Wallander 04 - Der Mann, der lächelte
sich, einer Diskussion aus dem Weg zu gehen. »Ich komme«, wiederholte er nur und beendete das Gespräch.
Die Luft im Raum schien plötzlich stickig zu sein. Er trat auf den Flur hinaus und ging zur Anmeldung.
»Unter dem Namen Borman gibt es keinen Anschluß«, sagte Ebba. »Soll ich weitersuchen?«
»Noch nicht.«
|126| »Ich möchte dich gern mal zu mir zum Essen einladen«, sagte Ebba. »Du mußt mir erzählen, wie es dir so geht.«
Wallander nickte, ohne etwas zu sagen.
Er kehrte in sein Zimmer zurück und öffnete das Fenster. Der Wind war noch stärker geworden; ihn fröstelte. Er schloß das Fenster wieder und setzte sich an den Tisch. Der Aktenordner von Schloß Farnholm lag aufgeschlagen da, doch er schob ihn zur Seite. Er dachte an Baiba in Riga.
Als es zwanzig Minuten später klopfte, war er immer noch wie abwesend.
»Nun weiß ich alles über schwedische Hotels«, sagte Svedberg. »Martinsson kommt auch gleich.«
Bald darauf saßen sie wieder zu dritt am Tisch. Svedberg las vor, was er sich notiert hatte. »Eigentümer und Betreiber des Hotels Linden war ein gewisser Bertil Forsdahl. Das hat mir die Bezirksbehörde mitgeteilt. Es handelte sich um ein kleines Familienhotel, das nicht mehr rentabel war. Außerdem ist Bertil Forsdahl inzwischen siebzig Jahre alt. Aber ich habe seine Telefonnummer. Er wohnt in Helsingborg.«
Wallander wählte die Nummer, die ihm Svedberg diktierte. Es dauerte lange, dann meldete sich eine Frauenstimme.
»Ich suche Bertil Forsdahl«, sagte Wallander.
»Er ist nicht da, er kommt erst heute abend zurück. Wer sind Sie denn?«
Wallander überlegte kurz, dann antwortete er. »Ich heiße Kurt Wallander und rufe aus dem Polizeigebäude von Ystad an. Es geht um das Hotel, das Ihr Mann bis vor einem Jahr betrieben hat. Nichts Besonderes, nur Routinefragen.«
»Mein Mann ist ein ehrlicher Mensch«, erklärte die Frau.
»Da gibt es keinen Zweifel. Reine Formsache. Wann wird er denn zurück sein?«
»Er ist auf einem Seniorenausflug nach Ven. Dann wollten sie noch in Landskrona zu Abend essen. Aber gegen zehn ist er sicher zu Hause. Er geht nie vor Mitternacht zu Bett, eine alte Gewohnheit aus seiner Zeit als Hotelier.«
»Bitte grüßen Sie ihn, ich lasse von mir hören. Und, wie gesagt, Sie müssen sich keine Sorgen machen.«
|127| »Ich mach mir auch keine«, sagte die Frau. »Mein Mann ist ein ehrlicher Mensch.«
Wallander beendete das Gespräch und wandte sich an seine Kollegen. »Ich fahre heute abend zu ihm.«
»Das hat doch bis morgen Zeit«, sagte Svedberg verwundert.
»Sicher, aber ich habe heute abend nichts vor.«
Eine Stunde später trafen sie sich zur allgemeinen Lagebesprechung wieder. Björk hatte sich mit einem wichtigen Termin bei der vorgesetzten Behörde entschuldigt, dafür tauchte überraschend Ann-Britt Höglund auf. Ihr Mann war nach Hause gekommen und hatte die Pflege des kranken Kindes übernommen.
Sie konzentrierten sich auf die Drohbriefe. Aber Wallander wurde das Gefühl nicht los, daß sie etwas viel Wichtigeres, was vielleicht klar auf der Hand lag, einfach nicht erkannten.
Er erinnerte sich, daß Ann-Britt Höglund am Tag zuvor Ähnliches geäußert hatte.
Nach der Besprechung blieben sie im Flur stehen.
»Wenn du heute abend nach Helsingborg fährst, komme ich mit«, sagte sie. »Wenn ich darf.«
»Das ist doch nicht nötig«, sagte er.
»Ich würde aber gern dabeisein.«
Er nickte. Sie vereinbarten, sich um neun am Polizeigebäude zu treffen.
Kurz vor sieben Uhr fuhr Wallander zum Haus seines Vaters in Löderup.
Unterwegs hielt er an und kaufte etwas Gebäck. Als er ankam, stand sein Vater draußen im Atelier und malte an einem Bild mit seinem immergleichen Motiv, einer Herbstlandschaft mit oder ohne Auerhahn im Vordergrund.
Solche wie meinen Vater nennt man verächtlich Jahrmarktsmaler, dachte Wallander. Manchmal fühle ich mich wie ein Jahrmarktspolizist.
Die Frau seines Vaters, die ehemalige Haushaltshilfe, war zu Besuch bei ihren Eltern. Wallander rechnete damit, daß sein Vater verstimmt wäre, weil er nur eine Stunde bleiben konnte. |128| Doch der Alte nickte nur. Eine Weile spielten sie Karten, Wallander ging nicht weiter darauf ein, warum er wieder bei der Polizei arbeitete, und sein Vater schien auch nicht besonders interessiert, die Gründe zu erfahren. An diesem Abend kam es ausnahmsweise nicht zum Streit zwischen ihnen. Als Wallander nach Ystad zurückfuhr, überlegte er, wann es das zuletzt gegeben
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