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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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unseren jeweiligen Geheimdiensten schon gab. Offensichtlich hatte ich Qualifikationen, die Jan Kleyn interessierten. Wir |170| machten ein Geschäft. Ich übernahm es, mich einige Tage um dich zu kümmern, zu einem vereinbarten Preis.«
    »Wieviel?«
    »Kein Geld. Dafür die Chance, nach Südafrika zu emigrieren, und gewisse Garantien, was zukünftige Arbeitsmöglichkeiten angeht.«
    Import von Mördern, dachte Victor Mabasha. Aber das ist natürlich clever, sieht man es aus Jan Kleyns Perspektive. Ich würde es vielleicht genauso machen.
    »Willst du noch etwas wissen?« fragte Konovalenko.
    »Jetzt nicht. Am besten, ich komme später darauf zurück.«
    Konovalenko sprang unerwartet flink auf.
    »Der Nebel hat sich gelichtet. Es ist windig. Ich schlage vor, wir beginnen damit, uns mit dem Gewehr vertraut zu machen.«
     
    An die folgenden Tage auf dem einsamen Hof, wo der Wind ständig blies, würde sich Victor Mabasha als an ein hingezogenes Warten auf eine unausweichliche katastrophale Lösung erinnern. Als diese dann jedoch kam, vollzog sie sich nicht in der erwarteten Form. Alles wurde zu einem tumultartigen Chaos, und danach, als er schon auf der Flucht war, schien es, als ob er immer noch nicht verstand, was passiert war.
    Die Tage verliefen nach außen hin genau nach dem Plan, den Konovalenko skizziert hatte. Victor Mabasha lernte das Gewehr sofort schätzen, das er hier in die Hände bekommen hatte. Er lag und saß und stand und schoß auf einer Koppel hinter dem Haus. Auf einem Sandhügel baute Konovalenko verschiedene Ziele auf. Victor Mabasha feuerte auf Fußbälle, Pappfiguren, eine alte Reisetasche, einen Radioapparat, Töpfe, Kaffeekannen und andere Gegenstände, die er manchmal kaum erkennen konnte. Nach jedem Schuß erhielt er das Resultat über ein Walkie-talkie durchgesagt, und er nahm äußerst geringe, kaum merkliche Korrekturen am Visier vor. Victor Mabasha spürte, wie das Gewehr nach und nach seine unausgesprochenen Befehle befolgte.
    Die Tage waren in drei Etappen eingeteilt, unterbrochen durch Mahlzeiten, die Konovalenko anrichtete. Victor Mabasha merkte immer wieder, daß Konovalenko über ein enormes Wissen verfügte |171| und es auch gut vermitteln konnte. Jan Kleyn hatte den richtigen Mann ausgesucht.
    Das Gefühl der drohenden Katastrophe kam aus einer anderen Richtung.
    Es war Konovalenkos Haltung ihm gegenüber, dem schwarzen Berufskiller. Victor Mabasha versuchte, den verachtungsvollen Tonfall in allem, was Konovalenko sagte, so weit wie möglich zu überhören, aber schließlich ertrug er ihn nicht mehr. Und wenn sein russischer Meister seine Tage damit beschloß, allzuviel Wodka zu trinken, trat die Verachtung noch offener zutage. Es kam jedoch nie zu eindeutig rassistischen Äußerungen, die Victor Mabasha die Möglichkeit gegeben hätten zu reagieren. Aber das verschlimmerte die Sache nur noch. Victor Mabasha fühlte, daß er es nicht mehr lange aushalten würde.
    Wenn Konovalenko so weitermachte, wäre er gezwungen, ihn zu töten, obwohl das die Situation unmöglich machte.
    Wenn sie in den Ledersesseln saßen und ihre psychologischen Séancen abhielten, behandelte Konovalenko seinen Schüler, als sei er der elementarsten menschlichen Reaktionen unkundig. Victor Mabasha beschloß, seinen wachsenden Haß auf den kleinen arroganten Mann mit den grauen, abgenutzten Zähnen abzureagieren, indem er genau die Rolle spielte, die er zugewiesen bekam. Er stellte sich dumm und sah, daß Konovalenko es genoß, seine Vorurteile bekräftigt zu bekommen.
    In den Nächten heulten die singenden Hunde für ihn. Manchmal wachte er auf, und es schien ihm, als stünde Konovalenko über ihn gebeugt, eine Waffe in der Hand. Aber es war niemals jemand da, und dann lag er wach, bis die Morgendämmerung viel zu zeitig kam.
    Die einzige Möglichkeit zum Atemholen waren die täglichen Autofahrten. In der Scheune standen zwei Wagen, der Mercedes war für ihn bestimmt. Das andere Auto benutzte Konovalenko für Ausfahrten, über deren Ziel er niemals etwas verlauten ließ.
    Victor Mabasha fuhr auf Nebenstraßen umher, wagte sich bis zu einer Stadt, die Ystad hieß, und wählte dann verschiedene Strandwege. Die Fahrten mit dem Wagen bewirkten, daß er durchhielt. Eines Nachts war er aufgestanden und hatte die Essenportionen |172| in der Tiefkühltruhe nachgezählt. Eine Woche würden sie noch auf dem einsamen Hof bleiben.
    Ich muß es schaffen, dachte er. Jan Kleyn erwartet, daß ich mir meine Million Rand

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