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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Ermittlung die ganze Zeit schwer greifbar war, hatten Wallander und seine Kollegen sich auf einer richtigen Spur befunden, ohne dies ganz klar zu erkennen. Yvonne Ander hatte tatsächlich die Brutalität der Männer in der Art, wie sie sie ums Leben brachte, nachgestaltet.
    Während der ersten fünf oder sechs Gespräche mit Yvonne Ander ging Wallander systematisch die drei Morde durch, klärte Einzelheiten und montierte die Bilder und Zusammenhänge, die vorher vage gewesen waren, zu einem Gesamtbild. Er näherte sich ihr auch weiterhin ohne Tonbandgerät. Nach den Gesprächen saß er im Auto und machte sich Notizen. Diese wurden dann ins reine geschrieben. Eine Kopie ging an Per Åkesson, der die Anklage vorbereitete, die nie zu etwas anderem als zu einem dreifachen Schuldspruch führen würde. Doch Wallander wußte die ganze Zeit, daß er noch immer nur an einer Oberfläche kratzte. Der eigentliche Abstieg hatte noch kaum begonnen. Die oberen Ablagerungen, |551| die Beweislast, würden sie ins Gefängnis bringen. Aber die eigentliche Wahrheit, auf die er aus war, würde er erst später zutage fördern können, nachdem er ganz unten angekommen war. Wenn überhaupt.
    Sie würde sich natürlich einer gerichtspsychologischen Untersuchung unterziehen müssen. Wallander wußte, daß dies unausweichlich war. Aber er bestand darauf, diese Untersuchung aufzuschieben. Jetzt war es das wichtigste, daß er in Ruhe mit ihr sprechen konnte. Es hatte auch niemand etwas einzuwenden. Wallander hatte ein Argument, das niemand entkräften konnte. Alle sahen ein, daß sie wahrscheinlich wieder in ihr Schweigen zurückfallen würde, falls sie gestört wurde.
    Mit ihm, und mit niemand sonst, war sie bereit zu sprechen.
    Sie tasteten sich weiter voran, langsam, Schritt für Schritt, Tag für Tag. Außerhalb der Haftanstalt ging der Herbst auf den Winter zu. Warum Holger Eriksson Krista Haberman aus Svenstavik geholt und fast unmittelbar danach erschlagen hatte, bekam Wallander nie heraus. Vermutlich hatte sie ihm etwas verweigert, was er gewohnt war zu bekommen. Vielleicht hatte ein Streit auf gewaltsame Art ein Ende gefunden.
    Dann gingen sie zu Gösta Runfelt über. Sie war davon überzeugt, daß Gösta Runfelt seine Frau ermordet hatte. Im Stångsjön ertränkt. Und selbst wenn das nicht zutraf, hatte er doch sein Schicksal verdient. Er hatte sie so schwer mißhandelt, daß sie eigentlich nichts anderes wünschte, als zu sterben. Ann-Britt Höglund hatte richtig vermutet, daß er im Laden überfallen worden war. Yvonne Ander hatte herausgefunden, daß er nach Nairobi reisen wollte, und ihn mit der Erklärung in den Laden gelockt, daß sie zu einem Empfang früh am nächsten Morgen Blumen brauche. Sie hatte ihn niedergeschlagen, das Blut auf dem Fußboden war tatsächlich seins gewesen. Das zerschlagene Fenster war ein Scheinmanöver, um die Polizei an einen Einbruch glauben zu lassen.
    Danach folgte eine Beschreibung dessen, was für Wallander das entsetzlichste Detail war. Bis hierher hatte er versucht, sie zu verstehen, ohne seine gefühlsmäßigen Reaktionen überhandnehmen |552| zu lassen. Aber da ging es nicht mehr. Sie erzählte vollkommen ruhig, wie sie Gösta Runfelt ausgezogen, gefesselt und in den alten Backofen gezwungen hatte. Als er seine Bedürfnisse nicht mehr kontrollieren konnte, hatte sie ihm die Unterwäsche ausgezogen und ihn auf eine Plastikfolie gelegt.
    Dann hatte sie ihn in den Wald gebracht. Er war vollkommen entkräftet, sie hatte ihn an den Baum gebunden und anschließend erwürgt. Erst da, in diesem Augenblick, hatte sie sich in Wallanders Augen in eine Bestie verwandelt. Ob sie ein Mann oder eine Frau war, spielte keine Rolle. Sie war zu einem Ungeheuer geworden, das sie glücklicherweise zur Strecke gebracht hatten, bevor sie Tore Grundén oder einen anderen Mann von ihrer makabren Liste hatte töten können.
    Das war auch der einzige Fehler, der ihr unterlaufen war. Daß sie das Notizbuch nicht verbrannt hatte, das sie als Kladde benutzt hatte für die Eintragungen in ihr Hauptbuch, das Journal, das sie nicht in Ystad hatte, sondern in Vollsjö. Wallander fragte sie nicht, aber trotzdem gestand sie diesen Fehler ein. Das war die einzige ihrer Handlungen, die sie nicht verstehen konnte.
    Wallander dachte später darüber nach, ob dies bedeutete, daß sie eigentlich eine Spur hinterlassen wollte. Daß sie im Innersten den Wunsch hatte, entdeckt und am Weitermachen gehindert zu werden.
    Aber er schwankte.

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