Wallander 06 - Die fünfte Frau
Gebäude der Seenotrettung und setzte sich auf die Bank.
Der Brief war sehr kurz.
Irgendwo in Algerien ist ein unbekannter Mann, der meine Mutter getötet hat. Wer sucht ihn?
Das war alles. Sie hatte eine schöne Handschrift.
Wer sucht ihn?
Sie hatte den Brief mit ihrem vollen Namen unterschrieben. In die rechte obere Ecke hatte sie Datum und Uhrzeit gesetzt.
5. Dezember 1994. 2 Uhr 44.
Die vorletzte Angabe in ihrem Fahrplan, dachte er.
Die letzte schreibt sie nicht selbst.
Das tut der Arzt, wenn er angibt, zu welchem Zeitpunkt seines Erachtens der Tod eingetreten ist.
Danach ist nichts mehr.
Der Fahrplan beendet, das Leben abgeschlossen.
Der Abschied formuliert als Frage oder Anklage? Oder beides?
Wer sucht ihn?
Da es kalt war, blieb er nicht lange auf der Bank sitzen. Den Brief riß er langsam in Streifen, die er übers Wasser streute. Er erinnerte sich, daß er vor vielen Jahren einen mißlungenen Brief an |564| Baiba auch an dieser Stelle zerrissen hatte. Auch den hatte er übers Wasser gestreut.
Aber es war doch ein großer Unterschied. Sie würde er wiedertreffen. Und sogar sehr bald.
Er sah den Papierstreifen nach, die langsam verschwanden. Dann verließ er den Hafen und fuhr zum Krankenhaus, um Ann-Britt Höglund zu besuchen.
Etwas war jetzt endlich vorüber.
Der schonische Herbst ging auf den Winter zu.
|565| Nachschrift
Viele haben beigetragen, vielen gebührt Dank. Zum Beispiel
Bo Johansson
in Alafors, der die Welt der Vögel kennt und mich von seinem Wissen profitieren ließ.
Dan Israel
, der als erster und letzter liest, die Hohlräume entdeckt, die Auswege vorschlägt und stets hart, doch mit unbändigem Enthusiasmus kritisiert. Und nicht zuletzt
Eva Stenberg
gebührt Dank für die Entschiedenheit, mit der sie das Kommando über alle Korrekturarbeiten übernommen hat.
Malin Svärd
bildete die Nachhut und hielt ein Auge darauf, daß alle Fahrpläne, die wirklichen und die symbolischen, stimmten;
Maja Hagerman
berichtete über die gewandelte Bedeutung der Nachbarinnen seit den fünfziger Jahren.
Noch vielen anderen ist zu danken. Sie sind hier eingeschlossen.
In der Welt des Romans existiert eine Freiheit. Was hier geschildert wird, könnte sich genauso zugetragen haben. Aber vielleicht hat es sich sogar auf eine etwas andere Art und Weise zugetragen.
Die Freiheit des Romans beinhaltet auch, daß man einen See verlegen, eine Straßenkreuzung verändern und eine Entbindungsstation umbauen kann. Oder daß man eine Kirche hinzufügt, die es vielleicht nicht gibt. Oder einen Friedhof.
Das habe ich getan.
Maputo im April 1996
Henning Mankell
Informationen zum Buch
Bei der Mordserie, die Kurt Wallander gerade aufzuklären hat, kann es selbst erfahrenen Polizisten kalt den Rücken hinunterlaufen: Einen alten Mann findet man in einer Pfahlgrube aufgespießt, einen anderen halb verhungert, beinahe nackt an einen Baum gebunden und erwürgt. Ein dritter wurde in einem mit Steinen beschwerten Sack in einem See ertränkt. Die Opfer scheinen auf den ersten Blick achtbare Bürger gewesen zu sein, doch stellt sich bei genaueren Nachforschungen heraus, daß sie Frauen grausam mißhandelt haben. Wenn nun aber der Mord die Rache eines Opfers an Mördern und Vergewaltigern ist, muß Wallander sich beeilen, bevor das nächste, noch grausamere Verbrechen geschieht…
Wallanders siebter Fall
Informationen zum Autor
Henning Mankell,
geboren 1948 in Härjedalen, ist einer der angesehensten und meistgelesenen schwedischen Schriftsteller. Er lebt als Theaterregisseur und Autor abwechselnd in Schweden und in Maputo/Mosambik. Mit Kurt Wallander schuf er einen der weltweit beliebtesten Kommissare. Seine Taschenbücher erscheinen bei dtv .
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