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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Journalisten das Polizeigebäude wieder verlassen hatten.
    »Falls er unsere Absicht nicht durchschaut«, meinte Björk.
    »Er kann natürlich Verdacht schöpfen«, sagte Wallander. »Aber er kann nicht ganz sicher sein.«
    Als er in sein Büro kam, lag ein Zettel auf dem Tisch. Sten Widén bat um einen Rückruf. Nach langem Klingeln wurde der Hörer abgenommen.
    »Was gibt es?« fragte Wallander.
    »Hej, Roger«, sagte Sten Widén. »Vor einer Weile hat unsere Freundin Sofia aus Simrishamn angerufen. Sie hatte etwas mitzuteilen, was dich interessieren dürfte.«
    »Was?«
    »Daß sie ihren Job nicht mehr lange ausüben wird.«
    »Was meint sie damit?«
    »Es scheint, als plane Alfred Harderberg, Schloß Farnholm zu verlassen.«
    Wallander stand wie vom Blitz getroffen, den Hörer ans Ohr gepreßt.
    »Bist du noch dran?«
    »Ja. Ja, ich bin noch dran.«
    »Also, das wollte ich dir nur mitteilen«, sagte Sten Widén und legte auf.
    Wallander ließ sich auf den Stuhl fallen. Das Gefühl, gegen die Zeit zu arbeiten, war wieder übermächtig geworden.

|304| 15
    Am Nachmittag des 25.   November kehrte der Kriminalpolizist Ove Hansson an seinen Arbeitsplatz in Ystad zurück; er war über einen Monat weggewesen. Er hatte die Zeit in Halmstad verbracht, wo er an einer von der Reichspolizeiführung angeordneten Weiterbildung in computergestützter Verbrechensbekämpfung teilgenommen hatte. Als der Mord an Sten Torstensson bekannt wurde, hatte er sich bei Björk erkundigt, ob er den Kurs abbrechen und nach Ystad zurückkommen sollte. Aber Björk war dafür, die Weiterbildung zu Ende zu führen. Da hatte sich Hansson gesagt, daß Wallander in den Dienst zurückgekehrt war. Aus seinem Hotel in Halmstad hatte er eines Abends Martinsson angerufen und sich vergewissert. Martinsson hatte die Vermutung bestätigt und mitgeteilt, daß Kurt Wallander vitaler sei als je zuvor.
    Auf das, was ihn an jenem Nachmittag im Polizeigebäude von Ystad erwartete, war Hansson dennoch nicht vorbereitet. Er klopfte an die Tür, hinter der sich während Wallanders Abwesenheit sein Büro befunden hatte, und trat ein, ohne auf ein Herein zu warten. Zu Tode erschrocken zuckte er zurück: Vor ihm stand Wallander, hatte einen Stuhl über den Kopf erhoben und schien ihn aus Augen anzustarren, in denen der Wahnsinn funkelte. Alles ging sehr schnell; Wallander stellte den Stuhl ab, und sein Gesichtsausdruck wurde wieder normal. Aber das Bild hatte sich tief in Ove Hanssons Bewußtsein eingebrannt; er würde es nie vergessen. Noch lange wartete er insgeheim darauf, daß Wallanders Wahnsinn sich wieder zeigte.
    »Mir ist klar, daß ich ungelegen komme«, sagte Hansson, als die Situation entschärft schien. »Ich wollte nur guten Tag wünschen und mich zurückmelden.«
    »Habe ich dich etwa erschreckt? Das wollte ich wirklich |305| nicht. Aber ich habe gerade einen Anruf erhalten, der mich furchtbar wütend gemacht hat. Bloß gut, daß du gekommen bist, sonst hätte ich den Stuhl an die Wand geschmettert.«
    Dann nahmen sie Platz, Wallander hinter dem Schreibtisch und Hansson auf dem Stuhl, der beinahe zu Bruch gegangen wäre. Hansson war der Kollege unter den Kriminalisten, den Wallander am wenigsten kannte, obwohl sie viele Jahre zusammengearbeitet hatten. Sie waren charakterlich sehr verschieden und führten oft lange Diskussionen, die meist im Streit endeten. Dennoch hatte Wallander Respekt vor Hanssons Leistungen als Polizist. Hansson galt als wortkarg und schwierig, aber er war gründlich und beharrlich und überraschte seine Kollegen gelegentlich durch treffende Analysen, die ihnen in hoffnungslos festgefahrenen Fällen neue Wege zeigten. Im vergangenen Monat hatte Wallander Hansson ein paarmal vermißt. Ihm war sogar der Gedanke gekommen, Hansson mit Björks Hilfe zurückzurufen, aber es war schließlich bei dem Gedanken geblieben.
    Wallander wußte auch, daß Hansson vermutlich der Kollege war, der seine Rückkehr in den Dienst am wenigsten begrüßte. Hansson war ehrgeizig, was für einen Polizisten nicht nachteilig sein mußte, aber er hatte niemals akzeptiert, daß ausgerechnet Wallander als Rydbergs Nachfolger angesehen wurde. Diese Ehre, fand er, kam ihm selbst zu. Wallander war sich dessen bewußt und verstand, daß sein Kollege ihm gegenüber eine gewisse Abneigung nicht unterdrücken konnte.
    Es gab aber noch einen weiteren Aspekt, der ihre Beziehung belastete: Wallander brachte wenig Verständnis dafür auf, daß Hansson so viel Zeit für

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