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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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er sich wieder in seine Unterlagen vertiefen wollte, klopfte Ann-Britt Höglund und betrat den Raum.
    »Schon?« fragte Wallander. »Ich dachte, du wärst noch in Ängelholm.«
    »Das Gespräch mit Lars Bormans Familie war kurz«, antwortete sie. »Leider.«
    Wallander spürte, daß sie bedrückt war, und wurde sofort angesteckt. Wieder nichts, dachte er enttäuscht. Nichts, was uns hilft, die Mauern um Schloß Farnholm zu überwinden.
    Sie setzte sich und blätterte in ihren Papieren.
    |253| »Wie geht es dem kranken Kind?« fragte Wallander.
    »Kinder sind nie lange krank«, sagte sie. »Übrigens habe ich einiges über Harderbergs Flugzeug herausgefunden. Ich war froh, daß Svedberg angerufen hat und mir etwas zu tun gab. Frauen haben immer ein schlechtes Gewissen, wenn sie nicht arbeiten können.«
    »Erst Familie Borman«, sagte Wallander.
    Sie schüttelte den Kopf. »Das Gespräch hat wirklich nicht viel gebracht. Sie sind davon überzeugt, daß sein Tod ein Selbstmord war. Ich glaube, weder die Witwe noch die Tochter sind darüber hinweggekommen. Zum ersten Mal habe ich begriffen, was es bedeuten muß, wenn einer aus der Familie sich plötzlich, ohne erkennbaren Anlaß, das Leben nimmt.«
    »Hat er denn gar nichts hinterlassen? Keinen Brief?«
    »Nichts.«
    »Das paßt nicht in das Bild von Lars Borman. Er wirft ein Fahrrad nicht einfach so hin, er nimmt sich nicht das Leben, ohne eine Erklärung oder Entschuldigung zu hinterlassen.«
    »Ich bin die wichtigsten Punkte durchgegangen. Keine schmutzigen Affären, kein Glücksspiel, keine Betrügereien.«
    »Hast du dich danach erkundigt?«
    »Man kann auch auf indirekte Fragen direkte Antworten bekommen.«
    Wallander nickte. »Menschen, die wissen, daß die Polizei kommt, bereiten sich vor«, sagte er nachdenklich. »Hast du das gemeint?«
    »Alle drei sind entschlossen, seinen guten Namen und Ruf zu verteidigen«, bestätigte sie. »Unaufgefordert zählten sie alle seine Verdienste auf, so daß ich mir Fragen nach seinen Schwächen ersparen konnte.«
    »Entscheidend ist, ob sie die Wahrheit gesagt haben.«
    »Sie haben nicht gelogen. Ob er vielleicht Geheimnisse hatte, kann ich nicht beantworten. Aber ich hatte nicht den Eindruck, daß er ein Doppelleben führte.«
    »Erzähl bitte mehr.«
    »Das Ganze war wie ein unfaßbarer Schock für sie, und den haben sie noch immer nicht überwunden. Ich glaube, sie grübeln |254| Tag und Nacht, warum er sich das Leben genommen haben könnte, aber sie finden keine Antwort.«
    »Hast du angedeutet, daß es möglicherweise gar kein Selbstmord war?«
    »Nein.«
    »Gut. Weiter.«
    »Das einzig Interessante für uns ist, daß Lars Borman Kontakt zu Gustaf Torstensson hatte. Das konnte die Familie bestätigen. Sie wußten auch, warum. Gustaf Torstensson und Lars Borman waren Mitglieder in einem Verein, der sich dem Studium der Ikonenmalerei widmet. Es gab vereinzelte Besuche Gustaf Torstenssons bei Lars Borman und umgekehrt.«
    »Sie waren also befreundet?«
    »So weit würde ich nicht gehen. Nein, so nahe haben sie sich nicht gestanden. Und das macht die Sache, meiner Meinung nach, interessant.«
    »Inwiefern?«
    »Nun, ich gehe davon aus, daß beide in gewisser Weise Eigenbrötler waren. Der eine war verheiratet, der andere Witwer, aber sie waren beide Sonderlinge. Sie trafen sich nicht oft, und wenn sie sich trafen, dann sprachen sie über Ikonen. Aber könnte es nicht sein, daß gerade diese beiden einsamen Menschen einander etwas anvertraut haben? In Ermangelung wirklicher Freunde?«
    »Das ist denkbar. Aber es erklärt nicht, warum Borman Drohbriefe an alle Mitglieder der Anwaltskanzlei geschrieben hat.«
    »Ausgenommen Sonja Lundin. Vielleicht ist gerade dieses Detail wichtig.«
    Wallander lehnte sich zurück und schaute sie aufmerksam an. »Denkst du an etwas Bestimmtes?«
    »Das sind nur Spekulationen«, sagte sie. »Vermutlich auch noch weit hergeholt.«
    »Alles kann uns weiterhelfen. Schieß los, ich bin ganz Ohr!«
    »Nehmen wir einmal an, Lars Borman hat Gustaf Torstensson anvertraut, was in der Bezirksbehörde geschehen ist, er hat ihm von dem Betrug erzählt. Sie können doch nicht die ganze |255| Zeit nur über Ikonen geredet haben. Wir wissen ja, daß Borman enttäuscht und verletzt war, weil es keine ordentliche polizeiliche Untersuchung des Falles gab. Nehmen wir weiter an, Gustaf Torstensson wußte, daß es eine Verbindung zwischen Alfred Harderberg und der betrügerischen Firma STRUFAB gab. Er könnte

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