Wallander 03 - Die weisse Löwin
und Leiden sah. Aber warum hast du mir das erzählt,
songoma
? Bin ich schon so wie er? Ein von dem Unterschied geschaffenes, blutrünstiges Tier? Ich will dir nicht glauben,
songoma
. Ich töte, aber nicht wahllos. Ich liebe es, Frauen tanzen zu sehen, ihre dunklen Körper gegen das flammende Feuer. Ich will meine eigenen Töchter tanzen sehen,
songoma
. Tanzen, ohne Ende, bis meine Augen zufallen und ich in die Unterwelt zurückkehre, wo ich dich treffen werde und du mir das letzte Geheimnis enthüllst …
Er erwachte mit einem Ruck, es war kurz vor fünf Uhr morgens.
Vor dem Auto hörte er einen Vogel singen, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte.
Dann fuhr er weiter nach Norden.
Etwa um elf Uhr am Vormittag erreichte er Stockholm.
Es war Mittwoch, der 29. April, der Tag vor dem Walpurgisfest 1992.
13
Es waren drei Männer, alle drei maskiert, und sie erschienen, als gerade das Dessert serviert worden war. Innerhalb von zwei Minuten gaben sie aus ihren automatischen Waffen über dreihundert Schüsse ab. Anschließend verschwanden sie in einem wartenden Auto.
|204| Danach war es sehr still. Aber nur für einen kurzen Augenblick. Dann begann das Geschrei der Verletzten und unter Schock Stehenden.
Der Klub der Weinprüfer in Durban hatte sein Jahrestreffen abgehalten. Das Festkomitee hatte den Sicherheitsaspekt sehr wohl bedacht, als es sich dafür entschied, das Abendessen nach der Konferenz in das Restaurant des Golfklubs in Pinetown zu verlegen, einige Meilen von Durban entfernt. Pinetown war eine Stadt, die bisher noch nichts von der Gewalt gespürt hatte, die in der Natalprovinz immer alltäglicher und umfassender wurde. Außerdem hatte der Chef des Restaurants versprochen, an diesem Abend die Bewachung zu verstärken.
Aber die Posten wurden niedergeschlagen, bevor sie Alarm geben konnten. Der Zaun rund um das Restaurant war mit Drahtscheren zerschnitten worden. Die Attentäter hatten außerdem einen Schäferhund erdrosselt.
Im Restaurant hatten sich insgesamt fünfundfünfzig Personen aufgehalten, als die drei Männer mit Waffen in der Hand hereinstürmten. Sämtliche Mitglieder im Klub der Weinprüfer waren Weiße. Die Bedienung bestand aus fünf Schwarzen, vier Männern und einer Frau. Die schwarzen Köche und die Kaltmamsell flohen zusammen mit dem portugiesischen Küchenchef durch die Hintertür, als die Schießerei begann.
Als alles vorüber war, lagen neun Personen tot zwischen umgestürzten Tischen und Stühlen, zerbrochenem Porzellan und heruntergerissener Dekoration. Siebzehn waren mehr oder weniger schwer verletzt, die übrigen standen unter Schock, darunter eine ältere Dame, die später an einer Herzattacke sterben sollte.
Das Dessert bestand aus einem Fruchtsalat. Über zweihundert Rotweinflaschen waren zerschossen worden. Der Polizei, die nach dem Massaker an den Tatort kam, fiel es schwer zu unterscheiden, was Blut war und was Rotwein.
Kriminalkommissar Samuel de Beer von der Mordkommission aus Durban war einer der ersten im Restaurant. In seiner Begleitung befand sich der schwarze Kommissar Harry Sibande. Obwohl de Beer ein Polizist war, der seine rassistische Einstellung nicht verbarg, hatte Harry Sibande es gelernt, die Verachtung |205| de Beers Schwarzen gegenüber zu übersehen. Das beruhte nicht zuletzt auf der vor langem gewonnenen Erkenntnis Sibandes, daß er selbst ein bedeutend besserer Polizist war, als es de Beer je werden könnte.
Sie hatten das Chaos besichtigt und gesehen, wie die Toten und Verwundeten zu den Ambulanzen getragen wurden, die zwischen Pinetown und den verschiedenen Krankenhäusern Durbans pendelten.
Die zur Verfügung stehenden Zeugen litten unter schwerem Schock und hatten wenig auszusagen. Es seien drei Männer gewesen, alle maskiert. Ihre Hände aber seien schwarz gewesen.
De Beer erkannte, daß es sich hier um eines der bisher schwerwiegendsten Attentate einer der schwarzen Armeefraktionen in diesem Jahr handelte. An diesem Abend des 30. April 1992 schien der offene Bürgerkrieg zwischen Schwarzen und Weißen in Natal noch einen Schritt näher gerückt zu sein.
De Beer rief am selben Abend den Nachrichtendienst in Pretoria an. Sie versprachen, am folgenden Morgen beizeiten Hilfe zu schicken. Sogar die Spezialabteilung des Militärs für politische Attentate und Terroraktionen würde ihm einen erfahrenen Ermittler zur Verfügung stellen.
Präsident de Klerk wurde kurz vor Mitternacht informiert. Es war Außenminister Pik Botha, der
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