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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hatte.
    Fünf vor neun stieg Ann-Britt Höglund in seinen Wagen, und sie nahmen die Ausfahrt nach Malmö. Es stürmte nach wie vor; der Wind pfiff durch eine poröse Stelle der Gummidichtung an der Scheibe. Wallander spürte den schwachen Duft von Ann-Britt Höglunds Parfüm. Als sie die E 65 erreichten, beschleunigte er.
    »Kennst du dich in Helsingborg aus?« fragte sie.
    »Leider nicht.«
    »Wir könnten die Kollegen dort anrufen.«
    »Die würde ich bis auf weiteres lieber heraushalten.«
    »Warum?«
    »Wenn Polizisten fremdes Terrain betreten, gibt es immer eine Menge Ärger. Man soll die Kollegen nur dann behelligen, wenn es sich absolut nicht vermeiden läßt.«
    Schweigend setzten sie die Fahrt fort. Wallander dachte unwillig an das Gespräch, das er mit Björk führen mußte. Er nahm den Abzweig zum Flugplatz Sturup und bog nach ein paar Kilometern noch einmal ab, Richtung Lund.
    »Erzähl mir, warum du Polizistin geworden bist«, sagte Wallander schließlich.
    »Jetzt nicht. Ein andermal.«
    Es waren kaum Autos unterwegs, dafür schien der Wind immer heftiger zu toben. Sie passierten den Kreisverkehr vor Staffanstorp und sahen bereits die Lichter von Lund. Es war fünf vor halb zehn.
    »Seltsam«, sagte sie plötzlich.
    Ihre Stimme hatte sich verändert. Wallander warf ihr einen Seitenblick zu. Sie starrte angestrengt in den Außenspiegel. Nun konzentrierte auch er sich auf den nachfolgenden Verkehr. Weit entfernt leuchteten Scheinwerfer.
    |129| »Was ist denn so seltsam?« fragte er.
    »Ich habe das bisher noch nie erlebt.«
    »Was denn?«
    »Verfolgt zu werden. Oder zumindest beschattet.«
    »Woher willst du wissen, daß uns der Wagen folgt?«
    »Ganz einfach, er ist hinter uns, seit wir losgefahren sind.«
    Wallander sah sie zweifelnd an.
    »Ich bin ganz sicher«, sagte sie. »Dieses Auto begleitet uns, seit wir in Ystad losgefahren sind.«

|130| 7
    Die Angst war wie ein Raubtier.
    Wallander sollte sich später daran erinnern wie an ein Raubtier, das zum Sprung ansetzte. Das Bild erschien ihm selbst kindisch und wenig originell. Wem würde er seine Angst beschreiben? Seiner Tochter Linda, und vielleicht auch Baiba, in einem der Briefe, die er regelmäßig nach Riga schickte. Sonst keinem. Nie würde er mit Ann-Britt Höglund über seine Gefühle im Auto sprechen. Sie fragte nicht, und er war später unsicher, ob sie seine Furcht überhaupt bemerkt hatte. Tatsächlich war er so erschrocken gewesen, daß er zu zittern begann, und er war drauf und dran, die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren und geradewegs in den Straßengraben und vielleicht auch in den Tod zu rasen. Er erinnerte sich, daß er gewünscht hatte, allein im Wagen zu sitzen. Dann wäre alles einfacher für ihn gewesen. Die bange Frage, was mit ihr, die neben ihm saß, geschehen würde, machte einen großen Teil der Angst aus. Nach außen hin hatte er die Rolle des erfahrenen Polizisten gespielt, der sich von einem so unbedeutenden Ereignis wie der plötzlichen Entdeckung, verfolgt zu werden, nicht aus der Ruhe bringen läßt. Aber insgeheim war er, noch als sie die ersten Häuser von Lund erreichten, zutiefst schockiert gewesen. Hinter dem Ortseingangsschild hatte er die erste Einfahrt genommen, die zu einer der rund um die Uhr geöffneten Tankstellen führte. Der Wagen, ein dunkelblauer Mercedes, war an ihnen vorübergefahren, ohne daß sie die Zulassungsnummer oder die Anzahl der Personen hatten erkennen können. Sie hielten an einer Tanksäule.
    »Ich glaube, du hast dich geirrt«, meinte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Der Mercedes ist uns seit Ystad gefolgt. Ich könnte nicht beschwören, daß er bereits vor dem Polizeigebäude |131| auf uns gewartet hat, aber er ist mir schon am Kreisverkehr an der E 65 aufgefallen. Erst war es einfach ein Auto, aber als es nach zweimaligem Abbiegen immer noch hinter uns war, wurde es ernst. Ich habe das noch nie erlebt, verfolgt zu werden.«
    Wallander stieg aus dem Wagen und schraubte den Tankverschluß auf. Ann-Britt Höglund stand neben ihm und schaute zu. Er tankte voll.
    »Wer sollte uns verfolgen?« fragte er, als er die Tankpistole in die Halterung hängte.
    Sie wartete draußen, während er bezahlen ging. Sie muß sich geirrt haben, dachte er. Langsam wich die Angst.
    Sie fuhren weiter durch die Stadt. Die Straßen waren wenig belebt; die Ampeln schienen nur zögernd die Farbe zu wechseln. Als die Häuser hinter ihnen lagen und sie die Autobahn Richtung Norden erreicht hatten,

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