Wallander 06 - Die fünfte Frau
daß sie eine Frau als Kollegin bekamen. Aber Wallander, der schnell erkannte, daß sie das Zeug zu einer guten Polizeibeamtin mitbrachte, hatte sie in Schutz genommen. Niemand machte mehr Bemerkungen, weil sie häufig zu spät kam. Jedenfalls nicht, wenn er in der Nähe war. Sie setzte sich an eine Längsseite des Tisches und nickte Wallander erfreut zu, als sei sie überrascht, daß er tatsächlich zurückgekommen war.
»Wir reden über den Blumenladen«, sagte Hansson, »wir dachten, daß Kurt sich das einmal ansehen könnte.«
»Der Einbruch war Donnerstag nacht«, sagte sie. »Die Verkäuferin, die da arbeitet, entdeckte es, als sie am Freitag morgen kam. Die Diebe waren durch ein Fenster auf der Rückseite des Hauses eingestiegen.«
»Was wurde gestohlen?« fragte Wallander.
»Nichts.«
Wallander verzog das Gesicht. »Was heißt das? Nichts?«
Ann-Britt Höglund zuckte die Achseln. »Nichts heißt Nichts.«
»Auf dem Fußboden waren Blutflecken«, sagte Svedberg. »Und der Inhaber ist verreist.«
»Das Ganze klingt sehr eigenartig«, sagte Wallander. »Ist es wirklich sinnvoll, sich damit abzugeben?«
»Das Ganze
ist
seltsam«, sagte Ann-Britt Höglund. »Ob es sich lohnt, Zeit darauf zu verwenden, kann ich nicht beantworten.«
Wallander fuhr es durch den Kopf, daß er so darum herumkäme, sofort wieder in die trostlose Ermittlung um all die Autos einzusteigen, die in einem steten Strom aus dem Land geschmuggelt |39| wurden. Er würde sich einen Tag geben, um sich daran zu gewöhnen, nicht mehr in Rom zu sein.
»Ich kann es mir ja mal ansehen«, sagte er.
»Ich habe mich drum gekümmert«, sagte Ann-Britt Höglund. »Der Blumenladen liegt unten in der Stadt.«
Die Sitzung war beendet. Es regnete weiter. Wallander holte seine Jacke. Sie fuhren in seinem Wagen ins Zentrum.
»Wie war die Reise?« fragte sie, als sie vor einer Ampel beim Krankenhaus anhielten.
»Ich habe die Sixtinische Kapelle gesehen«, antwortete Wallander, während er in den Regen hinausstarrte. »Und ich habe erlebt, daß mein Vater eine ganze Woche lang in guter Stimmung war.«
»Das hört sich nach einer guten Reise an«, sagte sie.
Die Ampel sprang um, und sie fuhren weiter. Sie lotste ihn, weil er nicht sicher war, wo der Blumenladen lag. »Und hier?« fragte Wallander.
»In einer Woche verändert sich nichts«, antwortete sie. »Es war ruhig.«
»Und unsere neue Chefin?«
»Sie ist in Stockholm und diskutiert alle neuen Kürzungsvorschläge. Sie wird bestimmt gut. Mindestens so gut wie Björk.«
Wallander warf ihr einen raschen Blick zu. »Ich dachte, du hättest ihn nie gemocht?«
»Er tat sein Bestes. Was konnte man mehr verlangen?«
»Nichts«, sagte Wallander. »Absolut nichts.«
Sie hielten in der Västra Vallgatan, Ecke Pottmakargränd. Der Blumenladen hieß Cymbia. Das Schild schaukelte im böigen Wind. Sie blieben im Wagen. Ann-Britt Höglund gab ihm ein paar Papiere in einer Plastikmappe. Wallander warf einen Blick darauf, während er zuhörte.
»Der Inhaber des Geschäfts heißt Gösta Runfelt. Er ist verreist. Die Verkäuferin kam am Freitagmorgen kurz vor neun in den Laden. Sie entdeckte, daß ein Fenster auf der Rückseite zerschlagen war. Glassplitter lagen draußen vor dem Fenster und drinnen. Auf dem Fußboden im Laden waren Blutspuren. Nichts schien gestohlen zu sein. Geld wurde über Nacht im Laden auch nicht |40| aufbewahrt. Sie rief um drei nach neun die Polizei an. Kurz nach zehn war ich da. Es war, wie sie gesagt hatte. Ein zerschlagenes Fenster. Blutflecken auf dem Fußboden. Nichts gestohlen. Schon komisch, das Ganze.«
Wallander dachte nach. »Nicht einmal eine Blume?« fragte er.
»Die Verkäuferin behauptet, nein.«
»Kann man wirklich genau wissen, wie viele Blumen in jeder Vase sind?«
Er reichte ihr die Papiere wieder zurück.
»Wir können sie ja fragen«, sagte Ann-Britt Höglund, »der Laden ist offen.«
Als Wallander die Tür aufmachte, klingelte eine altmodische Glocke. Die Düfte im Laden erinnerten ihn an die Gärten in Rom. Es waren keine Kunden da. Aus einem Hinterraum kam eine etwa fünfzigjährige Frau. Sie nickte, als sie die beiden erblickte.
»Ich habe einen Kollegen mitgebracht«, sagte Ann-Britt Höglund.
Wallander grüßte.
»Ich habe von Ihnen in der Zeitung gelesen«, sagte die Frau.
»Hoffentlich nichts Schlechtes«, sagte Wallander,
»O nein«, sagte die Frau. »Es waren nur lobende Worte.«
Wallander hatte in den Papieren gesehen, daß die Frau,
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