, weil es den starken Verdacht gibt, daß Sie beteiligt und möglicherweise auch verantwortlich sind für umstürzlerische Aktivitäten sowie die Vorbereitung zum Mord. Was haben Sie dagegen vorzubringen?«
Jan Kleyn lächelte weiter. »Meine Antwort lautet, daß ich nichts sagen werde, bevor ich nicht einen Anwalt an meiner Seite habe.«
Scheepers war einen Moment lang verwirrt. Der Ablauf sah |480| normalerweise vor, daß eine Person, die verhaftet worden war, unmittelbar nach der Festnahme die Möglichkeit erhielt, Kontakt zu einem Anwalt aufzunehmen.
»Alles ist korrekt zugegangen«, sagte Jan Kleyn, als habe er Scheepers’ Unsicherheit durchschaut. »Aber der Anwalt ist noch nicht hier.«
»Wir können ja mit den persönlichen Daten beginnen«, sagte Scheepers. »Dazu brauchen wir keinen Anwalt.«
»Natürlich nicht.«
Nachdem er die Angaben erhalten hatte, verließ Scheepers den Raum. Er gab Bescheid, man solle ihn rufen, wenn der Anwalt eingetroffen sei. Als er in den Aufenthaltsraum der Staatsanwälte kam, war er durchgeschwitzt. Jan Kleyns kaltblütige Überlegenheit schüchterte ihn ein. Wie konnte er so gleichgültig sein angesichts von Beschuldigungen, die, sollten sie sich bewahrheiten, eine Verurteilung zum Tode nach sich ziehen dürften?
Scheepers wurde plötzlich unsicher, ob er in der Lage war, so mit ihm umzugehen, wie es erforderlich war. Vielleicht sollte er sich an Wervey wenden und vorschlagen, daß ein anderer, routinierterer Kollege zu den Verhören hinzugezogen
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