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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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erleichtert, als er hindurchgefahren war.
    So ist Gustaf Torstensson losgefahren, fiel ihm ein. Ungefähr zur selben Zeit.
    Plötzlich bekam er Angst. Er warf einen Blick über die Schulter, um zu kontrollieren, ob sich jemand auf dem Rücksitz versteckte.
    Aber er war allein.
    Der Wind rüttelte am Wagen, drang kalt durch die Fensterritzen.
    Er dachte an Alfred Harderberg, den Mann, der lächelte. Natürlich weiß er, was geschehen ist.
    Ich muß sein Lächeln besiegen.

|244| 12
    Die Orkanböen, die über Schonen hinwegzogen, ließen langsam nach.
    Im Morgengrauen, nachdem Kurt Wallander eine weitere schlaflose Nacht in seiner Wohnung zugebracht hatte, war der Sturm endlich zur Ruhe gekommen. In den nächtlichen Stunden hatte Wallander am Küchenfenster gestanden und auf die Straße hinausgeschaut. Die Masten der Straßenbeleuchtung bogen sich, als zerrten gefangene Tiere an Käfigstäben.
    Wallander war aus der eigentümlichen Kulissenwelt von Schloß Farnholm mit dem unklaren Gefühl zurückgekehrt, besiegt worden zu sein. Vor dem lächelnden Alfred Harderberg hatte er eine ähnlich unterwürfige Rolle gespielt wie sein Vater früher vor den Seidenrittern. Er hatte am Fenster gestanden und in den Sturm gestarrt. Dabei war es ihm vorgekommen, als wäre Schloß Farnholm nur eine Variante der glänzenden amerikanischen Wagen, die weich federnd vor dem Haus in Malmö hielten, in dem er aufgewachsen war. Der lärmende Pole im seidenen Anzug war ein entfernter Verwandter des Mannes im Schloß mit den schallisolierten Wänden. Mit einer unsichtbaren Mütze in den Händen hatte er auf Alfred Harderbergs Besucherstuhl gesessen; ein Gefühl der Niederlage war geblieben.
    Natürlich war das übertrieben. Er hatte seine Arbeit getan, er hatte den Mann getroffen, der trotz seiner grenzenlosen Macht fast unsichtbar schien, und ihm Fragen gestellt. Und es war ihm gelungen, ihn zu beruhigen, davon war er überzeugt. Alfred Harderberg durfte sich weiterhin wie ein über jeden Verdacht erhabener Bürger fühlen.
    Außerdem war Wallander nun überzeugt, auf der richtigen Spur zu sein. Sie hatten den Stein in der Mauer gefunden, hinter |245| dem sich die Lösung der Mordfälle verbarg, und dieser Stein trug Alfred Harderbergs Fingerabdrücke.
    Er mußte nicht nur ein gefrorenes Lächeln besiegen, er mußte auch einen Riesen niederringen.
    In der schlaflosen Nacht war er das Gespräch mit Alfred Harderberg immer wieder durchgegangen. Er hatte sich das Gesicht seines Kontrahenten vorgestellt und versucht, das stumme Lächeln wie einen Code zu analysieren. Einmal war eine Veränderung zu spüren gewesen, das stand fest, und zwar als er gefragt hatte, wer Harderberg vorgeschlagen habe, Gustaf Torstensson zu engagieren. Da war das Lächeln zerbrochen, wenn auch nur für eine Sekunde. Es gab also Augenblicke, in denen auch Alfred Harderberg menschliche Schwächen zeigte, nackt und verletzlich war. Aber das mußte nichts bedeuten; es konnte die Müdigkeit des erschöpften Weltreisenden gewesen sein, das kaum merkbare Zeichen, daß er es satt hatte, sich mit einem unbedeutenden Polizisten aus Ystad abzugeben. Dennoch wußte Wallander, daß er hier ansetzen mußte, wenn er den Riesen bezwingen, das Lächeln zerschlagen und die Wahrheit über die toten Anwälte erfahren wollte. Er zweifelte nicht daran, daß die cleveren Kollegen, die auf Wirtschaftsverbrechen spezialisiert waren, etwas finden würden, was sie in den Ermittlungen weiterbrachte. Aber in der Nacht hatte sich seine Überzeugung vertieft, daß Alfred Harderberg selbst sie ans Ziel bringen würde. Irgendwo, irgendwann würde der lächelnde Mann eine Spur hinterlassen, einen Fehler machen, den sie nutzen konnten.
    Wallander war natürlich sicher, daß Alfred Harderberg die Anwälte nicht selbst getötet hatte. Auch die Mine in Frau Dunérs Garten hatte nicht er gelegt. Ebensowenig hatte er im Wagen gesessen, der ihm und Ann-Britt Höglund nach Helsingborg gefolgt war, und den Sprengsatz im Benzintank hatte er auch nicht installiert. Es war Wallander aufgefallen, daß Harderberg immer »wir« und »uns« sagte, wie ein König oder ein Fürst. Oder wie ein Mann, der es gewohnt ist, von loyalen Mitarbeitern umgeben zu sein, die jede Anweisung befolgen und nie widersprechen.
    |246| Nun wurde ihm auch klar, warum Harderberg ausgerechnet Gustaf Torstensson auserwählt hatte. Von ihm konnte er vollständige Loyalität erwarten. Einer wie Gustaf Torstensson wußte immer, daß sein Platz am

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