Wallander 04 - Der Mann, der lächelte
veränderte Lage also«, wiederholte Ström. »Ich komme zurück und erfahre, daß man mir zu Weihnachten gekündigt hat. Das war keine schöne Überraschung. Aber Harderberg hat offenbar entschieden, Schloß Farnholm zu verlassen.«
Früher hat er immer von Doktor Harderberg gesprochen, dachte Wallander. Nun heißt er nur noch Harderberg, und der Ton ist auch nicht gerade freundlich.
»Ich habe mich natürlich geärgert. Als ich den Job als Wachmann übernahm, wurde mir eine Festanstellung versprochen. Nie war die Rede davon, daß Harderberg das Schloß so bald verlassen würde. Das Gehalt war üppig, und ich konnte das Haus kaufen. Jetzt sollte ich plötzlich wieder ohne Arbeit dastehen? Der Gedanke gefiel mir gar nicht.«
Wallander merkte, daß er sich getäuscht hatte. Es war sehr gut möglich, daß Kurt Ström etwas Wichtiges zu berichten hatte.
»Keiner verliert gern seinen Job«, sagte er.
|328| »Was weißt du schon davon.«
»Natürlich nicht soviel wie du.«
Kurt Ström drückte die Zigarette aus. »Laß uns Klartext reden. Du brauchst Informationen aus dem Schloß, doch der Versuch, sie zu bekommen, würde Harderberg mißtrauisch machen. Gespräche mit Harderberg bringen dich nicht weiter. Wozu du die Informationen verwendest, geht mich nichts an. Wichtig ist nur, daß allein ich sie dir geben kann. Im Austausch gegen etwas anderes.«
Wallander durchzuckte der Gedanke, daß das Ganze eine Falle sein könnte. Hatte Alfred Harderberg den ehemaligen Polizisten zu ihm geschickt? Er verwarf den Gedanken. Zu groß wäre das Risiko, daß er die Sache durchschaute. »Du hast recht«, sagte er. »Es gibt einiges, was wir unauffällig in Erfahrung bringen wollen. Was willst du als Gegenleistung?«
»Lediglich ein Stück Papier.«
»Papier?«
»Ich muß an meine Zukunft denken. Wenn ich eine habe, dann als privater Wachmann. Als ich die Arbeit auf Schloß Farnholm angetreten habe, dachte ich, daß mir mein schlechtes Verhältnis zur schwedischen Polizei eher zum Vorteil gereichen würde. Aber in der jetzigen Situation ist es genau andersherum.«
»Was soll das für ein Papier sein?«
»Nun, ein schön formuliertes Zeugnis. Mit eurem Stempel und Björks Unterschrift.«
»Das geht nicht«, sagte Wallander. »Das würde man durchschauen. Du hast nie in Ystad gearbeitet. Eine Rückfrage bei der Reichspolizeiführung würde ergeben, daß du hinausgeworfen wurdest.«
»Natürlich kannst du mir ein solches Zeugnis beschaffen«, sagte Ström. »Um das, was in Stockholm im Archiv liegt, kann ich mich auf andere Weise kümmern.«
»Wie denn?«
»Das ist meine Sache. Von dir brauche ich nur das Zeugnis.«
»Wie soll ich denn Björk dazu bringen, ein falsches Zeugnis zu unterschreiben?«
|329| »Das ist dein Problem. Übrigens würde es nie jemand merken. Die Welt ist voller falscher Dokumente.«
»Dann kannst du dir das Zeugnis auch ohne meine Hilfe verschaffen. Björks Handschrift kann man leicht nachmachen.«
»Natürlich. Aber das Zeugnis muß ins ED V-System eingegeben werden. Und dazu brauche ich dich.«
Wallander wußte, daß Ström recht hatte. Er war einmal dabei behilflich gewesen, einen Paß zu fälschen. »Sagen wir, ich denke darüber nach. Erst möchte ich dir ein paar Fragen stellen. Auf deine Antworten kommt es an. Dann entscheide ich, ob wir ins Geschäft kommen.«
»Ich entscheide aber, wann ich genug geantwortet habe. Und wir werden uns hier und heute einigen. Bevor du gehst.«
»Einverstanden.«
Kurt Ström zündete sich die nächste Zigarette an und sah zu Wallander.
»Warum will Alfred Harderberg umziehen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wohin will er umziehen?«
»Das weiß ich auch nicht. Vermutlich ins Ausland.«
»Woraus schließt du das?«
»Weil letzte Woche mehrfach ausländische Makler zu Besuch waren.«
»Woher kamen die?«
»Südamerika. Ukraine. Birma.«
»Soll das Schloß verkauft werden?«
»Alfred Harderberg hat die Angewohnheit, ehemalige Wohnsitze zu behalten. Schloß Farnholm steht nicht zum Verkauf. Wenn er nicht mehr darin wohnt, heißt das noch lange nicht, daß ein anderer dort einziehen darf. Nein, Schloß Farnholm wird sozusagen eingemottet.«
»Wann wird er umziehen?«
»Er selbst reist vielleicht schon morgen ab, das weiß keiner. Ich vermute, sehr bald, noch vor Weihnachten.«
Wallander überlegte, wie er weiter vorgehen sollte. Er hatte viele, allzu viele Fragen zu stellen. Er mußte entscheiden, welche die wichtigste war.
|330| »Die Männer im
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