Wallander 04 - Der Mann, der lächelte
will?«
»Woher, zum Teufel, soll sie das wissen?«
»Ich frage ja nur. Hat sie gesagt, daß er das Land verlassen will?«
»Was sie gesagt hat, habe ich dir mitgeteilt, Wort für Wort.«
»Ich muß sie treffen. Heute noch, so schnell wie möglich.«
»Sie hat einen Job zu erledigen.«
»Dann erfinde irgend etwas. Sie war doch vorher bei dir beschäftigt. Irgendwelche Papiere, die ausgefüllt werden müssen. Laß dir etwas einfallen!«
»Ich habe keine Zeit. Der Hufschmied ist hier, der Tierarzt ist schon unterwegs. Ich habe Termine mit mehreren Pferdebesitzern.«
»Es ist wichtig. Glaub mir!«
»Ich versuche es. Ich rufe dich dann an.« Wallander legte auf. Es war bereits halb vier. Er wartete. Viertel vor vier holte er sich eine Tasse Kaffee.
Fünf Minuten später klopfte es an der Tür, und Svedberg trat ein. »Den Mann in Östersund können wir abschreiben. Sein Wagen mit dem Kennzeichen FHC 803 wurde vor einer Woche in Stockholm gestohlen. Es gibt keinen Grund, an seiner Aussage zu zweifeln. Er ist übrigens Kommunalrat.«
»Warum sollte man zu einem Kommunalrat unbedingt Vertrauen haben? Wo wurde der Wagen gestohlen? Und wann genau? Sieh zu, daß wir eine Kopie der Diebstahlsanzeige bekommen.«
»Ist das wirklich wichtig?«
»Es kann wichtig sein. Außerdem macht es nicht allzuviel Arbeit. Hast du mit Hansson gesprochen?«
»Nur ganz flüchtig. Er geht mit Martinsson das Material durch.«
|309| »Laß ihn die Sache übernehmen. Dann ist er für den Anfang beschäftigt.«
Svedberg verließ das Zimmer. Nun war es Viertel nach vier, und Sten Widén hatte noch nicht angerufen. Wallander ging zur Toilette, nachdem er in der Anmeldung gebeten hatte, alle eventuellen Anrufe zu notieren. Zerstreut blätterte er in einer Abendzeitung, die jemand liegengelassen hatte. Fünf Minuten nach halb fünf saß er wieder an seinem Schreibtisch. Als Sten Widén endlich anrief, hatte Wallander zwölf Büroklammern verbogen.
»Ich habe gelogen, daß sich die Balken bogen«, sagte Sten. »In einer Stunde kannst du Sofia in Simrishamn treffen. Ich habe ihr gesagt, sie soll ein Taxi nehmen, du würdest es bezahlen. Wo es zum Hafen hinuntergeht, gibt es eine Konditorei. Weißt du, welche ich meine?«
Wallander kannte die Konditorei.
»Sie hat nicht viel Zeit«, sagte Sten Widén. »Nimm irgendwelche Formulare zum Ausfüllen mit.«
»Glaubst du, daß sie das Mädchen im Verdacht haben?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Vielen Dank jedenfalls für die Hilfe.«
»Auch das Taxi für die Rückfahrt zum Schloß mußt du ihr bezahlen, denk daran!«
»Ich fahr sofort los.«
»Was ist denn eigentlich passiert?« fragte Sten Widén.
»Das erzähle ich dir, wenn ich mehr weiß«, sagte Wallander. »Ich rufe dich an.«
Punkt fünf verließ er das Polizeigebäude. In Simrishamn parkte er den Wagen in der Nähe des Hafens und ging hinauf zur Konditorei. Wie er gehofft hatte, war Sofia noch nicht da. Er trat wieder auf die Straße hinaus, wechselte auf den gegenüberliegenden Bürgersteig und ging ein Stück weiter. Dann stellte er sich vor ein Schaufenster. Er behielt die Konditorei im Auge. Es war acht Minuten nach sechs, als er Sofia vom Hafen her kommen sah, wo sie wahrscheinlich aus einem Taxi gestiegen war. Sie betrat die Konditorei. Wallander wartete und beobachtete die Passanten. Als er sicher sein konnte, daß ihr niemand |310| gefolgt war, überquerte er schnell die Straße. Er bereute, niemanden zur Unterstützung mitgenommen zu haben. Beim Betreten der Konditorei sah er sie sofort. Sie hatte an einem Ecktisch Platz genommen. Als er sich zu ihr setzte, sah sie ihn nur wortlos an.
»Tut mir leid, daß ich mich verspätet habe.«
»Macht nichts, ich bin ja auch zu spät. Was willst du? Ich muß zum Schloß zurück. Hast du Geld für das Taxi?«
Wallander zückte die Brieftasche und reichte ihr einen Fünfhundertkronenschein. »Reicht das?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich brauche einen Tausender.«
»Kostet es tausend Kronen, vom Schloß nach Simrishamn und zurück zu fahren?«
Er gab ihr einen weiteren Fünfhunderter und dachte, daß sie ihn wahrscheinlich ausnahm. Das machte ihn wütend, aber er beherrschte sich. Es war zu wichtig.
»Was nimmst du?« fragte er. »Hast du schon bestellt?«
»Ein Kaffee wäre gut. Und ein Stück Kuchen.«
Wallander ging zur Theke und bestellte. Als er bezahlte, bat er um eine Quittung. Dann trug er das Tablett zum Ecktisch. Wieder sah sie ihn an, und er spürte Verachtung
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