Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
Tisch lag eine Nachricht, daß sein Vater um einen Anruf bitte. Der schwer lesbaren Handschrift nach zu urteilen, hatte Svedberg das Gespräch am Abend zuvor entgegengenommen. Einen Augenblick verharrte er mit dem Hörer in der Hand, dann entschied er sich, noch zu warten. Er nahm sich die Zusammenfassung vor, die er in der Nacht zustande gebracht hatte, und las sie noch einmal durch. Das Gefühl, trotz allem bereits jetzt einen deutlichen Zusammenhang zwischen den Ereignissen erkennen zu können, wollte sich nicht wieder einstellen. Er |68| schob die Papiere von sich. Es ist noch zu früh, dachte er. Ich kehre nach anderthalb einsamen Jahren zurück und habe weniger Geduld als je zuvor. Irritiert griff er nach seinem Schreibblock und schlug eine leere Seite auf.
    Ihm war klar, daß sie von vorn beginnen mußten. Da niemand mit Sicherheit sagen konnte, wo der Anfang war, mußten sie das Feld ihrer Ermittlungen breit anlegen. Eine halbe Stunde war er damit beschäftigt, den Plan zu skizzieren. Eigentlich müßte Martinsson die Leitung übernehmen. Er selbst war zwar wieder im Dienst, wollte aber nicht sofort die ganze Verantwortung tragen.
    Das Telefon klingelte. Er zögerte, bevor er den Hörer abnahm.
    »Ich höre große Neuigkeiten«, sagte Per Åkeson. »Ich freue mich sehr, ehrlich!« Per Åkeson war der Staatsanwalt, zu dem Wallander in all den Jahren den besten Kontakt gehabt hatte. Sie hatten oft hitzig darüber gestritten, wie ein Ermittlungsergebnis interpretiert werden sollte. Wallander war manchmal wütend gewesen, wenn Per Åkeson eine Verhaftung ablehnte, weil seiner Meinung nach das belastende Material nicht ausreichte. Aber im Grunde hatte es immer eine gemeinsame Auffassung von der Arbeit gegeben.
    Beide haßten es, wenn eine laufende Untersuchung nachlässig betrieben wurde.
    »Ich gebe zu, daß es ein seltsames Gefühl ist«, sagte Wallander.
    »Es gab hartnäckige Gerüchte, du würdest aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig pensioniert. Jemand sollte Björk einen Tip geben, damit er den Tendenzen zur Verbreitung von Klatsch energisch entgegentritt.«
    »Das waren keine Gerüchte. Ich hatte wirklich beschlossen aufzuhören.«
    »Darf man fragen, warum du deine Meinung geändert hast?«
    »Etwas ist geschehen«, antwortete Wallander ausweichend.
    Er wußte, daß Per Åkeson auf eine nähere Erklärung wartete. Aber er sagte nichts mehr.
    |69| »Ich freue mich, daß du wieder da bist«, wiederholte Per Åkeson schließlich. »Und ich bin sicher, auch im Namen meiner Kollegen zu sprechen.«
    Die Freundlichkeit, die ihm entgegenströmte, begann Wallander unangenehm zu werden, zumal es ihm schwerfiel, daran zu glauben.
    Immer steht man mit einem Bein im Sumpf, mit dem anderen in der Blumenwiese, dachte er grimmig.
    »Ich gehe davon aus, daß du den Fall Torstensson übernimmst«, fuhr Per Åkeson fort. »Wir sollten uns vielleicht im Laufe des Tages treffen und unsere Positionen bestimmen.«
    »Ich übernehme den Fall nicht«, sagte Wallander, »ich nehme auf eigenen Wunsch an den Ermittlungen teil. Ich setze voraus, daß jemand von den anderen die Untersuchung leitet.«
    »Da will ich mich nicht einmischen. Ich freue mich einfach, daß du zurück bist. Hast du dich schon mit der Sache vertraut gemacht?«
    »Noch nicht richtig.«
    »Soweit ich weiß, gibt es noch keine entscheidenden Erkenntnisse.«
    »Björk glaubt, daß es eine langwierige Untersuchung wird.«
    »Und was meinst du?«
    Wallander überlegte nicht lange. »Bis jetzt noch gar nichts.«
    »Wir leben in einer Zeit, in der die Unsicherheit zunimmt«, sagte Per Åkeson. »Es gibt immer mehr Drohungen, immer häufiger auch in Form von anonymen Briefen. Behörden, die früher offene Türen hatten, verbarrikadieren sich wie in Bunkern. Ich glaube, ihr müßt unbedingt Nachforschungen unter seinen Klienten anstellen. Das wäre ein denkbarer Ansatzpunkt. Jemand könnte unzufrieden gewesen sein.«
    »Damit haben wir schon begonnen.«
    Sie vereinbarten, sich am Nachmittag in den Räumen der Staatsanwaltschaft zu treffen, und beendeten dann das Gespräch. Wallander zwang sich, wieder an seiner Skizze des Ermittlungsplans zu arbeiten. Doch die Konzentration ließ nach. Irritiert legte er den Kugelschreiber zur Seite und holte sich eine Tasse Kaffee. Er beeilte sich, wieder in sein Büro zu kommen, |70| denn er hatte keine Lust, jemandem auf dem Flur zu begegnen. Inzwischen war es Viertel nach acht. Er trank seinen Kaffee und fragte sich, wie lange es

Weitere Kostenlose Bücher