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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Sie abgegeben«, sagte er und reichte Scheepers ein Kuvert.
    »Wer?«
    »Ein schwarzer Mann«, antwortete der Wächter. »Er hat seinen Namen nicht genannt. Er sagte nur, es sei wichtig.«
    Scheepers nahm den Brief vorsichtig in die Hand. Er war dünn und konnte unmöglich eine Bombe enthalten. Er nickte dem Wächter zu, schloß auf und setzte sich ins Auto. Dann öffnete er das Kuvert und las im Schein der Innenbeleuchtung, was da geschrieben stand. »Der Attentäter ist vermutlich ein Schwarzer namens Victor Mabasha.«
    Der Brief war mit Steve unterzeichnet.
    Scheepers spürte, wie sein Herz schneller schlug.
    Endlich, dachte er.
    Dann fuhr er auf dem kürzesten Weg nach Hause. Judith erwartete ihn mit dem Abendessen.
    Bevor er sich jedoch an den Tisch setzte, rief er Kommissar Borstlap in dessen Wohnung an. »Victor Mabasha«, sagte er. »Hast du den Namen schon mal gehört?«
    Borstlap überlegte lange, bevor er antwortete. »Nein.«
    »Morgen früh mußt du sämtliche Karteien wälzen und alles, was du hast, in den Computer eingeben. Victor Mabasha, ein Schwarzer, ist vermutlich der Attentäter, den wir suchen.«
    »Hast du Jan Kleyn zum Reden gebracht?« fragte Borstlap verwundert.
    »Nein. Woher ich das weiß, spielt jetzt keine Rolle.«
    Damit war auch dieses Gespräch vorüber.
    Victor Mabasha, dachte er, als er sich an den Abendbrottisch setzte.
    Wenn du es bist, werden wir dich stoppen, bevor es zu spät ist.

|486| 32
    An jenem Tag in Kalmar merkte Kurt Wallander, wie schlecht er sich eigentlich fühlte. Später, als ihm der Mord an Louise Åkerblom und der darauffolgende Alptraum bereits als eine Serie unwirklicher Geschehnisse erschien, als ein wüstes Schauspiel in einer entfernten Landschaft, würde er eigensinnig behaupten, daß er erst nach dem Anblick Konovalenkos mit starren Augen und brennendem Haar begriffen hätte, daß er am Rande seiner Kräfte war. Das war der Ausgangspunkt, und daran änderte sich nichts, auch wenn die Erinnerungen und all die quälenden Bilder kamen und gingen wie die wechselnden Muster in einem Kaleidoskop. In Kalmar hatte er die Kontrolle über sich verloren! Seiner Tochter sagte er, daß es gewesen sei, als habe ein Countdown begonnen, ein Countdown, der in ein Vakuum führte. Der Arzt in Ystad, der sich Mitte Juni um ihn kümmerte und mit seiner zunehmenden Schwermut klarzukommen versuchte, schrieb ebenfalls in sein Journal, daß die Depression nach Aussage des Patienten bei einer Tasse Kaffee im Polizeigebäude von Kalmar begann, während ein Mann auf einer Brücke verbrannte.
    Er hatte also im Polizeigebäude von Kalmar gesessen und Kaffee getrunken, sehr müde und sehr niedergeschlagen. Kollegen, die ihn in der halben Stunde sahen, als er bei seiner Tasse Kaffee saß, hatten den Eindruck, daß er abwesend und völlig unzugänglich war. Oder war er nur in Gedanken versunken? Keiner jedoch ging zu ihm, um ihm Gesellschaft zu leisten oder sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Der seltsame Polizist aus Ystad traf auf eine Mischung aus Respekt und Unsicherheit. Man ließ ihn ganz einfach in Frieden, während man sich um das Chaos auf der Brücke und die Flut von Anrufen aus den Redaktionen von Presse, Funk und Fernsehen kümmerte. Nach einer halben Stunde war er plötzlich aufgestanden und hatte gefordert, man solle ihn zu der gelben Villa am Hemmansväg fahren. Als sie an der Stelle auf der Brücke vorbeikamen, wo Konovalenkos Wagen immer noch wie ein rauchendes Mahnmal stand, |487| hatte er starr geradeaus geschaut. Dagegen hatte er in der Villa sofort das Kommando übernommen und völlig außer Acht gelassen, daß die Untersuchung offiziell von einem Kriminalisten der Kalmarer Polizei namens Blomstrand geleitet wurde. Man ließ ihn jedoch gewähren, und er entwickelte in den nächsten Stunden eine unwahrscheinliche Energie. Konovalenko schien er bereits vergessen zu haben. Ihn interessierten vornehmlich zwei Dinge. Er wollte wissen, wem das Haus gehörte. Außerdem sprach er ununterbrochen davon, daß Konovalenko nicht allein gewesen sei. Er gab Anweisung, sofort alle Nachbarn, Taxichauffeure und Busfahrer zu befragen. Konovalenko ist nicht allein gewesen, wiederholte er immer wieder. Wer, Mann oder Frau, war bei ihm gewesen und dann spurlos verschwunden? Es zeigte sich, daß keine seiner Fragen sofort beantwortet werden konnte. Grundbucheintragung und befragte Nachbarn lieferten höchst widersprüchliche Angaben über den Besitzer der gelben Villa. Vor ungefähr

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