Wallander 04 - Der Mann, der lächelte
Schatten«, sagte er schließlich. »Wer sind sie?«
Kurt Ström nickte verblüfft. »Eine äußerst treffende Beschreibung.«
»An dem Abend, als ich Alfred Harderberg besucht habe, sah ich in der großen Empfangshalle zwei Männer«, sagte Wallander. »Auch als ich das erste Mal im Schloß war und mit Anita Karlén sprach, waren sie schon da. Wer sind sie?«
Gedankenverloren starrte Kurt Ström auf den Rauch seiner Zigarette. »Ich werde antworten. Aber das ist die letzte Kostprobe.«
»Meinetwegen, wenn die Antwort zufriedenstellend ausfällt. Also, wer sind die beiden?«
»Der eine heißt Richard Tolpin, geboren in Südafrika. Soldat, Legionär. Es gab in den letzten zwanzig Jahren wohl keinen Krieg oder Konflikt, an dem er nicht auf der richtigen Seite teilgenommen hat.«
»Welche Seite ist die richtige?«
»Für ihn immer die, die besser bezahlt. Dabei lief es schon am Anfang schief. Als Angola 1975 die Portugiesen aus dem Land trieb, wurden zirka zwanzig Legionäre gefangengenommen und vor Gericht gestellt. Fünfzehn verurteilte man zum Tode, unter ihnen Richard Tolpin. Vierzehn wurden erschossen. Warum man Tolpin am Leben ließ, weiß ich nicht. Vermutlich hatte er den neuen Machthabern klargemacht, daß er ihnen von Nutzen sein könnte.«
»Wie alt ist er?«
»Etwa vierzig. Bestens trainiert, Karateexperte, guter Schütze.«
»Und der andere?«
»Stammt aus Belgien, Maurice Obadia. Auch Soldat, aber etwas jünger als Tolpin, vierunddreißig oder fünfunddreißig vielleicht. Mehr weiß ich nicht.«
»Welche Funktion haben sie auf Schloß Farnholm?«
»Man nennt sie die ›speziellen Berater‹. Aber im Grunde sind sie nichts anderes als Harderbergs Leibwächter. Geschicktere und gefährlichere Leute kann man kaum finden. Außerdem |331| scheint sich Harderberg in ihrer Gesellschaft wohl zu fühlen.«
»Woraus schließt du das?«
»Nachts halten sie manchmal Schießübungen im Schloßpark ab. Dabei bevorzugen sie ganz bestimmte Ziele.«
»Und was für welche?«
»Menschenähnliche Puppen! Sie zielen immer auf den Kopf. Und meistens treffen sie.«
»Und Alfred Harderberg beteiligt sich daran?«
»Ja. Manchmal geht es die ganze Nacht.«
»Weißt du, ob einer von den beiden, Tolpin oder Obadia, eine Pistole der Marke Bernadelli hat?«
»Ich versuche, mich von ihren Schußwaffen möglichst fernzuhalten«, sagte Ström. »Es gibt eine Sorte Menschen, der man lieber nicht zu nahe kommt.«
»Sie brauchen doch einen Waffenschein«, sagte Wallander.
Kurt Ström grinste. »Aber nur, wenn sie sich in Schweden aufhalten.«
Wallander hob die Augenbrauen. »Was meinst du damit? Schloß Farnholm liegt ja wohl in Schweden, oder?«
»Das ist ja gerade das Besondere an den ›speziellen Beratern‹. Sie sind nie nach Schweden eingereist. Also sind sie auch nicht da.«
Sorgfältig drückte er seine Zigarette aus und fuhr fort: »Neben dem Schloß gibt es einen Landeplatz für Helikopter. Manchmal, immer nachts, werden die versenkbaren Scheinwerfer eingeschaltet. Dann landet ein Hubschrauber, manchmal zwei. Vor Tagesanbruch sind sie wieder verschwunden. Niedrig fliegende Helikopter tauchen auf keinem Radarschirm auf. Wenn Harderberg in seiner Gulfstream auf Reisen geht, verschwinden Tolpin und Obadia in der Nacht davor mit dem Hubschrauber. Später treffen sie sich irgendwo. Vielleicht in Berlin; dort sind die Helikopter registriert. Die Rückkehr geschieht auf dieselbe Art und Weise. Mit anderen Worten, sie passieren jede Grenze völlig unbemerkt.«
Wallander nickte nachdenklich. »Eine letzte Frage«, sagte er. »Woher weißt du das alles? Du sitzt doch eingesperrt in deinem |332| Bunker am Tor. Kannst du dich denn auf dem Gelände bewegen, wie du willst?«
»Diese Frage werde ich dir nicht beantworten«, sagte Ström mit ernster Miene. »Sagen wir, es ist ein Berufsgeheimnis, das ich nicht preisgeben möchte.«
»Ich werde mich darum kümmern, daß du ein Zeugnis erhältst«, sagte Wallander.
»Was willst du wissen?« fragte Ström und grinste. »Mir war klar, daß wir uns einigen würden.«
»Es war dir überhaupt nicht klar«, sagte Wallander. »Wann mußt du wieder im Schloß sein?«
»Ich arbeite drei Nächte hintereinander. Mein Dienst beginnt heute abend um sieben Uhr.«
»Punkt drei Uhr nachmittags werde ich wieder hier sein und dir etwas zeigen«, sagte Wallander. »Dann stelle ich auch meine Frage.«
Ström stand auf und sah durch die Gardine.
»Wirst du beobachtet?« fragte
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