Wallander 04 - Der Mann, der lächelte
Meinung und wies darauf |301| hin, daß es unklug sei, einen bereits laufenden Vorgang abzubrechen. Was das Einschleusen des Stallmädchens Sofia auf Schloß Farnholm anging, schilderte Wallander die Hintergründe so diplomatisch, daß Ann-Britt Höglund ihm im stillen höchstes Lob zollte. Wallander war klar, daß nicht nur Björk und Per Åkeson, sondern auch Svedberg und Martinsson Einwände gegen die Beteiligung fremder Personen an den Ermittlungen haben könnten. Ohne zu lügen, aber eben nicht ganz wahrheitsgemäß, erwähnte Wallander, daß sie zufällig auf eine interne Informationsquelle auf Schloß Farnholm gestoßen seien, eine Pferdepflegerin, die er schon lange kenne. Er erwähnte es beiläufig, als belegte Brote hereingebracht wurden und alle nur mit einem Ohr zuhörten. Ein Blickwechsel mit Ann-Britt Höglund verriet ihm, daß sie seine Taktik durchschaut hatte.
Als der Imbiß verzehrt und das Zimmer gelüftet war, berichtete Wallander von den Ereignissen der vergangenen Nacht. Er verschwieg jedoch, daß der einsame Mann im Auto sogar in seine Wohnung eingedrungen war. Er befürchtete, daß Björk Sicherheitsmaßnahmen ergreifen könnte, die sie in ihrer Arbeit behindern würden. In diesem Zusammenhang konnte Svedberg mitteilen, daß der betreffende Wagen auf eine Person zugelassen war, die in Östersund wohnte und in einem Feriendorf in Jämtland arbeitete. Sie würden den Mann überprüfen, ebenso das Feriendorf. Wenn Alfred Harderberg in Australien Bodenschätze heben ließ, konnten ihm genausogut Wintersportanlagen in Jämtland gehören. Die Besprechung endete mit einem Bericht Wallanders über seinen Besuch bei Kurt Ström. Danach war es lange still im Raum.
»Genau dieses Detail fehlte uns«, sagte Wallander später zu Ann-Britt Höglund. »Polizisten sind praktisch veranlagt. Die Tatsache, daß ein Auto Schloß Farnholm verlassen hat, kurz bevor Gustaf Torstensson seine letzte Reise antrat, hat endlich das Unklare, Schwebende an diesem Fall beseitigt. Wenn es so abgelaufen ist, dann bedeutet es auch, daß Gustaf Torstensson in einer kaltblütigen Aktion ermordet wurde. Also muß es ein echtes Motiv gegeben haben – Zufälle oder Affekthandlungen |302| scheiden aus. Von diesem Moment an ist klar, welche Felder wir ausschließen können.«
Die Besprechung der Ermittlungsgruppe war in einer Stimmung zu Ende gegangen, die Wallander als konzentriert und zielbewußt empfand. Darauf hatte er auch gehofft. Bevor Per Åkeson wieder nach Hause ging, hatten sie sich mit Björk zurückgezogen, um die Pressekonferenz am folgenden Tag zu besprechen. Wallander vertrat die Auffassung, sie sollten, ohne direkt zu lügen, bekanntgeben, daß sie eine konkrete Spur verfolgten, jedoch aus ermittlungstechnischen Gründen nicht deutlicher werden könnten.
»Das ist ja schön und gut«, sagte Per Åkeson. »Aber wie willst du von einer Spur reden, ohne daß Alfred Harderberg Verdacht schöpft, diese Spur könnte nach Schloß Farnholm führen?«
»Wir erwähnen eine Tragödie im privaten Bereich.«
»Das klingt verdächtig dünn und viel zu unglaubwürdig, um eine Pressekonferenz zu rechtfertigen«, gab Per Åkeson zu bedenken. »Bereite dich gut vor, damit du auf alle noch so abwegigen Fragen überzeugende Antworten parat hast.«
Nach der Zusammenkunft fuhr Wallander in die Mariagata. Es war nicht auszuschließen, daß es zu einer Explosion kam, wenn er den Schlüssel im Schloß drehte. Aber dann verwarf er den Gedanken – die Zeit war zu knapp gewesen, um eine Bombe zu installieren, und außerdem hatte der Mann aus dem Auto nichts bei sich getragen.
Dennoch hatte er ein ungutes Gefühl. Er prüfte, ob sein Telefon abgehört wurde. Obwohl er nichts fand, beschloß er, Gespräche über Alfred Harderberg nicht mehr von zu Hause aus zu führen.
Er duschte und zog sich um.
Sein Abendessen nahm er in einer Pizzeria in der Hamngata ein. Die letzten Abendstunden widmete er der Vorbereitung der Pressekonferenz.
Ab und zu trat er ans Küchenfenster und schaute hinunter auf die Straße. Aber da stand nur der Dienstwagen, den man ihm überlassen hatte.
|303| Die Pressekonferenz verlief besser, als Wallander hatte hoffen können. Der Mord an den beiden Anwälten schien auf kein besonderes öffentliches Interesse zu stoßen. Daher waren nur wenige Zeitungen und ein lokaler Radiosender vertreten; das Fernsehen hielt sich ganz heraus.
»Das dürfte Harderberg beruhigt haben«, sagte Wallander zu Björk, als die
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